Citrix treibt Virtualisierung auf die Spitze

02.11.2006
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Wolfgang Miedl arbeitet Autor und Berater mit Schwerpunkt IT und Business. Daneben publiziert er auf der Website Sharepoint360.de regelmäßig rund um Microsoft SharePoint, Office und Social Collaboration.

Vista-Migrationszauber

Der von Templeton vorgeführte Vista-"Migrationszauber" ist vor diesem Hintergrund schnell erklärt: Der Anwender arbeitet in einem mittels VMware bereitgestellten XP-Image. Anwendungen, Daten und Einstellungen sind vom System entkoppelt, indem unter anderem die Citrix-eigene Virtualisierungstechnik "Tarpon" benutzt wird. Diese ist vergleichbar mit dem Microsoft-Neuerwerb "Softricity" - sie schottet Anwendungen und Benutzerdaten vom eigentlichen Windows-System ab und erleichtert somit Migrationen und Neuinstallationen sowie den Austausch von System-Images. Der Administrator muss dabei den Benutzer lediglich kurzzeitig aus einer Windows-XP-Sitzung ausloggen, das Betriebssystem-Image in VMware gegen ein neues wie etwa Vista austauschen und abschließend alle individuellen Daten und Einstellungen auf das neue Image umlenken - schon ist der Vista-Client einsatzbereit. Der "Desktop Broker" ist bereits als kostenlose Erweiterung für den Presentation Server 4.0 erhältlich, die gesamte Lösung soll im ersten Quartal 2007 verfügbar sein.

Als weitere Neuigkeit hat Citrix auf seiner Messe den Start der "Dynamic Desktop Initiative" bekannt gegeben. Templeton stellt die verfügbaren Techniken zur Desktop-Virtualisierung als strategische Option dar: "Egal, ob Mitarbeiter im Unternehmen oder an externen Arbeitsplätzen arbeiten - sie verfügen überall über einen sicheren, uneingeschränkten Zugriff auf Anwendungen und Desktops." Gleichzeitig bildet diese Initiative erstmals eine organisierte Plattform für die vielen verschiedenartigen Player im Citrix-Ökosystem - angefangen bei den Thin-Client-Anbietern (Wyse, Neoware, VXL) über die Server- und Virtualisierungs-Anbieter (Dell, HP, IBM, Microsoft, AMD, VMware) bis hin zu Management-Spezialisten (Enteo, Appsense, Gemalto).

Im Zeichen des anstehenden Generationswechsels bei Microsoft auf den Windows-Server "Longhorn" standen auch die Präsentationen rund um die nächste Generation des Presentation Server (Codename "Ohio"). Bezeichnend dabei war zum einen, dass Konferenzteilnehmern die Roadmap gemeinsam mit einem Vertreter von Microsoft vorgestellt wurde. Hielten Branchenkenner noch bis vor kurzem Citrix für ein natürliches Beuteobjekt, das die Redmonder spätestens mit der nächsten Ausbaustufe des "Windows Terminal Server" getilgt haben würden, so demonstrierte der Juniorpartner diesmal ganz selbstbewusst den Mehrwert seiner Lösungen.

Eines der Highlights ist dabei zweifellos "Pictor", eine Beschleunigertechnik für 3D-Anwendungen. Dieser grafische Highend-Bereich galt bisher als uneinnehmbare Festung für Terminal-Server, nun aber ermöglicht die Kombination aus 3D-Hardware am Server, einem ICA-entkoppelten Grafikdatenkanal sowie schnelleren Chips am Thin Client, dass neuerdings auch CAD-Anwendungen wie "Catia" in einer gehosteten Umgebung bereitgestellt werden können.

Was ist ein Thin Client?

Thin Clients galten lange Zeit als Antipoden des Fat-Client-PC mit Windows: Ein minimales, wartungsfreies Embedded-System steuert an Industrie- und Büro-Arbeitsplätzen ein Terminal, wobei der Desktop und die Anwendungen aus der sprichwörtlichen (LAN-)Steckdose kommen. Mittlerweile verschmelzen jedoch Thin-Client- und PC-Technik immer mehr. Auf dem Iforum stellte die Firma VXL beispielsweise einen Hybrid-Client vor, der mit einem lüfterlosen VIA C7-Prozessor mit einem Megahertz Taktrate ausgestattet ist und in seinem Flash-ROM-Speicher das Windows-Derivat Windows XP Embedded beherbergt. Unternehmen können auf diese Weise leistungshungrige Anwendungen lokal bereitstellen, während sich geschäftskritische Software vom Terminal-Server aus über ein Citrix-Fenster publizieren lässt.