"Client-Server war ein Fehler"

27.10.2000
Mit Ron Zambonini, Chief Executive Officer von Cognos, sprach CW-Redakteur Sascha Alexander über die Strategien des Unternehmens und die Rolle, die analytische Anwendungen künftig für den Hersteller haben.

CW: Was hat Sie dazu bewegt, Ihr Portfolio von Client-Server- hin zu Web-basierten Produkten zu wandeln?

Zambonini: Client-Server war ein Fehler, weil es zu kompliziert war und nie die in diese Architektur gesetzten Hoffnungen erfüllt hat. Der Umbau unserer Produkte erfolgte aber auch aufgrund von Kundenwünschen nach Web-basierten Business-Intelligence-(BI-)Systemen, welche vor allem in Skandinavien schon früh verlangt wurden. Der Vorteil gegenüber Fat Clients sind die einfachere Nutzung der BI-Lösungen per Browser sowie eine günstigere, zentrale Verwaltung der Anwendungen.

CW: Hat dieser zentralistische Ansatz auch Einfluss auf die Produktauswahl?

Zambonini: Bei den PC-basierten BI-Systemen handelt es sich noch um Lösungen für einzelne Fachabteilungen. Die Anwender entschieden bei der Produktzusammenstellung noch nach dem Gesichtspunkt eines "Best of Breed". Mit dem Wunsch nach einheitlichen, Web-basierten Lösungen setzen jetzt immer mehr Kunden hingegen auf Tools eines einzigen Herstellers. Im letzten Quartal enthielten 90 Prozent aller Bestellungen Web-basierte Produkte. Außerdem sehen wir eine zunehmende Standardisierung im Markt, die meiner Ansicht daher rührt, dass sich BI funktional zu einer unternehmensweiten Technologie entwickelt und nicht mehr nur lokal genutzt werden soll.

CW: Wandert mit der zentralen Verwaltung auch die Anwendungslogik von den derzeit bevorzugten Data Marts (Abteilungslösungen) wieder auf ein zentrales Data Warehouse zurück, so wie es früher einmal war?

Zambonini: Ich glaube, es wird eine Kombination aus beidem sein. Es kann Hunderte oder gar Tausende von BI-Anwendungen geben, von denen einige sich besser als Data Mart, andere besser in einem zentralen DataWarehouse einsetzen lassen.

CW: Auch Hersteller betriebswirtschaftlicher Standardsoftware sowie Spezialisten für KundenManagement-Software sind dabei, BI-Funktionalität in ihre Produkte zu integrieren oder entsprechende Partnerschaften aufzubauen. Geraten Sie da nicht in eine Zange?

Zambonini: Als wir unser erstes BI-Produkt herausbrachten, das auf relationaler Datenbanktechnik basierte, wurden wir gefragt, wie wir uns gegen die Konkurrenz der traditionellen Datenbankhersteller behaupten wollten. Nun, jene Hersteller haben immer wieder versucht, den BI-Markt zu übernehmen, aber es ist ihnen nicht gelungen. Ich glaube, dass auch Firmen wie SAP oder Siebel Interesse daran haben, mit Analysespezialisten wie uns zusammenzuarbeiten. Zwar steht beispielsweise SAP mit seinem "Business Warehouse" (BW) auch in Konkurrenz zu uns, aber wir leben von BI. Es ist jedoch sicher wichtig für uns, mit diesen Firmen Schritt zu halten. So haben wir beispielsweise vor kurzem eine Premier-Partnerschaft mit Siebel geschlossen und sind im SAP-Partnerport in Walldorf vertreten. Andere wichtige Partner sind für uns NCR und Microsoft.

CW: Was ist Ihre Strategie bezüglich analytischer Anwendungen?

Zambonini: Schon in den letzten Jahren haben wir analytische Anwendungen entwickelt, und mehr als die Hälfte unserer Kunden nutzen unsere Produkte als Grundlage für CRM-Analysen.

Nun werden wir die dabei gewonnenen Best Pratices zu Lösungspaketen, den "E-Applications", zusammenstellen. Diese unterstützen den Anwender bei der Datenextraktion aus den vielen unterschiedlichen Quellensystemen, bei der Data-Mart-Generierung und bieten beispielsweise etwa 100 vorgefertigte Berichte und Cubes für CRM-Analysen. Ebenso wichtig sind Analysen für Systeme zur Verwaltung von Lieferketten (SCM). Zurzeit haben wir acht verschiedene Anwendungen für ERP, CRM und SCM. Weitere werden folgen.

