Computerworld zeichnete erfolgreiche Anwender aus

Client-Server trägt meßbar zum Geschäftserfolg bei

20.09.1996

Zum zweiten Mal kürte die "Computerworld" heuer diejenigen US- Unternehmen, die ihrer Ansicht nach am erfolgreichsten mit der Client-Server-Technik umgehen. Dabei verließ sich das Fachblatt nicht allein auf das Urteil seiner Redakteure, sondern zog renommierte Berater hinzu: Hilfestellung leisteten die Systemintegratoren von Cambridge Technology Partners sowie Susan Cohen, Präsidentin der Aarons Group in Marblehead, Massachusetts. Am Ende des Bewertungsprozesses (siehe Kasten) kristallisierten sich vier Sieger heraus: die Bank of Boston, Sears Roebuck, die Vanguard Group und Allied Signal.

Zwei der von "Computerworld" ausgezeichneten Unternehmen standen vor wenigen Jahren kurz vor dem geschäftlichen Aus. Nicht zuletzt, weil sie kräf-tig in die Informationstechnik investierten, gelang ihnen letztendlich aber doch noch der Turn-around.

Eine dieser Organisationen ist die Bank of Boston. Die Rezession im nordostamerikanischen Immobilienmarkt hatte das mehr als 200 Jahre alte Bankhaus 1992 an den Rand des Ruins gebracht. Aufgrund seiner mangelhaften IT-Ausstattung gelang es dem Finanzdienstleister nicht, die Immobilienschwäche durch ein stärkeres Engagement im Kapitalmarkt auszugleichen.

Doch unter der Leitung des neuen Direktors Stephen Scullen wurde in den folgenden anderthalb Jahren die gesamte Geldhandels- Abteilung modernisiert. Im Rahmen des 32 Millionen Dollar teuren Projekts mußte die veraltete Informationstechnik einer Client- Server-Infrastruktur weichen. Diese Umgebung bildet heute unter anderm die Basis für ein bankumfassendes Risiko-Management-System.

Das Treasury Risk Management System (TRMS) versetzt die Händler in die Lage, die möglichen Auswirkungen eines Kaufs oder Verkaufs bereits während der Transaktion zu erkennen. Für die 40 Broker im Devisenbereich ist diese Applikation bereits im Einsatz. Laut Keith Cheveralls, im Rang eines Managing Director für den Fremdwährungshandel verantwortlich, hat sich die Anwendung in weniger als einem Jahr bezahlt gemacht: Da TRMS nicht nur das Risiko kalkulierbar mache, sondern auch den Handelsprozeß beschleunige, könne ein Makler heute dreimal so viele Abschlüsse in derselben Zeit erledigen wie vor der Umstellung. Innerhalb des kommenden Jahres will die Bank das System für alle ihre Produkte nutzbar machen. Das nächste Ziel besteht darin, die Applikation auf das Web zu bringen und so den Großkunden zur Verfügung zu stellen.

Auch die Handelskette Sears Roebuck & Co. mit Sitz in Hoffman Estates, Illinois, hat eine schwere Krise hinter sich. Vor einigen Jahren stagnierten plötzlich die Umsätze des Unternehmens. Die anschließende Restrukturierung führte dazu, daß 100 der 900 Sears- Filialen dichtmachten und 40 000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verloren. Gleichzeitig gab das Unternehmen, das heute einen Jahresumsatz von 35 Milliarden Dollar vorweisen kann, in drei Jahren 180 Millionen Dollar für eine neue IT-Struktur aus. Bislang sind 20 eigenständige Client-Server-Anwendungen im Einsatz.

Als strategisch gilt das "Merchandise Information Warehouse System", das mittlerweile von 1800 Anwendern in Anspruch genommen wird. Es versorgt Marketing-Mitarbeiter und Abteilungsleiter mit Informationen über Lagerbestände und Verkaufsergebnisse, damit sie die Einkaufsmengen und ihre Vertriebsstrategien besser planen können.

Früher mußten die Sears-Angestellten unterschiedliche und zum Teil widersprüchliche Datenquellen anzapfen, um alle wichtigen Informationen zusammenzutragen. Heute können sie statt dessen ihre Zeit und Energie auf die Frage verwenden, wie sich die gesammelten Daten nutzen lassen.

