IBM-Geschäftsführer Martin Jetter fordert neue Perspektiven für den Standort Deutschland

Common iSociety World: Mehr Interdisziplinarität für den Mittelstand

16.11.2007
IBM-Geschäftsführer Martin Jetter appellierte an die Besucher der Anwenderkonferenz Common iSociety World, mehr Mut zu Innovationen zu zeigen. Dabei sei es wichtig, branchen- und prozessübergreifend zu forschen und zu entwickeln.

Im Rahmen der iSociety World 2007 in Stuttgart forderte IBM-Geschäftsführer Martin Jetter den deutschen Mittelstand auf, in die Zukunft zu investieren und ausgetretene Pfade zu verlassen. "Die Arbeit geht dahin, wo die Expertise ist. Das ist die einzige Chance, die Deutschland hat", sagte Jetter. Man dürfe sich nicht auf dem ausruhen, was die deutsche Industrie seit Jahrzehnten gut beherrsche, sondern müsse sich schneller trauen, in neue Ideen zu investieren. Die IT biete dafür gute Chancen: "Der Einsatz von Web-2.0-Angeboten und virtuellen Welten zur Kundenpflege und Unterstützung von Geschäftsprozessen", seien gute Beispiele dafür. Jetter sieht ein wachsendes Gefälle zwischen der Anzahl der in Deutschland produzierten Güter und der Dienstleistungen. "Nur noch bis maximal 2010 sind wir Exportweltmeister bei den Gütern, dann werden uns China, Japan und Russland den Rang ablaufen – daher ist der Dienstleistungssektor für Deutschland überlebenswichtig." Ob in der IT oder in anderen Geschäftsbereichen, eine reine Güterproduktion ohne das Angebot dazu passender Serviceleistungen, werde es nicht mehr lange geben, so Jetter.

Die Verlagerung von Arbeit ins Ausland, gerade auch in der IT-Industrie, sieht er nicht als Vernichter von Beschäftigung in Deutschland, sondern als Nebenwirkung einer wichtigen Entwicklung: "Durch die Globalisierung sichern wir Arbeitsplätze in Deutschland." Damit machte Jetter auf IBMs Exzellenz-Center aufmerksam, in denen auch in Deutschland IT-Fachkräfte aus dem In- und Ausland gezielt für das Unternehmen ausgebildet würden und so wichtige Expertise schafften, die wiederum andere Fachkräfte anziehe. Die IT müsse sich in den kommenden Jahren zwangsläufig noch weiter für andere Branchen öffnen. Jetter nannte die Medizin und die Werkstofftechnik als Beispiele für Branchen, in denen die strategische Planung von Geschäftsprozessen in Zukunft nur noch branchenübergreifend mit den IT-Unternehmen stattfinden könne. Der IBM-Mann fasste die Entwicklung unter dem Oberbegriff "Service Science" zusammen.

IT-Standards werden zur Management-Aufgabe

Viel beachtet wurde auch die Keynote von Andreas Naunin, dem Mittelstandschef der SAP, der mehr Kooperation von Unternehmensleitung und IT-Verantwortlichen forderte: "Das Management der Unternehmens-IT ist mehr denn je die Aufgabe der Geschäftsführung, da es immer wichtiger wird, dem Business angepasste IT-Prozesse zu entwickeln." Geschäftsprozesse, die sich nach der vorhandenen Technik richteten, dürfe es nicht mehr geben. Besonders im deutschen Mittelstand sieht Naunin noch eine klaffende Lücke zwischen Wunsch und Realität. (sh)

IT-Kongress erstmals mit Fachmesse und Managerforum

Common iSociety World 2007: umstrukturiert und geöffnet

Die Common Deutschland, die IBM-Anwendervereinigung im Mittelstand, hatte im Jahr ihres 20-jährigen Bestehens zum IT-Kongress nach Stuttgart geladen. Der Verein nahm seinen runden Geburtstag und den Wegfall der Karlsruher Mittelstands-Messe Midvision zum Anlass, erstmals auch eine parallele Fachmesse mit rund 60 Ausstellern und ein Manager-Forum für Business-Entscheider zu veranstalten. Knapp 400 Teilnehmer bedeuteten eine Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahr, wie Günter Wiskot, der scheidende Common-Vorsitzende, berichten konnte. Zum ersten Mal öffnete sich die Common ganz gezielt auch für Nichtmitglieder und bot dazu Fachvorträge zu Themen an, die über die klassische Anwendungsentwicklung für IBMs iSeries-Server hinausgingen. Wiskot sieht besonders die engere Verknüpfung von strategischen Geschäftsentscheidungen und IT-Steuerung im Kommen. "IT und Business rücken enger zusammen, strategische Entscheider sind auf dem Vormarsch. Mit dem Manager-Forum tragen wir dieser Entwicklung Rechnung", so Wiskot gegenüber der COMPUTERWOCHE.

Green IT noch nicht im Mittelstand angekommen

Als Trends der Veranstaltung stachen die Themen service-orientierte Architekturen (SOA), Einsatz von Gebrauchtsoftware und Hochverfügbarkeit in Rechenzentren heraus. Die IBM brachte den Komplex "grüne IT" stark in den Kongress ein, fand bei den mittelständischen IT-Verantwortlichen aber nur verhaltenes Interesse. Zukunftsthemen wie Sprachautomatisierung waren von externen Referenten qualitativ gut aufbereitet worden, stießen aber ebenfalls auf wenig Resonanz. Auch das vor einiger Zeit noch als Trend Nummer Eins ausgemachte Software as a Service (SaaS) ist im deutschen Mittelstand noch überhaupt nicht angekommen. Mehr als ausgelastet waren dagegen die Vorträge aus der direkten Praxis, beispielsweise zu Einrichtung und Wartung von sicheren Infrastrukturen im Rechenzentrum, sowie Trends in IBMs Midrange-Serie System i für das Jahr 2008. Mit den IBM-Managern Mark Shearer und George Farr hatte die Common wichtige Vertreter von Big Blue aus Kanada und den USA für den Kongress gewinnen können.