35. Rekordquartal in Folge

Cisco will es mit den Giganten Nortel und Lucent aufnehmen

12.11.1998
MÜNCHEN (gh) - Mit einer offenen Kampfansage an die TK-Equipment-Giganten Nortel und Lucent Technologies geht Cisco Systems in die Offensive. Die ehemalige Router-Company nutzte die Bekanntgabe der Ergebnisse des ersten Quartals, um ihren Anspruch als führender Anbieter von Internet- und Datenkommunikations-Hardware zu untermauern.

"Lucent und Nortel haben uns den Krieg erklärt. Und wir haben nicht vor, klein beizugeben." Mit dieser martialischen Bemerkung dokumentierte James Richardson, für die Region Europa und Mittlere Osten (EMEA) verantwortlicher Senior Vice-President von Cisco Systems, vergangene Woche vor der Wirtschafts- und Fachpresse in München Selbstbewußtsein. Sein Unternehmen wolle, so der Cisco-Manager, in der unternehmensweiten WAN- und LAN-Kommunikation der "führende Anbieter" bleiben und sich zudem als "Leading-edge"-Company beim Aufbau von Infrastrukturen für globale Internet-Anwendungen etablieren.

Richardsons Spitze zielt auf das aktuelle Marktgeschehen. Bekanntlich kommen die Kalifornier mit ihrer neuen Positionierung den bisher klassischen Telco-Ausrüstern wie Nortel, Lucent Technologies, Ericsson, Alcatel und Siemens ins Gehege. Grund: Seit geraumer Zeit ist von der Konvergenz von Sprach- und Datennetzen auf Basis des Transmission Control Protocol/Internet Protocol (TCP/IP) die Rede. Die durch die Web-Mania erzeugte Datenflut schwappte nicht nur auf IP-basierte Computernetze über, sondern beeinflußt auch das Geschäft der Telefongesellschaften. Jüngsten Untersuchungen zufolge wächst derzeit der weltweite Datenverkehr achtmal schneller als die Sprachkommunikation - ein Tatbestand, der durch die jüngsten Umsatzzahlen der großen Carrier untermauert wird.

Nicht umsonst strecken TK-Equipment-Giganten wie Nortel, Lucent und Ericsson die Fühler nach dem Datenkommunika- tionsmarkt aus. Die bisherigen Haus- und Hoflieferanten der Telcos benötigen dringend Know-how in Sachen "Voice-over-IP", um die Bedürfnisse ihrer Kundschaft nach Web-Bandbreite und Internet-Telefonie zu befriedigen. Insider gehen deshalb davon aus, daß der vor einigen Monaten erfolgte Kauf von Bay Networks durch Nortel erst der Anfang einer ganzen Reihe von Mergern sein dürfte. Ausgewiesene IP-Spezialisten wie Ascend und Newbridge gelten als potentielle Übernahmekandidaten. Zeitweise wurde selbst Cisco als ein solcher gehandelt.

Richardson wies indes diese Spekulationen als "lächerlich" zurück. Schon aufgrund des aktuellen Börsenwerts seiner Company von rund 115 Milliarden Dollar erübrigten sich hier "weitere Diskussionen". Überdies werde man in "ein oder zwei Quartalen" Wettbewerber wie Nortel in puncto Umsatz mit IP-basierter Vermittlungstechnik überflügelt haben, lehnte sich der Cisco-Verantwortliche aus dem Fenster. Außen vor in Richardsons Kampfansage blieben indes Alcatel und Siemens - was nicht weiter verwundert, sind beide Konzerne doch die größten Wiederverkäufer und Systemintegratoren von Cisco-Produkten in Europa.

Im ersten Quartal des Geschäftsjahres 1999 (Ende: 24. Oktober 1998) kamen die Kalifornier auf einen Umsatz von 2,59 Milliarden Dollar, was einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 38 Prozent entspricht. Unter dem Strich blieb im 35. Rekordquartal in Folge ein Nettogewinn von 518 Millionen Dollar oder 31 Cent je Aktie übrig. Dies dokumentiere, so Richardson, unsere "finanzielle Stärke und Unabhängigkeit".