Citrix-Migration: Wenn Schwaben sparen

11.11.2007
Mit der Migration auf eine Citrix-basierende Terminal-Server-Struktur reduzierte die Landesbank Baden-Württemberg nicht nur ihre Betriebskosten, sondern gewann auch an Flexibilität.

Einsparung von rund 25 Prozent der IT-Kosten im Client-Server-Bereich, 14 Mitarbeiter die nun für andere Aufgaben zur Verfügung stehen – alleine die nackten Zahlen sprechen für den Erfolg des Konsolidierungsprojekts von Projektleiter Manfred Stäbler, stellvertretender Direktor und Leiter der Gruppe Client Infrastructure Services bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) in Stuttgart.

Projektsteckbrief

Projektart: Konsolidierung einer Client-Server-Umgebung hin zu einer Terminalserver-Infrastruktur; intern: Bankplattform 2.

Branche: Banken.

Zeitrahmen: Juli 2004 bis Ende März 2007.

Stand heute: erfolgreicher Rollout und Überführung in den Regelbetrieb.

Aufwand: Budget 14 Millionen Euro.

Produkte: Windows Server 2003, Citrix, Windows XP, visionapp Access Portal, Office- und Bankanwendungen, Blade-Server.

Dienstleister: Visionapp für Konzeption, Design und Implementierung, Fujitsu-Siemens Computers für Rollout.

Umfang: Migration von rund 10 000 Endgeräten für etwa 12 000 Anwender.

Ergebnis: Einsparung von 25 Prozent der Client-Server-Kosten, deutlich verbesserte Verfügbarkeit und Flexibilität, mobile Arbeitsplätze, free seating.

Herausforderung: Senkung der Kosten, Katastrophenfallfähigkeit, Flexibilisierung der Plattform, Schnittstellenproblematik von Legacy-Anwendungen im Zusammenspiel mit Citrix.

Nächster Schritt: steigende Mobilisierung der Anwender (UMTS-Karten für Notebooks), Virtualisierung der Serverumgebung, Ausbau 64-Bit-Architektur, Optimierung Energieverbrauch.

Günter Mattinger, Direktor "Data Center Services" und "Financial Markets Data Processing" ist überzeugt: Mit der Migration von einer Client-Server-Umgebung hin zu einer Terminal-Server-Infrastruktur hat das Projekt noch zwei weitere Ziele erreicht, die sich nicht in Zahlen ausdrücken lassen: Mehr noch als früher nimmt die Bank die IT jetzt als "Business enabler" wahr, der in der Lage ist, strategische Entscheidungen des Managements schnell umzusetzen. So können beispielsweise die Applikationen der Bank über Nacht an jedem Ort der Welt zur Verfügung gestellt werden. Auch auf der Anwenderseite stieg die Zufriedenheit mit der IT, denn die Zahl der Störungsfälle ging drastisch zurück, während die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der täglich genutzten Anwendungen enorm stieg.

Foto: Computerwoche

Vor diesen Erfolgen lagen für Stäbler und sein Team, einer Kernmannschaft von 30 Mitarbeitern, die zeitweise durch bis zu 90 Mitarbeitern aus anderen Bereichen der Bank unterstützt wurden, knapp drei Jahre harte Arbeit. Angesichts ständig steigender Betriebskosten für die klassische Client-Server-Architektur und dem abgelaufenen Herstellersupport für Betriebssysteme und Sicherheitskomponenten sah die IT-Abteilung laut Günter Mattinger, im Jahr 2004 Handlungsbedarf. Erschwerend kam hinzu, dass sich der Support für die verteilte Architektur mit drei zentralen Standorten in Stuttgart, Karlsruhe und Mannheim sowie dedizierten Servern in den rund 240 Filialen und Stützpunkten als aufwändig und kostspielig erwies. "Zudem war unsere damalige Struktur wenig flexibel und die Einführung neuer Anwendungen schwierig, denn bei jedem Rollout mussten wir erst prüfen, ob die Rechner vor Ort auch leistungsfähig genug waren", blickt Projektleiter Stäbler zurück.

So entstand Mitte 2004 eines der europaweit größten Zentralisierungsprojekte, in dessen Verlauf etwa 10.000 Anwender auf eine neue IT-Struktur überführt werden sollten. Mit der Integration der Baden-Württembergischen Bank (BW-Bank) im Jahr 2005 kamen während des Projekts dann noch einmal rund 2000 User hinzu. Angesichts der Erfahrungen aus der Vergangenheit standen die zentralen Punkte des Pflichtenheftes für das intern als "Bankplattform 2" bezeichnete Projekt schnell fest: Mit einer zentralen, modernen Architektur sollten die Betriebskosten reduziert, die Betriebsstabilität erhöht sowie Anwendungsintelligenz, -bereitstellung und Datenhaltung zentralisiert werden. Zudem sollte die neue Struktur flexibler sein, um schneller auf die Business-Anforderungen der Bank reagieren zu können. Gleichzeitig war die Reduktion auf zwei zentrale, für einen Katastrophenfall gerüstete, Rechenzentren geplant. Ferner wollten die Stuttgarter im Zuge des Projekts ihre Windows-NT-Domäne auf ein Active Directory migrieren und auf den Clients Windows XP als Betriebssystem einführen.

