Alpha-CPU bald mit zwei Gigahertz?

Compaq und Hewlett-Packard nutzen IBMs Chiptechniken

09.06.2000
MÜNCHEN (CW) - Nach dem Fertigungsabkommen mit IBM kann sich Compaq Computer deutliche Leistungssteigerungen für seine Alpha-Prozessoren ausrechnen. Auch Hewlett-Packard nutzt Techniken des blauen Konkurrenten. In den Server-Divisionen des weltgrößten IT-Herstellers dürften die Verträge mit konkurrierenden Anbietern hingegen nicht auf Begeisterung stoßen.

Für IBMs Rivalen im Geschäft mit Risc-basierten Rechnern bedeuten die jüngsten Vereinbarungen auch ein Stück Zukunftssicherung. Big Blue verfügt in seiner Microelectronics Division über modernste Fertigungsmethoden und Produktionsanlagen. Insbesondere durch die Techniken Silicon on Insulator (SOI) und die Verwendung von Kupfer statt Aluminium für die winzigen Leiterbahnen auf den Siliziumbauteilen haben sich die US-Entwickler einen Vorsprung erarbeitet (siehe CW 21/00, Seite 13).

Wie einige Wochen zuvor schon HP sicherte sich auch Compaq kürzlich einen Vertrag über die Fertigung seiner Alpha-Prozessoren in IBM-Fabriken. In den Labors in East Fishkill, New York, betreibt Big Blue eigenen Angaben zufolge bereits Muster von Alpha-CPUs mit einer Taktfrequenz von 1,2 Gigahertz. Der Vereinbarung zufolge fertigt IBM die Compaq-Chips zunächst im Verfahren CMOS-7S mit 0,18 Mikrometer dünnen Leiterbahnen (etwa 700-mal dünner als ein menschliches Haar). Diese Technik verwendet der Konzern auch für die eigenen Power-PC- und S/390-Prozessoren.

In späteren Generationen soll für die Alpha-Architektur auch die SOI-Technik zur Verfügung stehen, die IBM bisher nur für eigene Produkte einsetzt. Damit ließe sich die Taktfrequenz auf zirka 1,5 Gigahertz steigern. Produziert IBM eines Tages die Compaq-Chips im 0,13-Mikrometer-Verfahren, sind Taktfrequenzen über zwei Gigahertz möglich.

IBM baut CPUs für Alpha- und Himalaya-ServerDas Abkommen sieht ferner vor, dass IBM Compaq auch seine keramikbasierten Chip-Packaging- und Kühltechniken für die schnellen CPUs zur Verfügung stellt. Compaq plant, die Komponenten ab dem Jahr 2001 in seinen Alpha-Servern zu verbauen. Voraussichtlich handelt es sich dabei um die Modellreihe "21264 EV68", Nachfolger der Alpha-Variante "EV67". Die mit Tandem übernommenen "Himalaya"-Server sollen zu einem späteren Zeitpunkt mit den neuen Prozessoren arbeiten.

Auch HP greift für die nächsten Versionen seiner PA-Risc-Chips auf das Know-how des Konkurrenten zurück. Der "PA-8700" soll mit Hilfe des IBM-Verfahrens CMOS-8S-SOI2 gefertigt werden und damit bereits die SOI-Technik in Verbindung mit Leiterbahnen aus Kupfer nutzen.

IBM macht um die Verträge mit Compaq und HP nicht allzu viel Aufhebens. Schließlich verschafft man damit den Erzrivalen im Workstation- und Unix-Server-Geschäft Zugriff auf Technologien, in die zuvor immense Summen investiert wurden. IBMs schwächelnde Server-Abteilungen dürften von diesem Vorgehen alles andere als begeistert sein. Andererseits erwirtschaftet der Konzern einen großen Teil seines Umsatzes mit der Microelectronics Division und der Technology Group, die IT-Komponenten weltweit an Hersteller verkaufen. Aus Sicht der Microelectronics Division sind die Fertigungsabkommen geradezu ein Muss. Ohne eine ausreichende Auslastung mit entsprechend hohen Stückzahlen sind die teuren Produktionsanlagen wirtschaftlich kaum tragbar.