Auftakt für neuen Unix-PC

Compaq und SCO leiten enge Zusammenarbeit bei Betriebssystemen ein

05.09.1997

"Derzeit verkaufen wir etwa zehn bis 20 Prozent unserer Server mit Unix-Betriebssystemen", erläutert Mike Perez, Compaqs Vice-President für die Server-Abteilung. "In den kommenden Monaten wollen wir dieses Geschäft um weitere zehn Prozent ausbauen; für einen Zeitraum von zwei Jahren planen wir ein Wachstum von 20 Prozent." Die Aktivitäten von Compaq und SCO sollen über das Marketing, über Seminare und Verkaufsveranstaltungen hinausgehen. Sie sehen neben Service- und Support-Programmen auch eine gemeinsame Entwicklung von integrierten Lösungen und Technologien, zum Beispiel einen PCI Hot-Plug vor.

Die Anbieter hoffen auf mittelgroße Anwendungsunternehmen (mit mehr als 500 Mitarbeitern), die der Skalierbarkeit von Windows NT mißtrauen und denen die RISC-Unix-Architekturen zu teuer sind. Sie schätzen den Markt auf rund 14000 Firmen.

Insbesondere das 64-Bit-Unix Gemini mit der SV5R5-Kernel-Technologie von Unixware, das sich derzeit im Betastadium befindet und die Nachfolge des von Novell übernommen Betriebssystems antreten soll, könnte den Herstellern die Tür zum Unternehmensanwender öffnen.

Gemini, das nach Ankündigung von SCO ab Ende dieses Jahres verfügbar sein wird, soll gegenüber der Vorgänger-Technologie SV4.2 Performance-Steigerungen von bis zu 250 Prozent aufweisen. Auf dem Compaq-Pro-Liant-7000-Server will das Unternehmen 10546 TPC-C-Transaktionen pro Minute gemessen haben. Das Betriebssystem unterstützt 64-Bit-Dateisysteme, 64-Bit-Bibliotheken, 64 GB Hauptspeicher sowie bis zu 1 TB große Files und Dateisysteme und 512 logische Platten. Außerdem bietet es Support für die hauseigene Middleware "Tarantella", eine Emula- tionssoftware, die Clients bedienen kann, die mit einer virtuellen Java-Maschine ausgestattet sind.

"Um mit dem 64-Bit-Betriebssystem überhaupt Erfolg bei den Anwendungsunternehmen und den unabhängigen Softwarehäusern zu haben, benötigt SCO starke Hardwarepartner", sagt Tony Iams, Analyst bei D.H. Brown & Associates in Port Chester, New York. Der Versuch, Unixware und damit auch das Nachfolgeprodukt Gemini als Unix-Standard zu etablieren, gilt bereits als gescheitert. Auch das ursprünglich starke Commitment von HP, Data General, SNI AG, Unisys Corp. und NCR Corp. bröckelt. Zwar lizenzieren diese Unternehmen die neue SCO-Basistechnologie, doch modifizieren sie das Unix für ihre eigenen Zwecke, insbesondere für ihre High-end-Rechner. Da kommt das Arrangement mit Compaq gerade recht.

1995 hatte SCO die SV4.2-Technik unter dem Produktnamen Unixware von Novell gekauft. Nun rechnet SCO damit, daß rund 15 Prozent der Unixware-Anwender sehr schnell zu der 64-Bit-Variante wechseln werden. Ob allerdings die angestammte SCO-Klientel, die die Eigenentwicklung "Open Server" einsetzt, wechseln wird, ist noch nicht abzusehen.

Compaq hatte erst im Juli Pläne bekanntgegeben, Tandem Computers Inc., die bereits SCO-Technik benutzt, zu akquirieren. Tandem-Boß ist wiederum Roel Pieper, der frühere Chef der At&T Unix Systems Labs, die ehemals das SV4-Unix an Novell veräußerten.