BAG-Urteil:

Computerei als Alibi?

04.12.1974

KASSEL - Die Verwendung von Computern ist kein Argument in einem Prozeß. Das entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht als letzte Instanz bei einem Streit zwischen einem Filialunternehmen und einer ehemaligen Verkaufsstellenverwalterin.

Vorgeschichte: Die Verkaufsstellenverwalterin hatte in der Filiale 299 der Firma zusammen mit zwei Verkäuferinnen gearbeitet. In den acht Monaten ihrer Beschäftigung fanden in der Filiale mehrere Kontrollinventuren statt. Dabei ermittelte man insgesamt einen Fehlbestand von 4868,07 DM, für den nach einem bestimmten Schlüssel Verwalterin und die beiden Verkäuferinnen entsprechend dem Arbeitsvertrag in Anspruch genommen werden sollten. Das gab Streit.

Die Verwalterin erklärte, das Rechenwerk der Beklagten stimme nicht. In der behaupteten Höhe seien keine effektiven Fehlbeträge entstanden. Die Firma verlangte entsprechend dem Schema-Arbeitsvertrag, den sie in allen Filialen verwendete, die Häfte des Fehlbetrages von der Verwalterin und die andere Hälfte von den beiden Verkäuferinnen. Mit dieser Forderung hatte sie keinen Erfolg. "Der Arbeitgeber muß als Gläubiger grundsätzlich den behaupteten Schaden substantiiert darlegen und - falls die Behauptungen bestritten werden - beweisen. Dabei genügt es nicht, einen buchmäßigen Schaden zu behaupten. Vielmehr muß der Arbeitgeber im einzelnen darlegen, wie sich der Schaden zusammensetzt" erklärte das BAG in der Urteilsbegründung.

Damit hatte die Firma Schwierigkeiten: eine nähere Spezifizierung sei nicht möglich, weil bei Aufstellung und Auswertung der Inventuren ein Computer verwendet würde, trug sie vor. "So nützlich die Verwendung eines modernen technischen Hilfsmittels unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sein mag - sie kann doch nicht zu einer Minderung der rechtlichen Anforderungen führen, die an die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu stellen sind" antworteten die Richter.

Die Firma hatte nicht angeben können, inwieweit es sich bei dem Fehlbetrag um ein Warenmanko, ein Geldmanko oder ein Geld- und Warenmanko handelte. Ferner vermißte das Gericht Zeitangaben, Anhaltspunkte für die Höhe der Einzelbeträge, aus denen sich das Manko zusammensetzte sowie Hinweise auf die sonstigen, für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Tatumstände.

Die Firma hatte lediglich behauptet, die Verwalterin habe Schokolade-Eisenbahnen für eine Mark statt für achtzig Pfennig verkauft; außerdem habe sie für private Zwecke Geld aus der Kasse entnommen, am Vortag gebrühten Kaffee noch am nächsten Tag ausgeschenkt und außerdem fremden Personen Zutritt zu den Lagerräumen gewährt. Diese allgemeinen Angaben reichten dem Gericht nicht aus - es gibt noch zu viele andere Gründe für Schwund in einem Einzelhandelsbetrieb, die in der Praxis ohnehin oft nur schwer zu trennen sind. Dazu kam ferner, daß die Arbeitskräfte teils wegen ihrer Arbeitszeit teils wegen dienstlicher Aufgaben - es mußte beispielsweise das Telefon in einem Nachbarhaus benutzt werden - nicht während der ganzen Öffnungszeit anwesend waren.