Computer- Freaks tauschen Informationen aus:DV- Kriminalität wird zum Gesellschaftsspiel

16.09.1983

MILWAUKEE/ NEW YORK (VWD)- Informationen, wie man einen Rechner "anzapfen" kann, teilen sich Computer- Freaks in den Vereinigten Staaten offenbar gegenseitig mit. Auch für die "professionellen" Computer- Kriminellen lohnt sich das Geschäft: Während ein gewöhnlicher Bankräuber im statistischen Durchschnitt eine Beute von 9000 Dollar macht, kann ein Computer- "Einbrecher" mit einem Gewinn von 630000 Dollar rechnen.

Eine in Milwaukee erscheinende Zeitung berichtete kürzlich von Unterlagen, die neben detaillierten Instruktionen, wie man den Rechner des Argonne National Laboratory, eines Kernforschungszentrums in der Nähe von Chicago, "knacken" könne, wurde ein Rezept für den Computer einer örtlichen Schulverwaltung vermittelt.

Es soll allerdings nicht möglich sein, sich Zugang zu als "geheim" klassifiziertem Material wie Noten und Finanzdaten zu verschaffen. Viele der Freaks, die von einem New Yorker Büro die Anleitungen erhalten hatten, sind noch Schüler. Gegen den "Informationsanbieter" ermittelt inzwischen das FBI.

Nach Ansicht des amerikanischen Sicherheitsexperten Stephen Leibholz läßt es sich nicht genau feststellen, wie groß der Schaden wirklich ist, der bisher durch Computerbetrug angerichtet wurde. Schätzungen in den USA gehen von einer Summe zwischen 140 Millionen und drei Milliarden US- Dollar im Jahr aus. Leibholz glaubt, daß nur zehn Prozent derartiger Kriminalfälle bekanntwerden, da die betroffenen Unternehmen die "Schande" möglichst wenig bekannt werden lassen wollen. Ähnliche Zahlen kursieren beim FBI.

Von den meisten Sicherheitssystemen gegen unbefugten Zugriff hält Leibholz nicht viel. Der Zugang zur entsprechenden Telefonleitung sei ohnehin kein Problem, ein Paßwort helfe nur wenig. So habe es in den USA eine Zeit gegeben, in der man mit dem Paßwort "Snoopy" viele Computer habe "knacken" können. Die meisten Menschen wählten aus Angst vor ihrer eigenen Vergeßlichkeit leicht nachvollziehbare Codewörter wie den Namen des Ehepartners, das Geburtsdatum oder ihre Sozialversicherungsnummer. Mit ein wenig Glück, Geschicklichkeit und Geduld könne man also beispielsweise durch das Eintippen von Frauennamen die Paßwortkontrollen überwinden. Dazu sei, so der Sicherheitsexperte, wenig mehr als ein einfacher Personal Computer nötig.

Leibholz selbst hat das Sicherheitssystem der Federal Reserve Bank of New York entworfen. Das Geldinstitut wollte so effektiv wie möglich Vorsorge treffen, denn 1979 beispielsweise wurden auf seine Veranlassung hin etwa 64 Milliarden US- Dollar per Draht bewegt. Ansonsten hält Leibholz von den Sicherheitssystemen der Banken nicht viel: Experimente hätten gezeigt, daß Schulkinder in 40 Minuten den Zugang zum Bankcomputer geschafft hätten. Die Informationen des Pentagon hingegen sind seiner Meinung nach hinreichend geschützt, da dort ein kryptologisches System angewandt werde, bei dem die Codes oft wechseln.