IT-Berater und -Beratung/Hardwarehersteller entdecken das Beratungsgeschäft

Competence Center bündeln Fachwissen

22.06.2001
Mit der Einrichtung von Competence Centern drängen auch Anbieter von IT-Produkten in den Dienstleistungssektor. Sie bieten Vertriebsmitarbeitern und Kunden Hilfestellung beim Planen und Umsetzen von IT-Projekten. Hier wird Expertenwissen rund um Produkte und Prozesse gebündelt und kann so an die technischen Entwicklungen sowie die Kundenansprüche flexibel angepasst werden. Von Dagmar Wieland*

Vertriebsmitarbeiter von IT-Unternehmen haben es heutzutage nicht leicht. Sollen sie doch beispielsweise eine bestimmte Server-Plattform verkaufen, während ihre Kunden in erster Linie daran interessiert sind, die eigenen IT-Verfahren zu optimieren. Competence Center bieten einen Ausweg aus diesem Dilemma. Hier kann der Vertriebsmitarbeiter auf fundiertes Fachwissen zurückgreifen, das in Eigenregie aufzubauen und zudem laufend aktuell zu halten ihm gar nicht die Zeit bleibt.

Bei komplexen IT-Projekten nehmen Dienstleistungen einen immer größer werdenden Teil des Gesamtprojekts ein. Und die Kunden sind auch bereit, für diese Dienstleistung zu bezahlen. So lassen sich zumindest teilweise die sinkenden Hardwaremargen kompensieren. Denn während in den goldenen 80er Jahren mit dem Verkauf von Mainframes und dicken Servern noch genügend Geld zu verdienen war und die Beratung quasi im Preis bereits mit enthalten war, wird die Presales- und Fachberatung der IT-Herstellern heute meist getrennt abgerechnet. Und der Beratungsbedarf steigt: Die IT-Unternehmen bauen ihre Competence Center weiter aus. Schwerpunkthemen dieser Competence Center sind beispielsweise IT-Management, Speicherlösungen, E-Mobility, SAP/ERP-Systeme und Unternehmensanwendungen.

Competence Center haben in erster Linie die Aufgabe, Dienstleistungen für den Vertrieb und den Kunden zu erbringen. Besonders Enterprise Business ist ohne derartige IT-Dienstleistung nicht möglich. Zwar werden in der Unternehmens-IT die zugrunde liegenden Produkte immer stärker standardisiert. Doch die eigentliche Herausforderung liegt in der Integration dieser Produkte zu einer kundenindividuellen Gesamtlösung. Und der Bedarf nach Unterstützung bei der Realisierung von IT-Projekten wächst stark an. Experten rechnen damit, dass sich der Anteil der Dienstleistung am Gesamtumsatz in den nächsten drei Jahren nahezu verdreifachen wird. Der steigende Bedarf an IT-Dienstleistung, der alleine aus Kundenprojekten resultiert, sowie die zunehmende Vermarktbarkeit von Dienstleistung, die früher im Produktpreis enthalten war, lassen die Realisierung dieses Wachstumsziels realistisch erscheinen.

Aus- und Weiterbildungs-Management ist ein weiteres wichtiges Thema für die Competence Center. Skill-Profile, Rollendefinitionen und eine auf den Mitarbeiter bezogene Schulungsplanung, die das Gesamtkonzept widerspiegelt, stellen eine konstante Qualität des Fachwissens sicher.

Das Portfolio der Competence Center sollte von der Konzeption bis hin zur IT-Implementierung alle Dienstleistungen umfassen, die zur Umsetzung von Kundenprojekten erforderlich sind: Neben Pre-Sales Produktsupport, technischer Systemintegration, Themen-Consulting, Engineering, Projekt-Management, Angebots-Management sowie IT-Architektur-Beratung und -Konzeption zählen auch Kundenschulungen, Präsentationen und Workshops dazu. Die Themenfokussierung fördert eine Spezialisierung des Fachberaters und somit auch seinen Wert für das Unternehmen.

Produktnahe Beratung hat ihre GrenzenMit einer kompetenten Fachberatung im Rücken erhält der Vertriebsmitarbeiter die Gewissheit, dem Kunden über das bloße Produktangebot hinaus, eine fundierte Beratung zu geplanten IT-Projekten bieten zu können. Der Vertriebsmitarbeiter hat einen Ansprechpartner für sämtliche Fragen und Anforderungen der IT-Dienstleistung. Die Umsetzung übernehmen dann entweder eigene Mitarbeiter oder externe Spezialisten. Und da die Margen bei Dienstleistungen meist höher sind als bei Hardware, tragen die Competence Center einen nicht unerheblichen Beitrag zum Gesamtergebnis des Vertriebs bei.

Doch auch hier sollten die Grenzen des Machbaren bekannt sein: Competence Center unterstützen das Produkt- und Projektgeschäft, sind jedoch keine allumfassenden Dienstleister und bieten beispielsweise keine betriebswirtschaftliche Prozessberatung an. Bei solchen Themen empfiehlt sich stattdessen ein spezialisierter Dienstleistungspartner. Die Vorteile für den Kunden, den Produkthersteller mit der IT-Dienstleistung zu beauftragen, liegen in der Aktualität und Tiefe des Produkt-Know-hows, wie sie andere IT-Dienstleister in der Regel nicht liefern können. Bei tiefer liegenden Problemen kann das Competence Center des IT-Herstellers so zum Beispiel direkt bis zu den Entwicklungsabteilungen durchgreifen. Auch die Integration von Computersystemen anderer Hersteller sollte für Competence Center kein Problem sein.

Standarddienstleistungen als PaketeDienstleistung wird in den Competence Centern in der Regel nicht direkt, sondern über den Vertrieb angeboten. Die Competence Center verstehen sich als zentrale Ansprechpartner für den Vertrieb, um in Kundenprojekten schnell die richtigen Resourcen bereit stellen zu können. Vertriebsmitarbeiter verhandeln sowohl bei den Produkten als auch bei der Dienstleistung den Verkaufspreis mit den Kunden. Intern wird die Dienstleistung - externe wie interne - typischerweise zum Selbstkostenpreis berechnet. Standarddienstleistungen werden zunehmend in Form von Dienstleistungspaketen zur Verfügung gestellt, was den Aufwand für den Vertrieb erleichtert.

Doch nicht zuletzt angesichts des Fachkräftemangels muss klar sein, dass die von IT-Herstellern angestrebte Steigerung des Dienstleistungsumsatzes mit eigenen Ressourcen alleine nicht zu bewältigen ist. Die Zusammenarbeit mit Dienstleistungspartnern ist daher besonders wichtig und kann zu beiderseitigem Gewinn führen. Durch die Kooperation mit Dienstleistungspartnern wird diesen einerseits der Zugang zu den Vertriebskanälen des IT-Herstellers ermöglicht, während im Gegenzug der IT-Hersteller auf die Fachressourcen der Partner zugreifen kann.

*Dagmar Wieland ist Skill-Development-Managerin bei Fujitsu Siemens Computers in Köln.