Bis Juni 2005 konzipierte und entwickelte das IT-Team die zentrale Plattform, die auf Basis des Citrix Presentation Servers mit Hilfe von Blade-Servern realisiert werden sollte. "Citrix bot zum damaligen Zeitpunkt das leistungsfähigste Konzept", begründet Stäbler die Entscheidung. "Und für den Blade-Ansatz sprach der geringere Platzbedarf verbunden mit einer hohen Verfügbarkeit sowie niedrigem Energieverbrauch", ergänzt Direktor Mattinger.

Das Unternehmen

Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) mit Hauptsitzen in Stuttgart, Karlsruhe und Mannheim ist die größte Bank im Südwesten Deutschlands. In der Bundesrepublik zählt sie zu den fünf größten Kreditinstituten, weltweit zu den 50 größten Banken. Die Bilanzsumme der Universalbank und internationalen Geschäftsbank betrug im Jahr 2006 428 Milliarden Euro, der Jahresüberschuss lag bei 828 Millionen Euro. Für das Unternehmen arbeiten mehr als 12 250 Mitarbeiter an rund 220 Standorten/Filialen in Deutschland sowie 23 Stützpunkten weltweit. Die LBBW entstand am 1. Januar 1999 aus der Vereinigung von SüdwestLB, Landesgirokasse und Marktteil der L-Bank. Anfang 2005 wurde die Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP) als 100prozentige Tochter in den LBBW-Konzern integriert. Im August 2005 erfolgte die Eingliederung der Baden-Württembergischen Bank (BW-Bank).

Als Dienstleister holte sich die LBBW die Frankfurter visionapp GmbH sowie Fujitsu-Siemens Computers (FSC) mit ins Boot. visionapp unterstützte dabei die Banker beispielsweise bei Konzeption, Design und Implementierung der zentralen IT-Infrastruktur sowie der Einführung eines Anwenderportals. Das Portal ist für die Bankmitarbeiter der zentrale und personalisierte Einstiegspunkt, um auf die verschiedenen Anwendungen zuzugreifen.

Als Rollout-Dienstleister war FSC später für die Softwarebetankung der PCs mit Windows XP, den Rollout sowie die Aufarbeitung und Erweiterung ältere PCs zuständig. Dabei verlief die Zusammenarbeit mit beiden Dienstleistern, so Mattinger und Stäbler unisono, sehr gut und ohne Probleme. Ein Grund für die reibungslose Zusammenarbeit liegt sicher darin, dass die Stuttgarter auf einer extra für das Projekt freigeräumten Bürofläche externe Mitarbeiter und interne IT-Kollegen zu einem Team zusammenführten. Dieses Vorgehen hatte für Mattinger noch einen weiteren Vorteil: "Auf diese Weise stellten wir sicher, dass zwischen dem Dienstleister und unseren eigenen Mitarbeiter ein ständiger Wissenstransfer stattfand."

Vor dem eigentlichen Rollout - der dann 10.000 Endgeräte, 900 Terminal-Server, 100 Dienste-Server sowie 6000 Drucker umfasste – betrieb die LBBW im November 2005 noch zwei Pilotversuche. "Zu 95 Prozent liefen die Anwendungen reibungslos auf der neuen Terminalserverplattform", erinnert sich Stäbler. Lediglich einige spezielle Bankapplikation bereiteten wegen ihren Schnittstellen Schwierigkeiten, und der eine oder andere Citrix-Parameter benötigte ein Fein-Tuning, um die bestmögliche Performance zu erzielen. Eine Performance, die sich sehen lassen kann, wie Stäbler beim Plattformzugriff via UMTS demonstrierte: Selbst über das Mobilfunknetz ist die Citrix-Umgebung der Banker leistungsstärker als manche LAN-Implementierung in anderen Unternehmen.

Weitere Maßnahmen, die für Stäbler maßgeblich zum Erfolg des Projekts beitrugen, waren die frühzeitige Einbeziehung der Anwender in den Fachbereichen sowie Umfragen unter Pilotanwendern. Dies trug nicht nur dazu bei, dass die Zahl der unterstützten Applikationen von knapp 400 auf 280 reduziert werden konnte, sondern führte auch dazu, dass die Anwender von Beginn an die neue Plattform akzeptierten und nicht in Frage stellten. Unterstützende Maßnahmen wie ein Flyer, der den Umgang mit dem Anwendungsportal erklärt, trugen ihr Übriges dazu bei, dass die User gleich mit der neuen Plattform zurechtkamen. (hi)