Client-Server veraendert Personalstrukturen Viele DV-Nomaden wandern in die naechste Mainframe-Oase

14.10.1994

FRAMINGHAM (IDG) - Downsizing bedeutet fuer viele Unternehmen einschneidende Veraenderungen in den IT-Abteilungen. Dabei muessen sich oft auch jene Mitarbeiter verabschieden, die nicht bereit oder in der Lage sind, entsprechend den Client-Server-Dimensionen umzudenken oder in der neuen Umgebung nicht mehr gebraucht werden.

Ganz so krass wie bei dem amerikanischen Versicherungs- und Finanzberatungsunternehmen Lincoln National Corp. muss die Personalpolitik im Zuge einer DV-Umstrukturierung nicht aussehen. Obwohl der Schwenk von einem IBM-Host auf eine RS/6000-Umgebung noch nicht abgeschlossen ist, wurde bei Lincoln die IS-Mannschaft bereits um die Haelfte reduziert. Betroffen von den Stellenkuerzungen waren vor allem die als Schnittstellen zwischen Anwendern und IT eingesetzten Experten. Ihre Aufgabe war es, die DV-relevanten Geschaeftsablaeufe innerhalb einzelner Abteilungen an das RZ zu uebermitteln. Seit die Anwender im Rahmen des Client- Server-Computings Werkzeuge fuer den direkten Datenzugriff in Haenden halten, gebe es keinen Platz mehr fuer Personal auf derartigen Middleware-Positionen, begruendet Lincoln-Chef Bob Malik die Entscheidung.

Andere US-Unternehmen ueberstehen den Wechsel der DV-Strukturen mit weitaus weniger Personaleinschnitten. Die Erfahrungen der Analysten zeigen, dass etwa ein Drittel der Betroffenen bereit ist, den Schwenk in die neue Technikumgebung mitzumachen und darin eine Chance sieht, weitere Berufserfahrungen zu sammeln. Ein weiteres Drittel versucht ohne erkennbares Engagement, irgendwie im Job zu bleiben, waehrend der Rest mehr oder weniger freiwillig geht.

Fest steht allerdings, dass die ehemaligen Spezialisten umlernen und mehr als Generalisten auftreten muessen. Zu den gefaehrdeten Stellen gehoeren die Jobs der Operatoren von Chargeback-Systemen, die in einer Client-Server-Welt nicht mehr gebraucht werden. Ebenso haben Cobol-Programmierer ohne Weiterbildung kaum noch Berufschancen. Auf wackelnden Stuehlen sitzen auch Experten fuer Transaction-Processing-Monitore wie CICS. TP-Monitore stehen beim Downsizing nicht selten auf der Abschussliste, da sie die vom Client-Server-System erhoffte Flexibilitaet der DV gefaehrden.

Doch auch die fuer Hire and fire bekannten US-Unternehmen versuchen zunaechst, das vorhandene Personal umzuschulen und weiter in der Firma zu beschaeftigen. Eine Assembler-Crew auf 4GL von Oracle oder Informix einzustimmen, scheint sich eher zu lohnen, als teure Kraefte von aussen einzukaufen, die mit den Geschaeftsablaeufen nicht vertraut sind. Trotz dieser Bemuehungen gelingt es nur selten, die Mitarbeiter zu halten. Amerikanische Analysten sprechen bereits von einer Wanderung der DV-Nomaden. Viele Fachleute wuerden sich lieber eine altvertraute Arbeit in einer neuen Umgebung suchen, als eine neue Arbeit in der alten Firma zu verrichten.