CW: Wie groß schätzen Sie den Markt für analytische Anwendungen ein?

Zambonini: Er ist um ein Vielfaches größer als der für BI.

CW: Also konzentrieren Sie sich künftig auf diesen Markt?

Zambonini: Nein, wir werden genauso unsere bisherigen Tools vermarkten, zumal sie die Grundlage für solche Anwendungen sind. Außerdem haben wir eine Produktplattform, wie sie die meisten Wettbewerber nicht offerieren können.

CW: Das Problem mit analytischen Anwendungen sind aber weniger die Tools, sondern der Umstand, dass sie eigentlich nur dann wirklich einen Mehrwert bieten, wenn sie an vertikale Märkte angepasst sind - genau hier hapert es bei den BI-Herstellern.

Zambonini: Unsere Schwäche ist die relativ geringe Erfahrung mit vertikalen Märkten. Daher haben wir allein im letzten Jahr etwa 75 Leute eingestellt, die etwa von großen Beratungsunternehmen kommen und über Branchen-Know-how verfügen.

CW: Trotzdem wird Ihr Erfolg mit analytischen Anwendungen von Ihren Partnern abhängen.

Zambonini: Ja. Wir selbst werden uns auf Großkunden konzentrieren.

CW: Wieviel Zeit und Geld lässt sich denn mit einer analytischen Anwendung gegenüber bisherigen Eigenentwicklungen sparen?

Zambonini: Der Wert liegt in den Best Practices, die dem Anwender viel Arbeit etwa bei der Prozessanalyse abnehmen, und den mitgelieferten Templates für Extraktionsaufgaben (Mapping). Daraus ergeben sich Implementierungszeiten, die nur ein Zehntel so viel wie bei Eigenentwicklungen betragen.

CW: Cognos will nach eigenen Angaben auch künftig keine Auswertung von unstrukturierten Daten unterstützen. Warum?

Zambonini: Wir kennen uns gut mit der Analyse von strukturierten Daten aus, alles andere überlassen wir unseren Partnern. So setzen wir bei Portallösungen beispielsweise auf eine Integration mit Microsofts KnowledgeManagement-Konzept "Digital Dashboard" (eine Portallösung auf Basis von "MS Office", Anm. der Redaktion) und sind eine Partnerschaft mit Plumtree eingegangen. Ebenso wichtig sind für uns Mysap.com oder Oracles Portal.

CW: Bisher vermarktet Cognos sein Portal "Upfront" lediglich als Funktion des eigenen Portfolios, aber nicht als eigenständiges Produkt. Es soll ein Baustein eines umfassenderen Enterprise Information Portal (EIP) sein. Bleibt es bei dieser Strategie?

Zambonini: Vor sechs Monaten hätte ich dem zugestimmt, aber ich glaube mittlerweile, dass Upfront und ein EIP keine gute Ehe eingehen. Deshalb überlegen wir derzeit, ob wir Upfront doch separat verkaufen und weiterentwickeln.

CW: Wohin entwickelt sich der BI-Markt?

Zambonini: Analytische Anwendungen sind die Zukunft. Unternehmen wollen letztlich BI-Lösungen und nicht nur die Tools.

E-ApplicationsFolgende Features und Vorteile versprechen laut Cognos die analytischen Awendungen:

- Standardisierte Geschäftsprozesse für die Extraktion und das Mapping (Spezifizierung der Transformation) von Daten aus den ERP-Systemen von SAP, Oracle und J.D. Edwards. Weitere Quellsysteme lassen sich einbinden.

- Vordefinierte Star-Schemata, die laut Hersteller für typische Berichts- und Analyseaufgaben in den Bereichen Verkauf, Finanzen, Beschaffung sowie Bestandsverwaltung ausgelegt sind.

- Einen so genannten Production Assistant, der die Extraktion, Transformation und das Laden von wechselnden Datenbeständen sowie die manuelle Anpassung der Prozesse steuert und überprüft.

- Wiederverwertbarkeit von Dimensionen in neu hinzukommenden Data Marts.

- Standardberichte und Kataloge, die mit dem Reporting-Produkt "Impromptu" erstellt wurden und typische Schlüssel-Einflussfaktoren (Key Performance Indicators) für Berwertung der Unternehmensleistung berücksichtigen, sowie Standard-Analyse-Berichte für Online Analytical Processing (Olap) mit der Server-Software "Powerplay".