In vielen Chef-Etagen muß umgedacht werden:

Computer machen Manager produktiver

03.06.1983

BERLIN - Die stetig steigende Arbeitslosenquote bei Managern in den USA, aber auch hierzulande wird im Zweifel immer dem technischen Fortschritt in die Schuhe geschoben. So herrscht auch in Chef-Etagen allmählich eine gewisse Angst davor, daß künftig ein Großteil der Managementfunktionen vom Computer übernommen werden könnte. Allerdings, so glaubt der Autor dieses Beitrages, Peter Paschek, Projektleiter bei der Kienbaum Berlin GmbH, wird ein Manager, der lernt, den Computer produktiv zu nutzen, immer gefragt sein

Gegenwärtig gehört in den USA der Computer erst bei rund drei Prozent aller technischen, administrativen und kaufmännischen Fach- und Führungskräfte und Spezialisten zum täglichen Werkzeug. Dies stellt eine Studie der International Data Corporation (IDC) fest und prognostiziert gleichzeitig bis 1990 den Anstieg dieses Anteils auf 65 Prozent. Damit wird der Top-Desk oder Mikrocomputer in ähnlicher Weise wie heute das Telefon zur Standardausstattung der Führungskräfte von morgen.

Natürlich beeinflussen derartige Veränderungen die Struktur der Führungsorganisationen im Unternehmen. Hierarchische Pyramiden werden flacher; eine Vielzahl von Stabsaufgaben wird überflüssig. Was ein Team der Marketing-Service-Abteilung in mühevoller Detailarbeit zwei Monate lang in einer Marktstudie "erforscht", geschieht mit Hilfe eines Computers innerhalb weniger Stunden. "What if"-Spiele ermöglichen, mit Modellen zu arbeiten, die anzeigen, wie Veränderungen von Preis- und Kostenkomponenten Ergebnisse beeinflussen können, beispielsweise die Folgen einer 50prozentigen Reduktion für Werbung und Verkaufsförderung bei einem Produkt des Unternehmens.

Leistungsorientierte Betriebsführung

Der Computer ist jedoch nicht die entscheidende Ursache für die zur Zeit stattfindende Umstrukturierung der Führungsorganisationen in Unternehmen. Diese ist vielmehr in erster Linie die Konsequenz von raschen und tiefgreifenden Veränderungen anderer Parameter unternehmerischen Handels, wie die Verknappung und Verteuerung der Ressourcen, die ungezählten sozialen, politischen und ökonomischen Krisen sowie die Folge eines Verfalls unternehmens- und gesellschaftstragender Leitbilder. Hier liegen die essentiellen Gründe, die eine Abkehr von der jahrelang praktizierten "fröhlichen Wirtschaft" mit dem "Free lunch for everybody"-Leitbild so dringend erforderlich machte und zur Hinwendung zu einer mehr ergebnis- und leistungsorientierten Betriebsführung führte.

Zeitgewinn

Als Instrument entsprechend genutzt und eingesetzt kann insbesondere der Computer einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der anstehenden Aufgaben der Unternehmensführung leisten.

Schnellere und umfassendere Versorgung mit Informationen über die Entwicklung des internen Leistungs- und Kostengefüges des Unternehmens, über Absatz-, Beschaffungs- und Finanzmärkte verbessern die Up-to-date-Kontrollierbarkeit der Leistungsfähigkeit der im Unternehmen eingesetzten Ressourcen und minimieren das Timelag von Entscheidungen. Entlastungen des Managers von administrativen Aufgaben durch Computereinsatz, Reduktion des Aufwandes für Geschäftsreisen durch "Tele-Conferencing", all dies sind Perspektiven, die dem Manager morgen die Möglichkeit geben, seine kostbarste Ressource "Zeit" vermehrt für seine originäre Aufgabe zu verwenden, nämlich Ressourcen produktiv zu machen.

Die Ressource, mit der es der Manager in der Regel am häufigsten zu tun hat, ist die menschliche Arbeitskraft. Doch hat er im Gegensatz zu vergangenen Zeiten heute und vor allem künftig nicht die Produktivität von Menschen zu erhöhen, die durch Muskelkraft oder durch handwerkliches Geschick Arbeit leisten. Er muß vielmehr diejenigen produktiver machen, die im wesentlichen "ihre Arbeitskraft" zwischen den Ohren tragen: die Techniker und Ingenieure, die Außendienstmitarbeiter und Organisationsspezialisten, die Naturwissenschaftler und Trainer und nicht zuletzt die Manager.

Damit nun der Manager die Chancen nutzen kann, die der Computer beziehungsweise die gesamten Informationstechnologien als Instrumente der Unternehmensführung und der Betriebsleitung bieten, muß in vielen Chef-Etagen umgedacht werden.

Technikfeindlichkeit ist nämlich nicht nur Vertretern alternativen politischer Gruppierungen vorbehalten: Viele leitende Mitarbeiter in den privaten und öffentlichen Unternehmen haben Vorurteile und verspüren Unbehagen oder verhalten sich indifferent neuen Techniken gegenüber. Doch gerade Führungskräfte müssen in jeder Hinsicht Tatmenschen sein.

Heute mehr denn je wird beim Manager die unternehmerische Tatkraft, die Fähigkeit, die "Dinge in Gang zu setzen", beschworen, die Josef Schummpeter vor über 50 Jahren als die eigentliche essentielle Antriebskraft wirtschaftlicher Entwicklung erkannt hat. Im Hinblick auf die Anwendung der Informationstechnologien heißt das für den Manager:

Er muß klar definieren, was Information ist, welche Informationen für seinen Arbeitsbereich wichtig sind und welches Instrumentarium er für die Beschaffung dieser Informationen benötigt. Dazu müssen ihm die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten vertraut sein, und es bedarf einer gewissen Übersicht über den Markt dieser Instrumente, was natürlich nicht bedeutet, daß er zum technischen Spezialisten werden soll.

Überläßt man diese Aufgaben jedoch wie bisher weiterhin den "Informationsspezialisten", braucht man sich nicht zu wundern, daß die EDV-Abteilung als Machtzentrum ein Eigenleben im Unternehmen führt und Führungskräfte keine Entscheidungsfreiheit besitzen.