Computer Aided Engineering soll Allgemeingut werden: Mit CAE der Ingenieurverknappung begegnen

12.12.1980

Recht stolz darauf, was er und seine Mitarbeiter in zehn Jahren geschaffen haben, konnte Dr. Ing. Seufert bei der Jubiläumsveranstaltung seiner gleichnamigen GmbH sein (siehe auch CW 49, Seite 1). Das Karlsruher Unternehmen beschäftigt inzwischen 32 Mitarbeiter und erwartet für 1981 einen noch stärkeren Umsatzzuwachs als in diesem Jahr. Das für eigene Zwecke entwickelte CAE-System (Computer Aided Engineering) soll weiterentwickelt und im nächsten Jahr "einem breiteren Kreis von Benutzern" zugänglich gemacht werden.

Die Dr. Ing. Seufert GmbH ist bisher ein OEM-Hersteller für elektronische Datenverarbeitungsgeräte (interaktive Prozeß- und hochauflösende grafische Display-Systeme) sowie für schlüsselfertige Systeme in der Automatisierungstechnik wie Massenrechner und Warten. Außerdem betreibt die Gesellschaft Auftragsentwicklung von Hard- und Software-Systemen auf der Basis eigener Komponenten. Das Unternehmen hat seine Prozessoren vom PROM-Steuerwerk bis Bit-Slice-Prozessor selbst entwickelt. Sie liegen im Bereich von 100 bis 250 Nanosekunden. Der Firmengründer charakterisierte sein Unternehmen mit den Worten eines Kunden: "Ein Computerladen mit wissenschaftlichem Touch."

Zu den geplanten Computer Aided Design-Aktivitäten bemerkte Dr. Seufert, es sei einfach ein großer Bedarf für die CAE-Techniken da und man wolle mit dem, was man in vier Jahren zum Eigenbedarf entwickelt habe, nun an den Markt gehen. CAE wurde im übrigen von dem Sprecher als eine Produktspezifikations- und Entwicklungsphilosophie definiert, die jede Phase

- der Produktspezifikation,

- der Simulation,

- des Tests,

- der Dokumentationserstellung durch CAD (Computer Aided Design)

- und des CAM (Computer Aided Manufacturing) integriert.

Seufert rechnet damit, daß sich der CAE-Begriff inhaltlich in dieser Definition in den nächsten Jahren festigt. Nach dieser Philosophie sind CAD und CAM Untermengen von CAE. Bei CAE-Verfahren laufe vieles parallel und jeder Einzelschritt werde abgeprüft. Ziel einer solchen Entwicklungsphilosophie sei es, mit weniger Prototypen als mit klassischen Ingenieurmethoden auszukommen.

Die wichtigsten CAE-Elemente eines CAE-Systems sind laut Dr. Seufert:

- Integrierte, jede Phase begleitende Software-Tools für die Beschreibung der Leistungsfähigkeit, der Zuverlässigkeit, der Herstellbarkeit und der Kosten des zu entwickelnden Produktes.

- Verteilte Rechnersysteme mit ausschließlicher Bildschirmkommunikation und extensiver Nutzung von Computer-Grafik für jeden Konstruktionsschritt, jede Zeichnung und jede Dokumentation sowie jede Produktionsunterlagenerstellung .

- Software-Management-Systeme zur phasengenauen Überwachung der Produkteigenschaften und des Produktes.

- Die vollständige Dokumentation aller vorkommenden Komponenten (zum Beispiel aller Bauelemente) und das Vorhandensein aller Technologien.

Wichtige CAE-Eigenschaften sind:

- einheitliche, genormte, interdisziplinäre Werkzeuge (auch aus dem Maschinenbau);

- räumliche Verteilung über Abteilungen, Betriebe und Unternehmen;

- rein elektronische Kommunikation;

- Rechnernetze, keine zentralisierten Systeme;

- einheitliche Tools, Archivierung nur auf Platten oder Magnetbändern in den Knoten (Papiererzeugung nur für Kontrollzwecke, nicht zum Archivieren), Benutzung eines einheitlichen Datenformates;

- hochinteraktive Bildschirmarbeitsplätze, für manche Aufgaben mit einem eigenen Mini.

Als Ziele der CAE-Techniken nannte Seufert:

- die Kreativität der Ingenieure mehr entfalten;

- CAE dem Ingenieur durch optimale Akzeptanzanpassung entgegenzubringen;

- der Ingenieurverknappung mittelfristig begegnen, indem CAE-Arbeitsplätze Freiberuflern und Minifirmen örtlich ins Haus gebracht werden;

- von der Produktplanung bis hin zur Produktfertigstellung mit einheitlichen Werkzeugen, aber großer Parallelität arbeiten;

- CAD, CAM und anderes integriert (also im Verbund) betrachten;

- optimale Informationsverteilung durch Abfrage von Datenbanken und nicht durch Abfrage persönlicher oder zentraler Archive.

-Entwicklungskosten senken;

- kürzere Turn-around-Zeiten für den Entwicklungsprozeß wegen der sich verkürzenden Innovationszyklen;

- mehr Zeit in die Design-Phase stecken, dabei CAE-Tools verwenden;

- Normierung des Produkts;

- Unterstützung der Produktpflege durch CAE (Fehlersuche, Erweiterung, Änderungen und Mitarbeiterunabhängigkeit);

- weniger Prototypen und Design-Änderungen.

Aus diesem Katalog ergibt sich, daß die CAE-Techniken ein weites Betätigungsfeld vor sich haben, es aber auch ein weiter Weg sein wird, bis das Computer Aided Engineering "Allgemeingut" geworden ist.