Die Debatte um die wirtschaftlichen Vorteile des Cloud Computings wird intensiv geführt und spitzt sich häufig auf den Capex-Opex-Vergleich zu. Doch dieser Konflikt ist lediglich ein Vorwand dafür, den eigentlichen Widerspruch in der Unternehmens-IT zu verdecken, kritisiert IT-Berater Bernard Golden, CEO der auf Virtualisierungslösungen spezialisierten Consulting-Firma HyperStratus, in der US-amerikanischen CW-Schwesterpublikation "cio.com". Seinen Beitrag zum Thema haben wir hier für Sie dokumentiert:
"Hinter dem Capex- und Opex-Vergleich steht die strategische und nur schwer zu beantwortende Frage nach der Zukunft der IT: Wollen Unternehmen Betreiber und Eigentümer einer IT samt der dafür erforderlichen Anlagen und Installationen sein? Oder wollen Sie IT auf Anlagen und Installationen betreiben, die externen Providern gehören?
Immer noch versprechen Anlagen im Wert von mehreren hundert Millionen Dollar und viele für den Betrieb und die Weiterentwicklung erforderliche Mitarbeiter dem IT-Verantwortlichen Prestige. Sie verleihen ihm jedenfalls mehr Bedeutung, als die Betreuung eines externen Providers, der mit einer mächtigen Installation samt Expertenmannschaft die IT für das Unternehmen betreibt. In einer ernsthaft betriebenen Cloud-Umgebung wäre es sogar konsequent, wenn man die Infrastruktur- und Betriebs-Teams komplett auflösen und die Steuerung sowie Kontrolle des externen IT-Lieferanten der Anwendungsbetreuung übergeben würde. Die IT-Betriebsmannschaft bliebe mit einem sich nach und nach reduzierenden Verantwortungsbereich und einer schwindenden Installationsbasis auf der Strecke.
- 7 Fehler im Kennzahlen-Management
Kennzahlensysteme sind ein probates Mittel zur Kosten-Nutzen-Analyse in der IT. Leider machen Unternehmen bei der Anwendung gravierende Fehler. - 1. Out of the Box ist trügerisch
Kennzahlen "Out of the Box" sind zweifellos verlockend, und sie kommen überraschend häufig vor. Das starre Korsett mit standardisierten Messpunkten kann jedoch zu einer unreflektierten Sichtweise und Einschätzung führen. Kosten und Leistungen müssen auf Grundlage der bestehenden Struktur gemessen werden. - 2. Irreführende Schätzungen
Der Top-down-Ansatz wird scheitern, wenn das Unternehmen die hierfür vorgesehenen Kennzahlen nicht vernünftig bilden kann. Sind die Basisdaten in der geforderten Form nicht vorhanden, müssen sie entweder geschätzt oder über eine mühsame Implementierung beschafft werden. Das Ergebnis ist entweder ungenau oder aufwendig zu bilden, so dass der Nutzen auf der Strecke bleibt. - 3. Unscharfe Kennzahlen
Häufig kalkulieren Unternehmen mit fragwürdigen Werten, weil sie die benötigten Werte nicht messen können. So lässt sich die Zahl der Hardwaretypen im Windows-Umfeld nur schwer bestimmen, wenn die Geräte in unterschiedlichen Abteilungen eingesetzt werden und kein umfassendes Asset-Management existiert. Der Einfachheit halber wird dann die Kennzahl der unterschiedlichen Windows-Versionen herangezogen, weil diese durch die Softwarelizenzierung bekannt ist. Jedoch ist diese Zahl ein schwächerer Komplexitätstreiber als die Hardwaretypen, weshalb das Abbild der Organisation unscharf wird. - 4. Top-Level-Informationen ohne Basis
Wenn das Projekt vom Vorstand angestoßen wurde, müssen die angeforderten Zahlen geliefert werden. Durch die Verwendung grober Schätzwerte sind Drilldowns zu den tatsächlichen operativen Kennzahlen kaum möglich: Die Ursache-Wirkungs-Kette ist nicht belastbar. Schaltet eine Top-Level-Kennzahl auf Rot, erwartet das Management, dass der Grund hierfür bekannt ist oder zumindest schnell gefunden wird. Deshalb sind die richtigen Basisinformationen viel wichtiger für die Steuerung der Organisation als die Top-Level-Informationen. Ohne die passende Grundlage hängen die Top-Level-Kennzahlen in der Luft. - 5. Verwirrende Komplexität
Kennzahlen berechnen sich nicht automatisch aus komplizierten Formeln. So ist beispielsweise die Zahl der Windows-Server eine reguläre Leistungskennzahl, die zudem für das Asset-Management benötigt wird. Auch bei umfassenden Kennzahlensystemen ist Komplexität kein Grundpfeiler des Erfolgs. Unternehmen müssen die richtige Balance finden zwischen einer realistisch machbaren Vorgehensweise und dem, was einen Leistungs-, Kosten-, Komplexitäts- oder Risikotreiber genau repräsentiert. - 6. Fehlerhafte Umsetzung
Vor der Entwicklung eines Kennzahlensystems steht die Definition, welche Aspekte der IT konkret gesteuert werden sollen. Jeder IT-Verantwortliche hat seine eigene Philosophie und setzt andere Prioritäten: Einer bevorzugt Prozesse und ITIL, ein anderer plädiert für Services und Servicekataloge, der Dritte schließlich bleibt bei klassischen Funktionen wie der Anwendungsentwicklung und der Infrastruktur. Entsprechend müssen die Kennzahlen angeordnet werden. - 7. Falsche Schlüsse
"Normale" Kennzahlen haben einen kleinen Haken: Sie zeigen zumeist nur an, ob die Arbeit richtig gemacht wird - und nicht, ob die richtige Arbeit gemacht wird. So weist etwa Organisation A ein sehr gutes Kostenniveau bei ihren Unix-Servern auf, während Organisation B nur eine unterdurchschnittliche Performance bei ihren Mainframes zeigt. Vergleicht man hingegen die Kosten für den einzelnen Bausparvertrag oder für das einzelne Depot bei beiden Organisationen, kann das Preis-Leistungs-Verhältnis schon ganz anders aussehen. Aus der Perspektive des Topmanagements stellt sich vielleicht die Leistung des relativ schlechten Mainframe-Bereichs besser dar als die Leistung der relativ guten Unix-Abteilung. An den geschäftlichen Stückkosten zeigt sich der Unterschied von Effektivität und Effizienz.
So sähe eine konsequente Umsetzung aus. Dass es dazu selten kommt, nährt den Verdacht, dass die Debatte rund um die Kosten eigentlich von emotionalen Motiven ablenken möchte, der Capex-Opex-Vergleich wird als Kriegsschauplatz vorgeschoben. Wie auch immer, ein Großteil der Diskussion scheitert daran, die Implikationen der zwei grundverschiedenen Modelle zu ergründen, und die Debatten sparen auch aus, wie die Zukunft von IT-Applikationen in den zwei unterschiedlichen Betriebsmodelle aussieht.