COM - Alternative zum Bildschirm-Dialog?

05.11.1976

COM - Computer Output on Microfilm hat den Durchbruch geschafft. So behaupten jedenfalls die Hersteller und Anbieter aus der Mikrofilm-Szene. Die Zahl der in der Bundesrepublik installierten COM-Anlagen liegt bei 150 Systemen und soll in den nächsten Jahren sogar noch sprunghaft in die Höhe gehen. In den USA wurde der Mikrofilm bereits in den 50er Jahren aus Gründen der Raumersparnis, der Optimierung von Arbeitsabläufen und der Kostenersparnis eingesetzt. Heute weiß auch der deutsche EDV-Anwender, daß er der Papierkostenflut sowie den hohen Raummieten für Archivräume durch den Einsatz des Mikrofilms entgegentreten kann. Wie aber steht es heute um den Mikrofilm als Informationsmedium? Hat COM neben zukunftsträchtigen Problemlösungen wie Online-Sachbearbeitung und Datenfernübertragung noch seine Berechtigung als Rationalisierungsinstrument? Lohnt sich der Einsatz eines eigenen Systems unter diesen Gesichtspunkten eigentlich noch?

Edith Bausch, Leiterin des Sachgebietes Mikromation Fiducia, Karlsruhe

Die Rentabilitätsgrenze für den Einsatz eines eigenen COM-Systems hat sich in den letzten Jahren merklich nach oben verschoben. Obwohl die Hersteller dieser Systeme bei einer monatlichen Seitenzahl von 300 000 bis 400 000 bereits den Kauf oder die Miete eines eigenen Recorders empfehlen, liegt meiner Meinung nach die Grenze doch erheblich höher. Denn mit der Anlage allein ist es noch nicht getan. Hinzu kommen noch die Kosten für die Peripherie wie Entwicklungsmaschinen. Dupliziergeräte - vom Operating und den Fachkräften ganz abgesehen. Die Angebote der vielen COM-Service-Zentren sind meist weitaus günstiger, auch hier haben sich die Wartezeiten auf ein Minimum reduziert.

Es gibt allerdings Unternehmen, die aus Gründen der Geheimhaltungspflicht ihrer Daten den Kostenfaktor als zweitrangig betrachten und sich - auch bei weniger als 400 000 Seiten monatlich - ein eigenes COM-System ins Haus stellen

Wir arbeiten in erster Linie für 350 Banken als Service-COM-Zentrum und haben deshalb zehn eigene Anlagen installiert. Abends werden die erfaßten Daten per Kurierdienst abgeholt und nachts im RZ verarbeitet.

Vor der Einführung des COM-Verfahrens vor etwa vier Jahren gab es bei uns Überlegungen, ob sich diese große Investition im Hinblick auf die bevorstehenden Datenfernverarbeitungsanwendungen noch vertreten läßt. Wir sind zu dem Schluß gekommen, daß die Dialogverarbeitung kein Konkurrenzmittel zum COM-Verfahren darstellt, da nicht alle Banken daran beteiligt sein werden und zudem nur die wirklich aktuellen Daten ständig zum Abruf bereitstehen müssen, Des weiteren bringt die COM-Verfilmung ein Optimum an Datensicherung. Denn sollte einmal eine DFÜ-Leitung zusammenbrechen, kann die Bank nicht mehr weiterarbeiten. Deshalb werden täglich für alle Banken, die sich an der DFÜ beteiligen, Mikrofiches erstellt, die zumindest die Daten des Vortags und somit einen reibungslosen Betrieb garantieren.

Rudolf C. Luft, Zentrale Betriebsorganisation, Siemens AG, München

Man sollte auf keinen Fall versuchen, den Mikrofilm überall einzuführen, sondern nur dort, wo er aufgrund seiner Eigenschaften echte Verbesserungen im betrieblichen Ablauf bringen kann. Eine exakte Aussage, wann ein eigenes COM-Gerät wirtschaftlich gerechtfertigt ist, läßt sich heute kaum machen. Es kommt ganz auf den Anwender und seine Anwendungen an. Obwohl von den Herstellern meist bei einem Verfilmungsvolumen von etwa 300 000 Seiten zur eigenen Anlage geraten wird, können auch niedrigere Auflagen wirtschaftlich mit eigenem System verfilmt werden, wenn zum Beispiel über COM verfilmte Mikrofiche an einen großen Verteiler gebracht werden müssen. Hat der Anwender aber in seiner näheren Umgebung die Möglichkeit, einen Service-Betrieb zu nutzen, sollte er dies auf alle Fälle tun. Diese Betriebe sind mittlerweile spezialisiert und bieten realistische Preise - die Pionierzeiten sind auch hier vorbei.

