Netzschaltungen durch Prozeßrechner

Computer gegen Verkehrschaos

16.05.1975

MÜNCHEN - Die Straßen der Städte sind dem Verkehr kaum noch gewachsen. Zwar ist es möglich, eine "Grüne Welle" für einzelne Straßenzüge zu schalten, doch zeigt die Praxis nur zu oft, daß schon in größeren Straßennetzen die einzelnen Ampeln nur schwer aufeinander abgestimmt werden können. Der Verkehr kommt dort, sehr zum Ärger der Autofahrer, immer wieder zum Stocken. Wissenschaftler der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung untersuchen daher, ob sich Ampeln zeitlich nicht so steuern lassen, daß alle Fahrzeuge den Bereich zügig durchfahren können.

Da in großen Straßennetzen ein Vergleich von verschiedenen Ampelschaltungen schwierig ist, haben die Wissenschaftler ein Modell für ein einfaches abstraktes Straßenmodell mit vier Kreuzungen entwickelt. Mit diesem Modell wird bei der GMD im Schloß Birlinghoven computerunterstützt untersucht, wie der Verkehrsfluß auf veränderte Ampelschaltungen reagiert. Für die Steuerung des Straßenverkehrs bietet SEL jetzt ein komplettes Bausteinsystem an. Es reicht vom Signalgeber über Signalschaltanlagen bis zum Verkehrsrechner. Aus diesem System können individuell angepaßte Lösungen für einen reibungslosen Verkehrsfluß zusammengestellt werden.

Grüne Welle im Netz

So kann das SEL-Schaltgerät VSA 408 sämtliche Signalgeber einer Kreuzung allein steuern, und zwar nach unterschliedlichen, den voraussichtlichen Verkehrssituationen angepaßten Signalprogrammen. Auf diese Weise können bis zu acht Programme ausgelöst werden. Die Schaltgeräte mehrerer Kreuzungen ergeben miteinander verbunden die "Grüne Welle".

Den Verkehrsfluß größerer Bezirke und Straßennetze optimiert die zentrale Steuerung. Die Shaltgeräte werden dafür an den SEL-Verkehrsrechner angeschlossen. Mittelpunkt dieses Systems ist ein Prozeßrechner mit einer Kernspeicherkapazität von 8 bis 64 K Worte einer Wortlänge von 16 bit (Zykluszeit: 960 Nanosekunden). Die zeitabhängige Steuerung von etwa 100 Kreuzungen erfordert einen Kernspeicher von etwa 24 K.

Variable Moduln

Zur Ergänzung der Zentraleinheit stehen als Peripheriegeräte Festkopfspeicher, Magnetbandeinheiten sowie als Daten-Ein/Ausgabe Lochstreifenleser und -stanzer, Schreibmaschinen, Datendrucker, Datensichtgeräte usw. zur Verfügung Spezielle Prozeßperipherie - zum Beispiel Ein/Ausgabe-Adapter zum Anschluß von Detektoren und Kreuzungs-Schaltgeräte - ergänzen den Prozeßrechner zum modular aufgebauten Verkehrsrechner-System.

Besonderen Wert haben die SEL-Entwickler auch auf die Software und auf eine einfache Bedienungssprache gelegt. So genügen wenige, übersichtliche Anweisungen, um Vorgänge auszulösen oder Änderungen vorzunehmen.