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COMDEX: Gates zeigt Optimismus und Tablet-PCs

12.11.2001
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Schon traditionell eröffnete Microsofts Gründer, Chairman und Chief Software Architect Bill Gates am Sonntagabend Ortszeit mit seiner Keynote-Ansprache die amerikanische Computerleitmesse COMDEX Fall in Las Vegas.

Gates zeigte mit dem "Tablet PC" ein neues Hardwaregenre irgendwo zwischen Notebook und Pocket PC: Die kompakten Geräte - unter anderem waren Prototypen von Compaq und Acer zu sehen - laufen unter einer speziell angepassten Version von Windows XP ("Tablet PC Edition") und kommen mit einer Reihe neuer Software. "Journal" beispielsweise kombiniert die bekannte Textverarbeitung Word mit Handschrifterkennung. "Nächstes Jahr werden schon jede Menge Leute hier in Publikum ihre Notizen darauf schreiben", ist sich Gates sicher. Neben den genannten Herstellern wollen unter anderem Fujitsu, Toshiba, NEC, FIC, Tatung sowie Viewsonic im kommenden Jahr Tablet-PC-Hardware auf den Markt bringen. Softwareseitig haben unter anderem Groove Networks, Autodesk, Corel und Adobe bereits ihre Unterstützung zugesagt.

Ansonsten gab sich der Microsoft-Denker zweckoptimistisch. Der unsicheren Wirtschaftslage und sinkenden PC-Nachfrage zum Trotz soll technologisch gesehen wieder einmal das Beste erst noch kommen. Schnellere Prozessoren, breitbandigere Netze sowie Sprach- und Handschrifterkennung würden den Menschen künftig jede Menge Arbeit abnehmen. "Im vor uns liegenden Jahrzehnt werden wir die Produktivität doppelt so stark steigern wie im zurückliegenden", versprach Gates. Beispielsweise soll die nächste Version der Bürosuite Office XP, die im kommenden Jahr rechtzeitig zum Tablet-PC-Launch fertig sein soll, handschriftliche Notizen in Word oder Outlook digitalisieren können. Auch über Instant Messaging sollen Anwender solche "Tinte" nutzen können.

Anschließend ging es um die viel beschworenen Web-Services, XML-basierte Kommunikation zwischen bisher unabhängig verstreuten Geschäftsanwendungen. Gates holte sich Robyn Pierce von der .NET Group auf die Bühne. Die Fachfrau demonstrierte eine Kombination aus Passport-Authentifizierung und Excel-Spesenabrechnung, indem sie die aktuellen Kreditkartenbelege und Handy-Telefonate eines fiktiven Mitarbeiters aus dem Netz abrief und flugs in eine Tabelle importierte. Passende XML-Tags könne ein Mitarbeiter auch in sein E-Mail einfügen, so Pierce. Damit lasse sich ein Abrechnung elektronisch an die Firmenzentrale senden und werde von den dortigen Backend-Systemen automatisch verarbeitet. Sie versprach für Dezember ein Toolkit, mit dem Anwender Web-Services-Funktionen in Office ausprobieren könnten. "XML-Web-Services sind der Schlüsselstandard für die nächsten zehn Jahre", erklärte Bill Gates. "Sie braucht man, um das Netz als Programmierumgebung zu

behandeln."

Natürlich hatte der Microsoft-Chairman auch für die Consumer etwas im Gepäck - die Spielekonsole "Xbox" natürlich, die in den USA am Donnerstag in die Regale kommt. Seamus Blackley von der Xbox-Abteilung des Redmonder Konzerns kam auf die Bühne und führte unter anderem "Dead or Alive 3" und die Football-Simulation "NFL Fever 2002" vor. Letztere sei "so echt, dass man danach am liebsten duschen würde", scherzte der Produkt-Manager. Er verwies ferner auf die interessanten Zeitlupen-Funktionen sowie die "Kindersicherung" der Konsole für Spiele "ab 18".

Auch drahtlosen (Heim-)Netzen gehört Gates zufolge die Zukunft. Seine Vision: Digitale Inhalte wie Musik und Videos lassen sich zuhause umherbeamen und in jedem Zimmer abrufen. "Drahtlose Netze, künftige Settop-Boxen und Videospiele kommen auf ganz neue synergetische Art und Weise zusammen, wenn man sie mit Internet-Diensten wie MSN verbindet", glaubt der Firmenvater. Herausforderungen in diesem Bereich seien Sicherheit und die Bereitstellung entsprechend breitbandiger Verbindungen bis in die Verbraucherhaushalte hinein.

Natürlich durften auch Keynote-typische Humoreinlagen nicht fehlen. Unter anderem wurde ein Video eingespielt, dass die Fernsehsendung "Entertainment Tonight" parodierte. Eine gefakte Live-Schaltung in das Gates‘sche Heim ertappte den als Harry Potter kostümierten Microsoft-Lenker im Kampf mit CEO Steve Ballmer, der sich wiederum als Luke Skywalker verkleidet hatte. Ballmer hatte darüber hinaus noch große Auftritte in einem Zusammenschnitt der bekannten "Dancing-Monkey"-Videos. Gates Kommentar dazu: "Für die Herausforderungen des digitalen Zeitalters brauchen wir viel Energie. Und es hat den Anschein, als hätte Steve genug davon für uns alle." (tc)