Cluster-Lösungen im Vergleich (Teil 6 und Schluß)

Cluster-Lösungen im Vergleich (Teil 6 und Schluß) "Entscheidend ist, was hinten herauskommt"

24.04.1998

Maximal mögliche Verfügbarkeit steht als Bewertungskriterium für Cluster bei Anwendern ganz oben auf der Prioritätenliste (siehe CW Nr. 12 vom 20.März 1998, Seite 59).Dann aber folgt schon die Frage, ob und wie man herkömmliche Anwendungen auf diesen Systemen überhaupt verwenden kann.In Anlehnung an ein Kanzlerzitat zählt nämlich letztlich, was der Anwender aus Computersystemen für sein Unternehmen herausholen kann.Hier spielen vorhandene Anwendungen eine zentrale Rolle.Mit Ausnahme von IBMs "Parallel-Sysplex"-Clustern, die auf OS/390-Systemen unter dem MVS-Betriebssystem laufen, und Digitals auf "Open VMS" basierender Lösung werden alle verglichenen Kandidaten für eines der herstellerspezifischen Unix-Derivate angeboten.

Killerargument: Keine Applikationsmodifikation

Abgesehen von Suns "Solstice-HA" besitzen alle Cluster-Systeme ein sogenanntes Applikations-Fail-over, ohne daß hierzu der Anwender vorher Eingriffe und Veränderungen vornehmen muß.In gewisser Weise kann man sowohl bei Suns "PDB" als auch bei HPs "MC/Lock-Manager" von, wenn auch nicht im klassischen Sinn, Fail-over-Konzepten reden.Beide Systeme fahren nämlich duplizierte Versionen von parallelen Datenbanken auf jedem von zwei Rechnerknoten (Suns PDB-Cluster unterstützt nur bis zu zwei Knoten).Außerdem wird für den Fall, daß ein Rechnerknoten havariert, eine ebenfalls doppelt installierte Anwendung aktiviert, falls diese nicht ohnehin permanent parallel läuft.Auch für dieses Konzept müssen Applikationen nicht erst nachträglich fit gemacht werden.

NCRs "Lifekeeper-", IBMs Parallel-Sysplex- und "HACMP"- sowie DECs Open-VMS-Cluster erlauben es darüber hinaus, Da- teien von Anwendungen gleichzeitig in mehr als einem Rechnerknoten zu nutzen.Auch hierzu müssen die Applikationen nicht gesondert verändert werden.Solche Funktionalität bietet HPs "X-Class"-Angebot nur nach entsprechenden Modifizierungen der Applikationen.Bei den Solstice-HA und "MC/Serviceguard"- Varianten von Sun beziehungsweise HP handelt es sich um Cluster-Konzepte, die nach dem "Shared-nothing"-Konzept arbeiten.Bei ihnen ist deshalb schon vom Design her nicht vorgesehen, Daten über verschiedene Rechnerknoten hinweg gemeinsam zu nutzen.

Ressourcen übergreifend anzusprechen hat aber bei allen verglichenen Systemen seine Grenzen, schreiben die TBR-Analysten.Nur wenige der Cluster-Systeme bieten, was die Autoren der Studie als "Process concurrency" von Anwendungen bezeichnen: daß sie Speicher- und Prozessorzyklen über Knoten hinweg nutzen können, ohne daß zuvor in die Software eingegriffen werden muß.

So arbeitet beispielsweise HPs X-Class-Cluster wie ein symmetrisches Multiprocessing-(SMP-) System.In diesem laufen bekanntlich nur jeweils eine Kopie eines Betriebssystems und einer Applikation, die aber auf die Ressourcen von allen Rechnerknoten zugreifen können.Vorteil dieser auf die Bedürfnisse von Anwendern aus dem technisch-wissenschaftlichen Bereich ausgerichteten HP-Lösung ist deren gute Skalierbarkeit.Inhärente Problematik des SMP-Konzeptes: Geht ein Rechnerknoten in die Knie, muß der Anwender mit korrumpierten Daten rechnen beziehungsweise damit, daß ihm das gesamte System zusammenkracht.

Anders das Konzept bei IBMs Parallel-Sysplex- und DECs Open-VMS-basierten Clustern: Hier läuft auf jedem Rechnerknoten eine Betriebssystem-Kopie.Diese Kopien tauschen allerdings ständig Statusinformationen untereinander aus. Außerdem operiert das Scheduling-System der Betriebssysteme von Big Blue und Digital über den gesamten Rechnerverbund hinweg.Kommt es in den Parallel-Sysplex- und Open-VMS-Clustern zum GAU, also zum Zusammenbruch eines Knotens, bedeutet dies noch lange nicht den Tod des Gesamtsystems.Alle auf einem havarierenden Knoten in Gang gesetzten Threads können auf einem noch arbeitenden Cluster-Part wiederbelebt werden.

Wesentlich bei der Betrachtung des Kriteriums Applikationsunterstützung in Clustern ist schließlich noch die Frage, ob und welche Produkte der Anbieter paralleler Datenbanken auf den verglichenen Systemen laufen.Hier schneiden Suns PDB- und IBMs HACMP-Cluster am besten ab, die die Produkte von Oracle, Sybase und Informix alle für ihre Cluster-Umgebungen anbieten können.