Abnabelung von der südafrikanischen Mutter

Comparex Europa wagt Management-Buyout

13.09.2002
MÜNCHEN (ba) - Ein Management-Konsortium unter Führung des ehemaligen CEOs der Comparex Holding, Rian du Plessis, will die europäischen Gesellschaften der Firma für rund 8,5 Millionen Euro übernehmen.

Der Optimismus, den der ehemalige Chef des Gesamtkonzerns, du Plessis, Anfang des Jahres noch ausstrahlte, erwies sich als unbegründet. Zwar hatten die Verantwortlichen angesichts eines deutlichen Gewinneinbruchs in Europa mit Schwierigkeiten gerechnet, dennoch hatte du Plessis damals angekündigt, er werde das Europageschäft mit Barreserven von rund 300 Millionen Euro wieder in Schwung bringen. Damit sollten beispielsweise weitere Akquisitionen finanziert werden, die nach Einschätzung des Comparex-Chefs langfristig eine profitable Europa-Organisation garantiert hätten.

Doch dazu kam es nicht mehr. Umwälzungen innerhalb der Aktionärsstruktur veränderten die Rahmenbedingungen. Ein Konsortium der südafrikanischen Finanzinstitute Allan Grey Limited, Investec Asset Management und Sanlaam Investment Management kontrollierte mittlerweile mit 35 Prozent der Anteile den Aufsichtsrat. Es kam zu gegenseitigen Anschuldigungen zwischen der Firmenzentrale in Südafrika und der Europa-Dependance. Das Geschäftsklima der folgenden Monate war getrübt. Anfang Juni dieses Jahres hieß es in einer kurzen Verlautbarung aus dem Hauptquartier im südafrikanischen Midrand, dass die Europa-Filiale in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres 2002, das am 31. Mai endete, deutlich in die roten Zahlen gerutscht sei.

Angesichts dieser Verhältnisse habe der Aufsichtsrat entschieden, die Barreserven vorerst zurückzuhalten, die ursprünglich für den Ausbau des Geschäfts in Europa eingeplant waren. Ferner werde das Führungsgremium die Aktivitäten in Afrika und Europa prinzipiell voneinander zu trennen.

Der deutsche Geschäftsführer Reinhold Krieger, der sich auch an dem Management-Buyout beteiligt, interpretiert das Ausbleiben der Finanzspritze für die Europäer anders. Comparex, das 1996 von der damaligen südafrikanischen Persetel übernommen worden war, habe 1999 durch den Verkauf der europäischen Netzsparte seine Barreserven deutlich aufgestockt. Unter anderem wurde das Unternehmen Telemation AG an die südafrikanische Dimension Data verkauft. Knapp 1,3 Milliarden Euro flossen damals in die Kassen von Comparex. Davon seien Mitte 2002 noch rund 300 Millionen Euro übrig geblieben, berichtet Krieger. Diese Reserven hätten jedoch Begehrlichkeiten bei Comparex-Teilhabern geweckt, die im Rahmen einer Sonderdividende an das Geld herankommen wollten anstatt weitere Investitionen in Europa zu wagen.

Geschäft zu unterschiedlich

Im Rahmen der durch die Finanzstreitigkeiten angefachten Diskussion seien die Beteiligten schnell an einen Punkt gekommen, an dem die Übernahme des Europageschäfts durch ein Manager-Konsortium die einzig sinnvolle Alternative erschien, berichtet Krieger. Alle Indizien hätten dafür gesprochen, dass die Südafrikaner ihr Engagement in Europa zurückfahren wollten. Das Geld sei abgezogen und der weitere Ausbau auf Eis gelegt worden. Zudem könne man nicht mehr mit der Unterstützung südafrikanischer Investoren rechnen.

Von der Geschäftsausrichtung her gebe eine solche Trennung auch durchaus Sinn, erklärt der deutsche Comparex-Manager. Während in Afrika der Großteil der Erträge mit Outsourcing und Applikationsunterstützung erwirtschaftet werde, positioniere sich die Europa-Filiale als Spezialist für Infrastrukturlösungen. Dies sei unter anderem aus der Historie der Firma zu verstehen, die jahrelang als Vertriebsarm des japanischen Unternehmens Hitachi agierte. Zukünftig sei geplant, dieses Geschäft weiter auszubauen. Partnerschaften mit IBM und HP/Compaq sollen das Plattformangebot verbreitern. Außerdem wolle man künftig über das Infrastrukturgeschäft hinaus verstärkt Einnahmen mit Dienstleistungen generieren.

Den Vorwurf aus der Südafrika-Zentrale, die Neuorientierung in Richtung Services sei nicht schnell genug gegangen, will Krieger nicht gelten lassen. Die Klage sei aus dem Blickwinkel zu sehen, dass in Afrika bereits seit Jahren der Fokus auf dem Outsourcing liege. In Europa dagegen habe man immerhin innerhalb von zwei Jahren den Wandel von einem IT-Importeur zu einem unabhängigen Systemhaus geschafft.

Experten gehen jedoch davon aus, dass die Entwicklung hin zum Dienstleister für Comparex nicht einfach sein wird. So betrage der Serviceanteil an den Umsätzen bislang nur wenig mehr als ein Drittel. Ferner müsse sich das Management auf verstärkte Konkurrenz auch der eigenen Partner einstellen. So unterhält IBM bekanntlich eine starke Dienstleistungssparte und arbeitet mit zahlreichen weiteren Systemhäusern zusammen. Auch die anderen Partner wie EMC oder HP/Compaq beabsichtigen, ihr Servicegeschäft zu forcieren.

Der Start einer eigenständigen Comparex-Europaorganisation ist eine Herausforderung. Krieger bestätigt, dass die Europa-Filiale für das abgelaufene Geschäftsjahr ein negatives Ergebnis ausweisen werde. Allerdings gebe es deutliche Unterschiede zwischen den Landesfilialen.

Comparex macht Verlust in Europa

Wolfdieter Schuhmacher, der ehemalige Geschäftsführer der Comparex-Nutzervereinigung Comfor, die sich im letzten Jahr aufgelöst hat, berichtet von Problemen der deutschen Comparex-Filiale. So seien beispielsweise die Gehälter der Angestellten gekürzt worden. Inwieweit eine abgenabelte Comparex in Europa überlebensfähig sei, bleibe abzuwarten.

Bis zum 31. Oktober dieses Jahres soll der Management-Buyout abgeschlossen sein. Bis dahin werden 8,5 Millionen Euro als Kaufpreis fällig. Als Barreserven verbleiben der Europa-Organisation rund 70 Millionen Euro. Damit arbeite Comparex voll eigenfinanziert, erklärt Krieger. Er rechne damit, mit diesem Betrag über die Runden zu kommen. Welche Umstrukturierungen im Detail anstehen, lasse sich augenblicklich noch nicht sagen. Allerdings bedürfe es einer gewissen Straffung vor allem bei europäischen Zentralfunktionen.