Das Investment-Unternehmen The Vanguard Group Inc. mit Sitz in Valley Forge, Pennsylvania, überzeugte die "Computerworld"-Jury mit Hilfe einer Intranet-Applikation. "Participant Online" (POL) nennt sich das System, das für einen großen Kunden geschaffen wurde, aber bereits das Interesse weiterer Mitglieder der Vanguard-Klientel geweckt hat. POL ermöglicht den direkten Zugriff auf Teile der Vanguard-Datenbanken. So lassen sich die zwischen Anbieter und Kunde auszutauschenden Informationen schneller aktualisieren und billiger ausliefern.

Dadurch, daß POL das traditionelle User-Interface durch einen Web- Browser ersetzt, bleibt es Vanguard erspart, eine separate Client- Software bereitzustellen. Eigenen Angaben zufolge verzeichnet das Unternehmen rund 400 POL-Zugriffe im Monat. In Planung ist eine ähnliche Dienstleistung für die Allgemeinheit der Kunden - via America Online und World Wide Web.

Qualitäts-Management bis in die Entwicklung

Last, but not least gewann auch der in Morristown, New Jersey, ansässige Konzern Allied Signal Inc. die Hochachtung der "Computerworld". Mit 14 Milliarden Dollar Umsatz und 87 000 Mitarbeitern gehört das Unternehmen, das Zubehörteile für die Luftfahrt- und Autombilindustrie produziert, zu den 500 größten Betrieben der USA. Trotz dieser Quantitäten verfolgt es ein striktes Total-Quality-Management (TQM). "Wir wollen die Herstellkosten verringern und gleichzeitig den Dienst am Kunden verbessern", definiert IS-Direktor Eric Singleton sein Ziel.

3000 Teams in 30 Ländern arbeiten daran, die Geschäftsprozesse an die TQM-Richtlinien anzupassen. Damit sie nicht dieselben Probleme mehrfach lösen, hat Allied Signal im vergangenen Jahr eine Qualitätssicherungs-Software auf der Grundlage eines Client- Server-Systems entwickelt.

"TQ Soft" integriert alle Qualitätsverbesserungs-Prozesse des Unternehmens in einem einzigen, generell zugänglichen Repository. Wie Singleton beteuert, erreichen die Teams mit dieser Software- Anwendung ihre Ziele in der Hälfte der vorher benötigten Zeit. Bislang läuft TQ Soft auf Windows-Clients über kurz oder lang wird die Applikation jedoch Intranet-fähig sein.

Auch mit der Entwicklung von TQ Soft orientierte sich das Unternehmen an seinen TQM-Richtlinien. Unter Zuhilfenahme des "Microsoft Solutions Framework" errichteten Singleton und seine Mitarbeiter einen Software-Engineering-Rahmen ("Software Integration and Management" = Swim), an dem sich der Entwicklungsprozeß zu orientieren hatte - für die "Computerworld" ein Beweis dafür, daß Client-Server-Computing den Status des IV- Mainstream erreicht hat.

Vorgehensweise

Die Gewinner der "Client/Server-Excellence"-Preise wurden in einem vierstufigen Prozeß ermittelt. Zunächst unterzog die "Computerworld" mehr als 1000 Unternehmen einem "Quickie Quiz". 70 Organisationen stellten auf diese Weise ihre grundsätzlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten in puncto Client-Server unter Beweis 50 von ihnen wurden detaillierter untersucht - hinsichtlich ihrer Applikations-Portfolios, ihrer technischen Architektur, ihrer IT-Organisation, ihrer "Vision", ihres Budgets und ihres Return on Investment (ROI) auf dem Client-Server-Sektor. Mit den 20 Unternehmen, die sich hier als die besten herauskristallisierten, führten professionelle Rechercheure gezielte Interviews, um herauszufinden, wie sorgfältig und komplex der Client-Server-Ansatz jeweils verfolgt würde. Ein Expertenkomitee bewertete die 15 Finalisten dann bezüglich der Übereinstimmung von Geschäft und Technik, des ROI, des technischen Wissens, des Prozeß-Know-hows, der Organisationsstruktur und der generellen Vision.