Marktführer bei Massen-Mikros will von Zulieferern unabhängig werden:

Commodore sieht Markt noch nicht gesättigt

04.11.1983

Angesichts der tiefgreifenden Schwierigkeiten in denen sich manche amerikanische Anbieter von Kleinrechnern befinden, blicken Börsenanalytiker in Wall Street mit wachsendem Interesse auf die ausländischen Absatzmärkte der international tätigen Produzenten. Ihre Aufmerksamkeit gilt vor allem dem deutschen Markt, der als einer der interessantesten bezeichnet wird. Resonanz hat bei amerikanischen Analytikern unter anderem der Bericht von Commodore Büromaschinen GmbH, der deutschen Tochter von Commodore International, über das vergangene Geschäftsjahr (l. 7. 82 bis 30. 6. 83) gefunden.

Nachdem die Bücher in diesem Sommer geschlossen waren, errechnete sich für den gesamten deutschen Geschäftsbereich eine Steigerung der Umsätze, die mit Mikrocomputern, Peripheriegeräten, Zubehörteilen und Programmen erzielt wurden, um 66 Prozent von 190,4 auf 315,8 Millionen Mark. Der Gewinn betrug 9,72 (vor Steuern) beziehungsweise 3,49 Millionen Mark (nach Steuern).

Damit hat das Unternehmen seinen Marktanteil in Stückzahlen im Bundesgebiet auf mehr als 50 Prozent ausgebaut, das erste Quartal des neuen Geschäftsjahres ist inzwischen eingeschlossen. Von Juli bis September, der traditionellen Sommerflaute, wurde in der Frankfurter Commodore-Zentrale im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum eine Umsatzsteigerung von 243 Prozent erreicht. Die Erwartungen für das gesamte Geschäftsjahr zielen auf ein Umsatzplus von rund 100 Prozent auf 200 Millionen Mark (ohne Werk Braunschweig).

Dieser Optimismus gründet sich auf verschiedene Fakten. Während Mitbewerber als größtes Problem den Mangel an qualifizierten Händlern nennen, verfügt Commodore über rund 6000 Verkaufsstellen in der Bundesrepublik. Langen Lieferzeiten - die im wesentlichen auf Lieferprobleme bei den Zulieferern zurückgehen und für die ganze Branche oft als Damoklesschwert über allen Geschäften schweben - wurde bei Commodore mit Investitionen in Höhe von 25 Millionen Mark begegnet, die in den Aufbau einer eigenen RAM-Speicherproduktion gesteckt worden sind.

Es wird damit gerechnet, daß Commodore bis zum nächsten Frühjahr von Zulieferern elektronischer Komponenten völlig unabhängig sein wird. Getreu der Unternehmensdevise Computer für die Masse - nicht für die Klasse", soll die RAM-Produktion bis 1987 auf 50 Millionen Stück gesteigert werden. Einen weiteren Vorteil verspricht sich die Unternehmensleitung von einer Erweiterung des Softwareangebots. Neben den rund 2000 verfügbaren kommerziellen und technisch-wissenschaftlichen Programmen für Commodore-Rechner wird demnächst schulbegleitende Software angeboten. Dazu hat Commodore mit dem Westermann Schulbuch-Verlag einen Kooperationsvertrag unterzeichnet. Beginnend mit Grundschulprogrammen, soll für alle Unterrichtsfächer sämtlicher Schulsysteme nach und nach Software zur Verfügung gestellt werden. Bei Commodore wird besonders dieser "Feldzug" als wettbewerbswirksam eingestuft.