Cisco: Zum Wachstum verdammt

02.02.2006
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Verbunden sind die einzelnen Geräte durch Linksys-Komponenten, die gleichzeitig das Gateway zum Internet bilden. Noch ist dieses Szenario auf den Entertainment-Bereich beschränkt, doch bereits in naher Zukunft dürfte hier das Thema Home Control hinzukommen. Erst kürzlich tätigte Cisco ein strategisches Investment in die Firma Zensys. Diese baut Funkchips nach der Zwave-Norm. Insidern zufolge arbeitet Linksys bereits daran, in seine Router ein Zwave-Web-Frontend zu integrieren, so dass der Benutzer beispielsweise von unterwegs aus via Internet seine Heizung ein- und ausschalten kann.

Diversifizierung

Und damit diese vernetzte Heimwelt auch für die Content-Anbieter und Netzbetreiber wirtschaftlich interessant ist, adressiert Cisco das Thema IP-Billing und -Provisioning mit Digital Fairway. Die Software des Unternehmens soll nicht nur das Management der IP-Multimedia-Netze vereinfachen, sondern auch eine Tarifierung von IP-Diensten ermöglichen.

Noch ist allerdings für Außenstehende wenig vom Unterhaltungselektronik-Konzern Cisco zu sehen, da die Endkunden nur die einzelnen Marken wahrnehmen. Unternehmensnahe Kreise schließen deshalb nicht aus, dass Marken wie Kiss oder Scientific Atlanta bald verschwinden und die Produkte unter dem Dach von Linksys als der Consumer-Marke von Cisco zusammengeführt werden. Gleichzeitig würde dieser Schritt die Diversifizierung des Unternehmens in einen Unternehmenskunden- und einen Konsumentenbereich untermauern.

Ciscos Visionen der Netzwelt von morgen

Um Ciscos Unternehmenspolitik und Akquisitionsstrategie besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die Vision der Company. Hierbei unterscheidet das Unternehmen den Heim- und den Corporate-Markt. Im Heimbereich, so ist man bei Cisco überzeugt, geht der Trend zum IP-basierenden Home-Entertainment. Dabei dienen IP-Netze, egal ob drahtlos oder kabelgebunden, als Transportmedium für Video, Voice und Audio. In fünf Jahren soll dann bereits IP-basierendes Video wie selbstverständlich zu unserem persönlichen Kommunikationsverhalten gehören. Erste Eindrücke, wohin die Reise gehen könnte, vermitteln Produkte wie Skype Video oder ein DVD-Player der Cisco-Tochter Kiss, der nicht nur Web-Radio empfängt, sondern auch die Wettervorschau oder Aktienkurse aus dem Internet zieht. Allerdings wäre es zu kurz gegriffen, das Thema Home-Networking auf Entertainment zu reduzieren. Mit dem Einzug der IP-Netze erlebt das "intelligente Haus", oder wie die Amerikaner formulieren, die "Home Automatisation", ihr Comeback. Hier investierte Cisco erst im Dezember in die Firma Zensys, die Zwave, einen mit Zigbee konkurrierenden Funkstandard, entwickelt hat.

Im Enterprise-Umfeld erwartet Cisco eine grundlegende Veränderung der Business-Prozesse. Anstelle der heute üblichen transaktionsorientierten Geschäftsabläufe - etwa bei der Kreditkarte - prägen Interaktionen die Business-Welt von morgen. Ein Paradigmenwechsel, der dazu führen wird, dass Unternehmen wesentlich schneller agieren müssen. Für die IT hätte dies zur Konsequenz, dass immer mehr Intelligenz ins Netz wandert, damit der Anwender sofort mit einer Applikation "sprechen" kann. So ist für Cisco vorstellbar, dass SAP-Dienste künftig direkt auf einem Router laufen und über die erforderlichen Schnittstellen verfügen, um Informationen aus einer Datenbank zu holen, ohne sich - übertrieben formuliert - vorher bei 20 Servern zu authentifizieren.