Geschäftsmodelle für den E-Commerce/Diskussionsforen in Business-Portalen

Communities erfordern viel Aufwand

16.03.2001
Wer eine Internet-Community in sein Portal integrieren will, kommt um eine genaue Zielgruppenanalyse im Vorfeld nicht herum. Besonders aufwändig sind die redaktionelle Pflege und sytematische Auswertung der Meinungsbeiträge. Doch nur mit intensivem Community-Management lassen sich langfristig Gewinne erzielen. Von Ralf Ott*

Früher hielten sich die Internet-Anbieter an eine denkbar simple Formel: Content + Community + Commerce = Portal = Gewinnspannen, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat. In der Zwischenzeit ist das Web bevölkert mit Portalen, die potenziellen Kunden über Communities die Möglichkeit zur Interaktion bieten. Nach dem Konsolidierungsjahr 2000 müssen sich die Anbieter allerdings fragen, wie sie mit ihrer Kunden-Community wirtschaftlichen Erfolg erzielen können, welche Einsatzmöglichkeiten lohnen und für welche Geschäftsbereiche eines Unternehmens sich damit ein mittelbarer Nutzen erzielen lässt.

Gemeinsame Interessen verbindenVirtuelle Gemeinschaften zählen zu den ältesten Errungenschaften des Internet. Praktisch von Anfang an tummelt sich die Anwender in Newsgroups, Bulletin-Boards und Mailing-Listen, die sich mit bestimmten Themen, etwa Computer oder Gesundheit, befassten. Was sie verbindet, sind gemeinsame Interessen - und genau das ist der Punkt, an dem der Marketing-Verantwortliche ansetzen muss, wenn er Kunden für sein Portal gewinnen will. Es ist daher extrem wichtig, die Zielgruppe genau zu definieren sowie ihre Interessen und ihren Informations- und Kommunikationsbedarf zu ermitteln. Denn die Nutzer bevölkern nicht automatisch ein Portal, nur weil sie hier eine Community mit tollem Angebot - etwa Nachrichten, Chat oder Diskussionsforen - finden.

Erfolgreiche Communities entstehen nicht über Nacht. Wenn der Betreiber einer virtuellen Gemeinschaft einen festen Kundenstamm an sein Angebot gebunden hat, darf er sich nicht darauf ausruhen. Vielmehr muss er neben einer skalierbaren Ausstattung, die auch einer wachsenden Community standhalten kann, für ein intensives Community-Management sorgen. Dazu zählen unter anderem die regelmäßige Pflege redaktioneller Beiträge der Community, die systematische Aufbereitung der Informationen sowie die Organisation von Experten- oder Prominentendiskussionen. Nach den Erfahrungen von Daniel O''Brien, Analyst bei Forrester Research, erzielen Unternehmen nur dann langfristig Gewinne mit ihrer Community, wenn es ihnen gelingt, "zuzuhören, teilzuhaben und automatisch Wissen aus der Community zu destillieren".

Im Gegensatz zu Electronic-Commerce-Anbietern, die unmittelbare Ziele wie Umsatz oder Gewinn verfolgen, liegt der Wert einer Community nicht in der Transaktion selbst, sondern in deren Vorbereitung: den Meinungen der Anwender über das jeweilige Produkt. Denn eine virtuelle Gemeinschaft kann die Instanz sein, die letztlich über den Kauf eines Produkts oder einer Dienstleistung entscheidet. Firmen, die ihr Portfolio um ein Community-Portal ergänzen, erhalten über die Diskussionsbeiträge ihrer Mitglieder wertvolle Informationen, die sie vor allem als Marketing-Instrument nutzen können. Eine prosperierende Community ermöglicht einen konzentrierten Einblick in das Kundenverhalten. Systematisch ausgewertet, tragen die Diskussionsbeiträge der Mitglieder über Produkte oder Dienstleistungen dazu bei, Kosten bei der qualitativen und quantitativen Marktforschung einzusparen.

Exklusive Inhalte sind Gold wertFindet der Besucher einer Community von anderen Anwendern generierte, interessante Inhalte - etwa zu den Themen Aktien oder Haustiere - wird er öfter auf dem Portal vorbeischauen und sich dort auch länger aufhalten. Dies steigert zum einen die Abrufraten und die Verweildauer ("side stickiness") - zwei wichtige Faktoren für die werbetechnische Vermarktung des Angebotes. Zum anderen erhöhen solche Inhalte die Kundenbindung und fördern die Gewinnung neuer Kunden.

Ein weiterer strategischer Vorteil von Communities: Während Inhalte wie bei Verlagen eingekaufte Nachrichten von jedem Wettbewerber bezogen und im Portal platziert werden können, sind die Beiträge in einer etablierten Community exklusiv und damit nicht einfach zu replizieren.

Am "Broker Board" der Finanz-Community von Consors tauschen an guten Tagen bis zu 10000 Börseninteressierte ihr Wissen aus. Diskutiert wird, was augenblicklich passiert und was die Zukunft bringt.

Erhöhung der KundenbindungDerartiges Wissen kann für den einzelnen Kunden wertvoll sein. Für Consors bietet es im Hinblick auf die Kundenbindung einen realen Geldwert. "Wer eine relevante, richtige Entscheidung aufgrund eines Community-Beitrages fällt, den hat Consors an sich gebunden", so Holger Assmann, Vorstandsmitglied bei der Firma 100 World.com, die den Internet-Auftritt des Direkt-Brokers betreut.

Den Marktforschern von Forrester zufolge profitieren vor allem die Bereiche Produktentwicklung, Marketing und Kundenbetreuung von erfolgreichen Communities. Leistungsfähige Applikationen - etwa Software-Agenten, die Wissen automatisiert selektieren und weiterleiten - sind nach Ansicht der Experten der nächste Schritt. Mit solchen Instrumenten lassen sich Communities in Zukunft noch effektiver zur Kundenbetreuung und Marktforschung einsetzen.

*Ralf Ott ist freier Journalist in Nürnberg

Realisierung bei ConsorsZielgruppenanalyse:

Firmen- und Privatanwender - Feststellen des Informations- und Kommunikationsbedarfs

Tragfähiger Business-Plan:

Finanzportal inklusive Community für Firmenkunden

Design und Konzeption der Community:

-Beschreibung der Funktionen (Nachrichtenforum, Chat, Benutzer-Homepage)

-Planung der IT-Infrastruktur (ApplikationsServer, Hardware, Frontend, Datenbanken)

Wahl eines Community-Solution-Providers:

-Realisierung einer stabilen und skalierbaren Applikation, die in das bestehende Portal integriert werden kann

-eventuell Operating und Support

Aufbau eines Community-Management-Teams:

-Technischer Support

-Redaktionelle Aufgaben

-Einbindung der Community in CRM

-Vermarktung der Community