Huy habe nicht vor Schwierigkeiten kapituliert

Compaq Deutschland bestreitet Probleme

20.08.1999
MÜNCHEN (jm) - Die Geschäfte laufen gut in Deutschland. Die Marktanteile des PC-Primus stiegen im ersten Halbjahr 1999 zum Teil erheblich. Trotzdem verläßt Deutschland-Chefin Gerrit Huy das Unternehmen zum 30. September. Als Nachfolger ist Peter Mark Droste vorgesehen.

In einer Stellungnahme erklärte Huy ihren Abgang mit guten Geschäftszahlen und den Fortschritten bei der Zusammenführung von Compaq und Digital. Die Compaq Computer GmbH, München, die ehemalige DEC GmbH also, habe "im zweiten Quartal 1999 wieder deutlich die Gewinnschwelle überschritten".

Dem Unternehmen nahestehende Quellen sagten allerdings, Compaq Deutschland habe im ersten Halbjahr 1999 große Schwierigkeiten bewältigen müssen. Danach verfehlte der PC-Primus die Gewinnvorgaben sowohl für das erste als auch für das zweite Quartal jeweils um rund 20 Prozent. Erschwerend komme hinzu, daß die katastrophalen Zahlen in Compaqs angestammtem Geschäftsfeld, dem Verkauf von Rechnern, entstanden seien, so die weiteren Informationen. Während sich das Servicegeschäft positiv entwickelt habe, hätte Compaq Classic mit erheblichen Verlusten zu kämpfen.

Dieser Darstellung widerspricht ein Sprecher von Compaq vehement. Richtig sei zwar, daß die Compaq Corp. ihre ursprünglichen Ziele nicht erreicht habe. Zum Teil lag das an den zu ehrgeizigen Gewinnvorgaben, die den einzelnen Niederlassungen Ende 1998 gemacht wurden. Diese Forecasts seien im April 1999 revidiert worden und, gemessen an diesen, habe Compaq Deutschland im zweiten Quartal den Wachstumserwartungen entsprochen. Auch die Erwartungen an das dritte Quartal dürften sich erfüllen.

Compaq Deutschland ist im zweiten Quartal beim Umsatz um 18 Prozent gewachsen, ein für Europa sehr gutes Ergebnis. Der Anteil am hiesigen Markt wuchs laut Dataquest-Zahlen im Client-Markt (Desktop-Systeme und tragbare PCs) um 55 Prozent. Allerdings hat Compaq bei Laptops laut Dataquest Marktanteile verloren, in allen anderen Rechnersparten seine Position aber massiv ausbauen können.

Im zweiten Quartal deutlich Marktanteile gewonnenLaut IDC erhöhte Compaq zudem bei PC-Servern seinen Vorsprung gegenüber Siemens, der Nummer zwei am deutschen Markt, deutlich. Compaq vereint hier 34,5 Prozent des Marktes auf sich, Siemens 20.

Auch die Zahl der SAP-Installationen entwickelte sich nach Angaben von Compaq sehr erfolgreich. Unter Berücksichtigung aller Betriebssysteme seien auf Compaq-Rechnern erstmals genauso viele R/3-Installationen getätigt worden wie auf IBM-Maschinen. Compaq nimmt mit Big Blue in diesem Marktsegment die Spitzenposition ein. Compaq konnte den Unix-Anteil an SAP-Installationen nach eigenen Angaben verdoppeln - eine Folge des stark gewachsenen Alpha-Server-Geschäfts.

Darüber hinaus ist Compaq zum erstenmal in Deutschland, was die Stückzahlen betrifft, Primus im Handelskanal. Das gilt nach Angaben des Compaq-Sprechers sowohl für das Geschäft über die Distribution als auch für den Verkauf über Systemhäuser. Im Retail-Geschäft, beim Vertrieb der Rechner an Privatkonsumenten also, liegt Compaq mittlerweile auf Position drei, Tendenz steigend.

Compaq Deutschland mußte sich im zweiten Quartal mit deutlichen Margenverlusten im PC-Desktop-Geschäft auseinandersetzen. Trotzdem konnte das Unternehmen den Gewinn im zweiten Quartal zumindest halten, weil es seine Kosten um rund 18 Prozent zu senken vermochte.

Bis zu ihrem Ausscheiden fungiert Huy neben ihrer Rolle als Managing Director, Vice-President und Geschäftsführerin der Compaq Computer GmbH, Dornach, auch als Vorsitzende der Compaq Computer GmbH, München, und damit der ehemaligen Digital Equipment GmbH. Beide Gesellschaften sind hundertprozentige Töchter der Compaq Computer Corp.

Über Huys Zukunft gibt es bereits Spekulationen. Der 45jährigen wird nachgesagt, sie habe als Verwaltungsratsmitglied des schweizerischen Telekomunternehmens Swisscom AG die Übernahme der deutschen Mobilfunker Debitel AG im Juli dieses Jahres maßgeblich eingefädelt. Nicht überzeugend ist aber offensichtlich die Vermutung, Huy könne als Verwaltungsratsmitglied der Konzernmutter in den Vorstand von Debitel wechseln.