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Ciscos größter Deal: Ein kleines Start-up

26.08.1999

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Zahltag für die Investoren der kalifornischen Cerent Corp. 6,9 Milliarden Dollar in Aktien ist es Cisco wert, das kleine Start-up-Unternehmen aus Petaluma künftig unter seine Fittiche zu wissen. Die Geldgeber spendierten dem 1997 gegründeten Hersteller von TK-Switches bis dato gerade mal 85 Millionen Dollar Anschubhilfe und erhalten nun mehr als das achtzigfache zurück. Frühe Investoren wie Kleiner Perkins Caufield & Byers haben beispielsweise für acht Millionen Dollar 30,8 Prozent der Cerent-Aktien erworben und erhalten dafür nun Cisco-Anteilsscheine im Wert von 2,1 Milliarden Dollar.

„Unglaublich und beispiellos“, kommentierte Greg Rossman, Management Director der Investment-Bank Broadview International den Deal. Cisco kauft für sehr viel Geld ein Unternehmen, das gerade mal 10 Millionen Dollar Umsatz nachweisen kann, dafür aber akkumulierte Verluste von knapp 60 Millionen Dollar eingefahren hat. Zum Vergleich: Die bislang größte Cisco-Akquistion war der ATM-Spezialist Stratacom, der 1996 für 4,6 Milliarden Dollar übernommen wurde. Stratacom hatte einen Jahresumsatz von 330 Millionen Dollar und 1000 Mitarbeiter.

Cisco rechtfertigt den überzogenen Preis folgendermaßen: Man habe sich durch den bevorstehende Börsengang von Cerent an der hohen Marktkapitalisierung anderer Networking-Start-ups orientiert, die den gleichen Schritt unternommen haben. Beispielsweise betrug der Wert von Juniper Networks drei Monate nach dem erstmaligen Aktienverkauf elf Milliarden Dollar.

Cisco-CEO John Chambers erwartet von Cerent einen erheblichen Umsatzschub und bemühte dazu den Vergleich zu einer Akquisition aus dem Jahr 1993. Damals wechselte Crescendo für 92 Millionen Dollar unter das Cisco-Dach. Heute fließen durch diese Investition pro Jahr 4,5 Milliarden Dollar in die Taschen des Networking-Platzhirschen.

Cerent fertigt für Carrier die Switching-Plattform „Cerent 454“, die Internet- und Sprache gleichermaßen über Glasfaserstrecken überträgt. Dabei erreicht das Gerät sehr hohe Durchsatzraten, so daß sich vorhandene Übertragungswege besser auslasten lassen. Das Gerät setzt auf die WAN-Protokolle Sonet (Synchronous Optical Network) und SDH (Synchronous Digital Hierarchy) auf, die in vielen TK-Backbones eingesetzt werden. Marktanalysten gehen davon aus, das die TK-Branche in den kommenden Jahren bis zu 100 Milliarden Dollar investiert, um in ihrer Infrastruktur Daten und Sprache zu integrieren.