IT-Quereinsteiger im Social Startup

"Code ist eine Sprache, die jeder lernen kann"

29.05.2020
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Karen Funk ist Senior Editor beim CIO-Magazin und der COMPUTERWOCHE (von Foundry/IDG). Ihre inhaltlichen Schwerpunkte sind IT-Karriere und -Arbeitsmarkt, Führung, digitale Transformation, Diversity und Sustainability. Als Senior Editorial Project Manager leitet sie zudem seit 2007 den renommierten IT-Wettbewerb CIO des Jahres. Funk setzt sich seit vielen Jahren für mehr Frauen in der IT ein. Zusammen mit einer Kollegin hat sie eine COMPUTERWOCHE-Sonderedition zu Frauen in der IT aus der Taufe gehoben, die 2022 zum 6. Mal und mit dem erweiterten Fokus Diversity erschienen ist.
Clara Bracklo hat sich ihren Job beim gemeinnützigen Startup "Tür an Tür - Digitalfabrik" selbst geschaffen. Wie es dazu kam und was die 24-Jährige genau tut, lesen Sie im Interview.

Das Startup "Tür an Tür - Digitalfabrik GmbH" entstand aus einer Zusammenarbeit des Vereins "Tür an Tür - miteinander wohnen und leben", einer Handvoll engagierter Studierender und der Unterstützung durch den Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der TU München. Gemeinsam wollten sie die große Zahl der 2015 nach Deutschland kommenden Geflüchteten vor Ort unterstützen. Die Firma wächst beständig, beschäftigt neben der großen Anzahl von ehrenamtlich Engagierten derzeit 12 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Clara Bracklo: "Die IT hat das Potenzial, Prozesse zu vereinfachen, Menschen zu vernetzen und kreative Lösungen zu finden."
Clara Bracklo: "Die IT hat das Potenzial, Prozesse zu vereinfachen, Menschen zu vernetzen und kreative Lösungen zu finden."
Foto: Integreat

Die App "Integreat", die Neuzugewanderten Informationen in ihrer Landessprache anbietet, wird bereits von über 60 Kommunen in Deutschland eingesetzt, darunter Nürnberg, München und Dortmund. 2019 wurden Daniel Kehne, CEO und CIO von Tür an Tür - Digitalfabrik, und sein Team für die Entwicklung von "Integreat" beim IT-Wettbewerb CIO des Jahres 2019 mit dem Startup Award ausgezeichnet.

"Ich arbeite für etwas, an das ich glaube"

Clara Bracklo kam durch ein Praktikum zu ihrem Job - die 24-Jährige ist zuständig für die Wirksamkeitsmessung der "Integreat"-App. Wie der Quereinstieg für sie verlief und was sie an ihrem Job fasziniert, lesen im COMPUTERWOCHE-Interview.

Clara, wo erreiche ich dich gerade?

Bracklo: "Ich bin im Home Office, so wie die meisten gerade."

Du arbeitest bei dem gemeinnützigen Startup "Tür an Tür - Digitalfabrik" in Augsburg. Was macht ihr genau?

Bracklo: "Wir stellen Kommunen in ganz Deutschland unsere Open Source Mobile App 'Integreat' zur Verfügung, die inzwischen in über 60 Kommunen hierzulande eingesetzt wird. Über diese App bieten Gemeinden wichtige lokale Informationen und Services für Geflüchtete und andere Neuzugewanderte in ihrer Landessprache an. In Augsburg sorgen wir mit lokalen Projekten zudem dafür, dass Flüchtlingsunterkünfte mit WLAN ausgestattet sind und organisieren 'Fit for IT'-Kurse für Geflüchtete."

Clara Bracklo, Integreat: "Mit unserer App 'Integreat' stellen wir wichtige lokale Informationen Geflüchteten und Neuzugewanderten in ihrer Sprache zur Verfügung."
Clara Bracklo, Integreat: "Mit unserer App 'Integreat' stellen wir wichtige lokale Informationen Geflüchteten und Neuzugewanderten in ihrer Sprache zur Verfügung."
Foto: Integreat

Was genau ist deine Aufgabe?

Bracklo: "Ich bin für die Wirksamkeitsmessung und -organisation von Integreat zuständig. Das heißt, ich erstelle jedes Jahr einen so genannten Wirkungsbericht oder Social Report, um die positiven Auswirkungen der App zu messen und zu dokumentieren. Dabei bewegen wir uns in einem hochsensiblen Umfeld, Stichwort Datenschutz. Wir erheben sehr wenig Daten und auch keine personenbezogenen Daten."

Wie bist du zu deinem Job gekommen?

Bracklo: "Über ein Praktikum. Ich habe Interkulturelles Management und Kommunikation an der Hochschule in Karlsruhe studiert und in diesem Rahmen ein Praktikum bei Integreat absolviert. Aus einer meiner ersten Aufgaben, der Wirksamkeitsmessung, wurde dann mein jetziger Job. Die nötigen IT-Skills habe ich mir durch learning by doing angeeignet, darunter verschiedene Kommunikations-Tools wie Slack, Content-Management-Systeme wie Wordpress oder Photoshop und InDesign. Ich habe mich damit beschäftigt, wie kommt unsere App in den Store, warum haben wir drei Entwicklerteams, was sind Programmiersprachen?"

Warum arbeitest du im sozialen Bereich?

Bracklo: "Ich arbeite für etwas, an das ich glaube. Ich kann mir nicht vorstellen, in einem anderen Kontext zu arbeiten. Soziales Engagement ist für mich selbstverständlich, von klein auf arbeitete ich im Ehrenamt."

Welche Bedeutung haben die IT und digitale Skills für dich?

Bracklo: "Die IT hat das Potenzial, Prozesse zu vereinfachen, Menschen zu vernetzen und kreative Lösungen zu finden. Da gibt es so viel unerschlossenes Potenzial, gerade im sozialen Bereich."

Welchen Tipp hast du für IT-Zauderer?

Bracklo: "Traut euch an die IT heran, so kompliziert ist es nicht. IT ist ein spannendes Tool, und Code ist eine Sprache, die jeder Mensch lernen kann." (mp/fm)