COBOL soll Sprache der Benutzer werden

12.12.1975

Siegfried Mahkorn

Systemprogrammierer Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung m.b.H., Bonn, Institut für Informationssysteme

Von CODASYL (Conference on Data Systems Languages), dem Urheber der Programmiersprache COBOL, sind seit den ersten Tagen beachtliche Anstrengungen zur Verbesserung und Weiterentwicklung dieser Sprache unternommen worden. CODASYL wünscht sich nunmehr eine stärkere Teilnahme der COBOL-Anwender. Dazu scheint es angebracht, einen Blick auf die Gegenwart und den zukünftigen Trend von COBOL zu werfen.

Zunächst sei hier die Rolle der Organisation erklärt, die bisher am meisten zur Verbesserung und zur Aufnahme netter Möglichkeiten in COBOL beigetragen hat.

CODASYL arbeitet Änderungen für COBOL aus und stimmt sie mit dem Gesamtkonzept ab. Der zuständige Ausschuß, das Programming Language Commitee (PLC) tagt regelmäßig alle sechs Wochen für drei oder vier Tage. Für die Mitgliedschaft in diesem Ausschuß gibt es nur drei Einschränkungen:

1. die Gesamtzahl der Mitglieder ist auf 75 beschränkt;

2. jedes Mitglied muß sich entweder der "user" - oder der "vendor"-Gruppe zuordnen lassen. Keine dieser Gruppen soll über eine 2/3-Mehrheit verfügen;

3. um stimmberechtigtes Mitglied zu bleiben, muß man an 75% der letzten 15 Sitzungstage anwesend gewesen sein.

Diese Einschränkungen erscheinen notwendig, um eine arbeitsfähige, in ihren Interessen ausgewogene, sieh regelmäßig treffende Arbeitsgruppe zu gewährleisten. Aus dem dritten Punkt ist leicht abzuleiten, weshalb in der Praxis nur Nordamerikaner dort Mitglied sind..

Obgleich nur PLC durch seine stimmberechtigten Mitglieder die Zuständigkeit zur Änderung von COBOL hat, so ist doch jedermann aufgerufen, Verbesserungen einzureichen. Dies kann in Form von Arbeitspapieren (working papers) oder in Form von Vorschlägen (proposals) geschehen. Seit einigen Jahren ist es üblich, daß die Autoren von Vorschlägen die Möglichkeit erhalten, ihre Vorschläge zusätzlich mündlich zu erläutern.

COBOL ist Neuerungen gegenüber offen. Dabei ist allerdings zu beachten, daß durch diese Neuerungen die große Zahl der bisherigen Programme möglichst nicht geändert und die Liste der "reservierten COBOL-Wörter" nicht unnötig aufgebauscht wird. Obgleich Änderungen dieser Art einer besonders kritischen Überprüfung unterliegen, sind sie nicht immer vermeidbar, manchmal sogar unumgänglich notwendig.

Die Zahl der Vorschläge, die in den letzten Jahren PLC unterbreitet wurden, mag ein Zeichen für den Bedarf von Änderungen (auch Weiterentwicklungen) von COBOL sein. In den Jahren von 1970 bis 1973 wurden 180, 169, 160 und 245 Vorschläge eingereicht. Die hohe Zahl im Jahre 1973 resultiert maßgeblich aus dem großen Interesse, das allenthalben am DBTG-Vorschlag zum Thema Datenbanken existiert. Heute, mit Stand Mai 1975, ist die Data Manipulation Language (DML) Bestandteil des "CODASYL COBOL JOURNAL OF DEVELOPMENT 1973" (JOD 1973).

PLC unterhält ständig Kontakte mit dem American National Standards Institute (ANSI), mit der European Computers Manufactorers Association (ECMA) und dem Japanese Institute for Standards (JIS). ANSI wie auch JIS veröffentlichen COBOL-Normen, die in ihrem Inhalt kaum oder nur unwesentlich von CODASYLs JOD abweichen. Die jüngste Norm ist die X 3.23-1974 von ANSI. Sie bildet nicht nur die Basis für die modernen Kompilierer, die mittlerweile von fast allen Herstellern angeboten werden, sondern auch für die Norm der International Organisation for Standardization (ISO). Diese neue internationale Norm wird für Ende 1976 erwartet. Sie wird Grundlage für die Überarbeitung der derzeit gültigen deutschen Norm DIN 66028 sein.

Um dem ursprünglichen Ziel von 1959, einer Programmiersprache, die " . . . independent of any make or model of computer. . . " ist, näherzukommen, liefert PLC nunmehr nicht nur strenge Beschreibungen der Syntax, sondern auch der Semantik. Damit soll gewährleistet werden, daß COBOL-Programme sowohl leicht übertragbar sind, sofern man auf die herstellerspezifische. Abweichungen von der Norm verzichtet hat, wie auch die Resultate auf verschiedenen Rechnern bei unterschiedlichen Betriebssystemen gleich bleiben.

Anregungen zur Änderung von COBOL können gerichtet werden entweder direkt an:

Mr. W. C. Rinehuls, Secretary Codasyl, P. L. C. H. Q., U. S. Air Force (A. C. D. B.) Washington, D. C. 20330

oder an:

Deutsches Institut für Normung

An den Obmann des AK-5. 1 (COBOL) im FNI Postfach 1107 1000 Berlin 30

oder an:

Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung m. b. H. Bonn Institut für Informationssysteme z. H. Herrn S. Mahkorn Postfach 1240 5205 St. Augustin