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Beide Seiten unter Zugzwang

Compaq und CMGI bestätigen Altavista-Verhandlungen

25.06.1999
Beide Seiten unter Zugzwang

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der Hardware-Anbieter Compaq Computer hat erstmals bestätigt, mit der Beteiligungsgesellschaft CMGI über den Verkauf seiner Internet-Suchmaschine Altavista zu verhandeln. Zur Höhe der Kaufsumme wollten beide Firmen jedoch keine Angaben machen. Unbestätigten Berichten zufolge sind rund drei Milliarden Dollar im Gespräch, die CMGI für das Web-Portal sowie die Sites Shopping.com und Zip2.com auf den Tisch legen müßte. Eine Versammlung des Compaq-Vorstands am gestrigen Donnerstag brachte nicht die erwartete Entscheidung. Beide Seiten stehen unter Zugzwang, so daß Beobachter spätestens in der nächsten Woche mit einem wie auch immer gearteten Ergebnis der Verhandlungen rechnen.

Compaq steckt in einer schweren finanziellen Krise. Erst in der vergangenen Woche hatte das Unternehmen vor starken Verlusten im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres gewarnt. Seit April leitet der Aufsichtsratsvorsitzende Ben Rosen übergangsweise den texanischen Konzern, nachdem Eckhard Pfeiffer seinen Hut als CEO nehmen mußte und Finanzvorstand Earl Mason ebenfalls gegangen wurde (CW-Infonet berichtete). Bereits Anfang des Jahres plante Compaq die Ausgliederung von Altavista, damals noch in Form eines Börsenganges. Analysten äußern indes Zweifel, ob die neue Strategie sinnvoll ist: Zwar täte dem Unternehmen gegenwärtig eine finanzielle Spritze gut, das Tafelsilber zu verkaufen sei jedoch der falsche Weg.

Die Beteiligungsgesellschaft CMGI plagt sich derweil mit einem Gesetz aus dem Jahre 1940, dem Investment Company Act. Demnach werden Beteiligungsgesellschaften, deren gesamtes Aktivvermögen zu mehr als 40 Prozent aus Inhaberschuldverschreibungen besteht, rechtlich wie Investmentgesellschaften (mutual funds) behandelt. Investoren würden dadurch steuerliche Nachteile erleiden, ferner würde die Eignerstruktur der Firma strengeren Gesetzen und Kontrollen unterliegen. In einer Erklärung an die amerikanische Börsenaufsicht versprach CMGI vor einigen Monaten, bis zum Oktober des Jahres den Schwellenwert von 40 Prozent einhalten zu wollen - was bislang nicht der Fall ist. Die Firma benötigt also so schnell wie möglich eine Beteiligung an einem operativen Unternehmen. Daher erklärt sich auch die gegenwärtig praktizierte Zwei-Fronten-Strategie von CMGI, die neben Altavista auch ein Auge auf das Web-Portal Lycos geworfen hat. Gegenwärtig hält das Unternehmen

rund 20 Prozent an Lycos, verhandelt aber über eine signifikante Aufstockung des Anteils. Aufgrund persönlicher Streitigkeiten zwischen den Chefetagen von CMGI und Lycos ist allerdings momentan die Altavista-Übernahme wahrscheinlicher.