Bull, Siemens und Olivetti kooperieren

Computerhersteller planen ein europaweites Netzwerkprojekt

20.09.1991

OPIO (CW) - Siemens, Olivetti und Bull haben mit dem Design eines europaweiten Computernetzes begonnen. Wie die Börsenzeitung "Financial Times" berichtet, geht es bei dem Millionenprojekt nicht nur darum, die informationstechnische Infrastruktur in Europa zu verbessern, die Beteiligten erhoffen sich vor allem Auftrieb für die angeschlagene Computerindustrie.

Eine Vereinbarung zwischen den drei Unternehmen wurde am 31. August 1991 unterzeichnet. Derzeit bemühen sich die beteiligten Konzerne um eine Unterstützung seitens der Europäischen Gemeinschaft (EG). Siemens, Olivetti und Bull sind sich darin einig, daß außereuropäische DV-Konzerne nicht am Projekt teilnehmen sollen, selbst wenn sie - wie zum Beispiel IBM - am europäischen Markt besonders präsent sind. Eine kooperative Entwicklung dieser Größenordnung, so die "Financial Times", sei einzigartig in der europäischen DV Welt, obwohl gerade im Forschungsbereich bereits eine Reihe von Kooperationen bestünden.

Der Plan eines europaweiten Computernetzwerkes, eines Systems bestehend aus großen Rechnern, die über Telekommunikation miteinander verbunden sind und als öffentliche Übertragungsstrecke eingesetzt werden sollen, ist nicht neu. Schon vor einigen Jahren hatte die EG ein entsprechendes Projekt zur Diskussion gestellt.

Europäische Unternehmen setzen sich jetzt dafür ein, weil sie sich von der Durchführung von Projekten dieser Größenordnung langfristig eine finanzielle Gesundung versprechen. Außerdem wollen sie Erfahrungen sammeln, um auch bei der Realisierung von Großprojekten mit weltweit aktiven US-Anbietern wie IBM oder der General-MIotors-Tochtergesellschaft EDS Schritt zu halten. Vor allem Regierungsaufträge haben dafür gesorgt, daß Vernetzungsprojekte dieser Kategorie für einige US-Konzerne nicht neu sind.

Francis Lorentz, Geschäftsführer der französischen Groupe Bull, bezeichnete das Netzwerk als Beispiel dafür, wie Europas Computerhersteller lernen könnten, einerseits zu kooperieren und andererseits gegeneinander anzutreten - sofern ihre finanzielle Überlebensfähigkeit wiederhergestellt sei. Der Manager plauderte auch über Bull-Interna: Gegenüber der "Financial Times" deutete er an, daß sein Unternehmen in wenigen Wochen eine Kooperation mit einem weiteren DV-Großkonzern eingehen werde. Brancheninsider vermuten, daß sich Bull nach der Beteiligung des japanischen Konzerns NEC, jetzt wohl

mit einem US-Unternehmen auf eine Zusammenarbeit einigen werde.