Sears will Online-Dienst Prodigy loswerden

Compuserve geht im Fruehjahr als unabhaengige Firma an die Boerse

15.03.1996

H&R Block will sich in zwei Schritten von Compuserve trennen. Im April 1996 soll der Online-Dienst als separater Wert an der Boerse notiert werden, wobei die Steuerberatungsgesellschaft dem oeffentlichen Markt maximal einen Anteil von 20 Prozent zur Verfuegung stellt. Ein entsprechender Antrag liegt der Securities & Exchange Commission vor. Die Einfuehrung uebernimmt federfuehrend Goldman, Sachs & Co. mit Merrill Lynch & Co. sowie George K. Baum & Company als Co-Managers. Innerhalb der naechsten zwoelf Monate will sich das Unternehmen aus Kansas City, Missouri, zudem vom restlichen Compuserve-Kapital trennen. Die Teilung soll steuerfrei, etwa in Form eines Aktientauschs, ueber die Buehne gehen.

"Wir wollen damit den Wert fuer die Aktionaere erhoehen", erklaert Richard Brown, H&R Blocks President und CEO. Voneinander getrennt haetten beide Unternehmen eine bessere Ausgangsposition, die Wachstumschancen in ihrem jeweiligen Markt aggressiv wahrzunehmen. Analysten vertreten die Meinung, dass der Kurs der H&R-Block-Aktie die Marktstaerke von Compuserve nicht widerspiegelt. Waehrend die Muttergesellschaft fuer das dritte Quartal bei 312 Millionen Dollar Umsatz (174,4 Prozent mehr als im Vorjahr) einen Nettoverlust von 5,5 Millionen Dollar (Vorjahr: 8,1 Millionen Dollar Gewinn) hinnehmen musste, blieb Compuserve im dritten Quartal bei einer Umsatzsteigerung um 31,7 Prozent auf 203 Millionen ein Vorsteuergewinn von 22,1 Millionen Dollar. Der fiel laut Compuserve-President und -CEO Bob Massey aufgrund mehrfacher Preisreduktionen und Investitionen in den Netzausbau ebenfalls um 48,3 Prozent niedriger aus als im Vorjahr.

Erschwerend kam fuer Investoren hinzu, dass sie bei einem Engagement in H&R-Block-Werte mit zwei voellig unterschiedlichen Geschaeftskategorien konfrontiert wurden - dem konservativen, etablierten Steuerberatungs-Business auf der einen und dem jungen, sich entwickelnden Online-Markt auf der anderen Seite.

Als separate Notiz kann Compuserve sein Wachstum direkt ueber die Boerse finanzieren, wie es bereits America Online getan hat. Der Konkurrent hat der H&R-Block-Tochter mit etwa sieben Millionen Nutzern die Marktfuehrerschaft abgenommen. Compuserve ist zwar stetig gewachsen, bringt es mit 4,3 Millionen Abonnenten aber nur auf den zweiten Platz.

Auch bei Prodigy, mit schaetzungsweise 1,7 Millionen registrierten Nutzern der Dritte im Bunde, kuendigt sich ein Wechsel in der Gesellschafterstruktur an. Sears, Roebuck & Co., die zusammen mit der IBM Corp. zu jeweils 50 Prozent an Prodigy beteiligt sind, wollen den Online-Dienst loswerden und suchen nach einem Kaeufer. "Prodigy passt nicht in unsere langfristige Wachstumsstrategie", erklaerte Unternehmenssprecherin Jan Drammond. Der Joint-venture- Partner IBM gab bisher keinen Kommentar zu den Verkaufsplaenen ab.

Industriekenner hatten Sears schon lange geraten, sich von der Beteiligung an Prodigy zu trennen. Hunderte von Millionen Dollar duerfte das Einzelhandelsunternehmen in den vergangenen zehn Jahren in den Online-Dienst gebuttert haben.

Viel wird Sears fuer den Anteil an dem Joint-venture allerdings nicht bekommen, vermuten Analysten, die ueber moegliche Kaeufer spekulieren. Analysten wie Carl Lehmann von der Meta Group gehen davon aus, dass vor allem lokale US-Telefongesellschaften Interesse an der Online-Infrastruktur haben duerften. Andere wiederum meinen, dass sich fuer Carrier mit Internet-Plaenen bessere Moeglichkeiten faenden, 100 Millionen Dollar auszugeben. Ueber die Hoehe des Preises spekulieren die Analysten derzeit nur. Sears nannte bisher weder eine Summe noch moegliche Interessenten.