Die Datenfernübertragung bringt für die COM-Technik keine echte Konkurrenz, da der Datencharakter und die Datenweiterverwendung bei beiden Gebieten unterschiedlich sind. Außerdem ist von der Menge der auf Fiche speicherbaren Daten her ein Datenträgertransport kostengünstiger als eine Datenfernübertragung. Die Mikrofilmtechnik entwickelt sich ständig weiter: Neue Filmmedien, nichtchemische Filmentwicklungsprozeduren in Verbindung mit der Lasertechnik schaffen die Möglichkeit, den Mikrofilm auch als wieder zu beschreibenden Speicher und als DV-Eingabemedium zu verwenden und so in die Anwendungsgebiete der magnetischen bzw. optoelektronischen Speicher vorzudringen.

Den Herstellern der COM-Geräte sollte man nahelegen, endlich vom Verkauf der reinen Hardware abzugehen und echte Problemlösungen anzubieten, wie es in der gesamten EDV mehr und mehr üblich ist. Damit gibt man dem Anwender echte Auswahl- und Entscheidungskriterien in die Hand. Das organisatorische Problem steht im Vordergrund, nicht die Hardware.

Ernst Meissner, stellvertretender Direktor, Allianz Lebensvers. AG, Stuttgart

Neben anwenderinternen Gesichtspunkten und Überlegungen, die sich aus dem Fabrikat oder Modell der COM-Anlage ergeben, gelten für die Entscheidung einer eigenen Anlage vor allem folgende Gesichtspunkte:

Die Jahresmenge der zu verfilmenden Seiten soll über 5 Millionen pro Jahr sein. Die Nähe des Dienstleistungsunternehmens bzw. die Lieferzeiten sind zu berücksichtigen. Einschätzung des Geheimhaltungsgrades (Datenschutz) spiele eine Rolle.

Die Möglichkeiten der Datenfernübertragung und Dialog-Sachbearbeitung sind keine Konkurrenz für die COM-Anwendungen. Das COM-Verfahren ist zur EDV einerseits eine Ergänzung, andererseits aber auch durchaus eigenständig in seinen Awendungsmöglichkeiten.

Dies ergibt sich aus der Größe der Speicherkapazität und Wirtschaftlichkeit gegenüber dem EDV-Speicher. Während im EDV-Dialog die Forderung nach den aktuellen Informationen erfüllt wird, liegen die Vorteile der COM-Anwendung vor allem in der Dokumentation; zum Beispiel dürfte im großen Bereich des Micropublishing ein Anwendungsgebiet sein bzw. erst noch entstehen, das unbeeinflußt bleibt, selbst wenn eines Tages preiswerte EDV-Massenspeicher auf den Markt kämen.

Albert Sattler, Referatleiter Bankorganisation, Raiffeisen-Informationszentrale Rhein-Main e. G., Mutterstadt

Der Zeitpunkt für den Einsatz eines eigenen COM-Systems hat sich merklich verschoben. Zwar nennen die Hersteller dieser Anlagen die monatlich anfallende Seitenzahl von etwa 300 000 als Grenzwert für die Eigeninstallation, bedenkt der Anwender aber, daß er dieses Volumen bei einem Service-COM-Zentrum für etwa 4 000 Mark verfilmt bekommt, erscheint dieses Verkaufsargument nicht mehr realistisch, zumal er keinerlei Probleme mit dem Handling, dem Entwickeln und Duplizieren hat. Wenn die verfilmten Daten allerdings aus betrieblichen Gründen tages- oder stundenaktuell vorliegen müssen, kommt der Anwender ohne eigenes COM-System nicht aus. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit ist er dann meist gezwungen, noch Fremdarbeit hereinzunehmen, um die Anlage einigermaßen auszulasten.

Wir werden den COM-Service für die unserem Institut angeschlossenen Banken auf alle Fälle für die Archivierung beibehalten. Datenfernverarbeitungssysteme, die von mehreren Genossenschaftlichen Rechenzentren bereits angeboten werden, lösen bei der Tagesdisposition die COM-Auswertungen mit Dispositionslisten weitgehend ab. Berücksichtigt man die Betriebsgröße sowie die Zweigstellen-Struktur der Genossenschaftsbanken und die damit verbundene Problematik bei der Einführung von DFV-Systemen, so ist jedoch zu erkennen, daß der Mikrofiche überleben wird. Die COM-Auswertungen sind bei kleineren Zweigstellen und beim Ausfall des DFV-Systems für die Disposition heranzuziehen und stellen demnach eine Art Back-Up-System in der Bank dar.