DEC-Deal ein Schnäppchen mit Tücken

Compaq mit DEC-Betriebsrat konfrontiert

06.02.1998

Der zur Zeit meistgefragte Mann der Computerbranche wollte bei seinem Zwischenstopp in der bayerischen Metropole eigentlich nur zum besten geben, was er schon Dutzende Male in den vergangenen drei Tagen Zweiflern und Ungläubigen einzutrichtern versuchte: Der Mega-Deal ist ein "Win-Win"-Pakt. Ein Abkommen also, mit dem Compaq und DEC gleichermaßen gewinnen werden.

Der Empfang fiel dann allerdings etwas anders aus als erwartet: Digitals durch einige Entlassungswellen und Gerichtsauseinandersetzungen gestählter Gesamtbetriebsrat fing seinen künftigen Chef vor der Pressekonferenz mit einigen unangenehmen Forderungen ab. Christian Brunkhorst, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates von DEC, forderte im Gespräch mit Pfeiffer "Offenheit in den Diskussionen ein, die es unter der Ägide von Robert Palmer nicht gegeben hat".

Brunkhorst verlangte vom Compaq-Chef ferner, den Betriebsrat in die Gespräche miteinzubeziehen. Er wies darauf hin, daß der zwischen Digitals Belegschaftsvertretern und der DEC-Geschäftsleitung geschlossene Haustarifvertrag Bestand haben müsse.

Pfeiffer, der sich zu Personalkonsequenzen aus dem Firmenzusammenschluß noch nicht äußern mochte, war sichtlich bemüht, beim Show-down mit dem komplett angetretenen Betriebsrat keinen Konfrontationskurs einzuschlagen: "Der Merger ist eine positive Sache. Wir sollten alle daran interessiert sein, im Zuge der Zusammenführung der beiden Firmen keine unnötigen Störungen aufkommen zu lassen."

Im Gespräch mit der CW machte Digitals Betriebsrat deutlich, daß sein Vertretungsanspruch an den deutschen Grenzen nicht enden werde. Man habe bereits mit den italienischen, französischen und englischen Kollegen gesprochen. In der Beurteilung der Lage sei man sich einig. Danach geht man in der DEC-Belegschaft davon aus, daß bis zu 18000 Digital-Mitarbeiter im Zuge der Firmenzusammenführung entlassen werden könnten.

Für die Pfeiffer-Company kommen die Aktionen der Arbeitnehmervertretung denkbar ungelegen: Compaq hat selbst keinen Betriebsrat. Mit der Mannschaft von Brunkhorst handelt sich das ambitionierte PC-Unternehmen nun den härtesten und in der Auseinandersetzung mit Geschäftsleitungen erfolgreichsten Betriebsrat der DV-Szene ein. Daß dieser sofort den Schritt auf die europäische Ebene eingeschlagen hat, kann als Hinweis für die Dimension der Auseinandersetzungen dienen, die Compaq zu gewärtigen hat.

Momentan sind zwar nur Hochrechnungen über Produktbereinigungen sowie Entlassungen möglich (siehe Seite 37). Pfeiffer dürfte sich aber bei seiner Win-Win-Rechnung bereits einige Hintergedanken zur Finanzierung von Sozialabfindungen gemacht haben: Compaq will, so der Firmenchef, 4,8 Milliarden Dollar in den Digital-Deal investieren. DEC selbst bringt als Morgengabe rund zwei Milliarden Dollar Cash in die Ehe ein. Weitere 1,4 Milliarden Dollar können als steuerbegünstigter Verlustvortrag verbucht werden. Der Verkauf der Alpha-Fertigung an Intel würde weitere 700 Millionen Dollar in die Kassen von DEC spülen. Aus dem Verkauf der Netzwerkabteilung an Cabletron zieht Digital noch einmal 430 Millionen Dollar. Da Compaq zur Finanzierung des Deals 150 Millionen Neuaktien emittierte, ist fraglich, ob das Unternehmen überhaupt die kommunizierten 4,8 Milliarden Dollar in Barwerten einsetzen muß. Sicher scheint jedenfalls, daß Compaq über genügend Mittel verfügt, um umfassende Sozialleistungen für den Stellenabbau bereitzustellen.