Intranet-Anwendungen/ E-Mails gehören zur Firmenkultur

Cisco: Verkaufen heißt kommunizieren - auch innerhalb des Unternehmens

26.02.1999
Für schnell wachsende Firmen ist eine zuverlässig funktionierende Unternehmenskommunikation lebensnotwendig. Die Netzwerk-Company Cisco hat auf Basis des Push- und Pull-Informationssystems von Back Web ein "Broadcastsystem" für den Eigenbedarf entwickelt. Roland Keller hat sich bei Cisco umgesehen.

Wichtige Informationen laufen an Carsten Queißer nicht mehr vorbei. Sie landen auf seinem Bildschirm. Noch bevor der Product Marketing Manager von Cisco Systems Deutschland in den Eingangskorb seiner E-Mail schaut, hat er einen Überblick über relevante interne Nachrichten. Bei über 500 E-Mails, die Queißer pro Woche erreichen, kann er sichergehen, daß nichts Wichtiges übersehen wird. Cisco Cast (abgeleitet von Broadcast), so der Name des Informations-Management-Systems der globalen Company, sorgt dafür, daß die Informationen dort ankommen, wo sie hinsollen. Die News flattern zudem als Banner, als winkende Männchen oder gar als Screensaver direkt auf den Desktop und sind nicht zu übersehen und je nach Voreinstellung auch nicht zu überhören. In der Headline ist sofort die Wertigkeit der Sendung erkennbar. Scroll-Balken zeigen entscheidende Teile der Nachricht, und nach dem Anklicken öffnet sich ein Browser-Fenster mit dem gesamten Text. Weitere Verweise führen zu Datenbanken und liefern Zusatzinformationen, ganz im Stil einer Internet-/Intranet-Datenbank.

Anfang 1998 führte Europa Vice-President Richard Freemantle auf Basis der Back-Web-push-and-pull-Technik Cisco Cast ein, das heute dafür sorgt, daß die Unternehmensnachrichten an ihren jeweiligen Zielen ankommen. Der Einführung ging, so Freemantle, ein "persönlicher Info-GAU" voraus.

CEO John Chambers hatte ihm eine wichtige Bekanntmachung per E-Mail gesandt, die Freemantle in der E-Mail-Flut übersehen und gelöscht hatte. Als Chambers ihn um seine Meinung dazu bat, hatte er keine Antwort parat. In vielen Firmen wäre dies nur ein kleiner Fauxpas gewesen. Bei Cisco ist die Nichtbeachtung einer E-Mail jedoch ein krasser Verstoß gegen die Unternehmenskultur -schließlich ist die elektronische Kommunikation das Geschäft der Gesellschaft.

Um derartige Unannehmlichkeiten künftig zu vermeiden, suchte Freemantle nach einer Vorgehensweise, die die Aufmerksamkeit auf wichtige Nachrichten lenkt und in der schnell wachsenden Company umfassend einsetzbar ist. Unter verschiedenen Push-Applikationen entschied sich der Vice-President für Back Web, dessen Redaktionssystem, Multimedia-Eigenschaften, Akzeptanzkontrolle und nicht zuletzt seine technologischen Vorteile, wie zum Beispiel die Polite Technology, ihn überzeugten. Diese "höfliche Technologie" beugt dem Datenstau im Netzwerk vor, da die Daten im Hintergrund übertragen werden, was die Netzwerkressourcen schont.

"Ob eine E-Mail tatsächlich gelesen wird, kann ich als Absender nicht kontrollieren. Doch haben wir den Vorteil, zu erkennen, wie der Empfänger die Nachricht behandelt, ob er auf sie reagiert oder aktiv tiefere Informationshierarchien abruft. So bekommen wir auch Hinweise, wie sich die Informationen besser gestalten lassen", so Freemantle gegenüber dem Londoner "Sunday Business". In der Regel werden wichtige Unternehmensinformationen sowohl per E-Mail als auch über Cisco Cast verbreitet. Durch die "Instant Push Info" wird der Empfänger für die Nachricht zusätzlich sensibilisiert und kann die Priorität einer Mail noch besser einschätzen.

Info-Broadcast für die Mitarbeiter

Inzwischen gehört das Casting-System zum Alltag der über 14000 Mitarbeiter. Die Pforte zum Cisco-Intranet (wwwin) bildet die interne Home-Page, die sich beim Start des Browsers öffnet und aktualisiert. Auf dieser Oberfläche liegen ähnlich wie bei Yahoo, Netscape und anderen Portal Sites nicht nur die Zugänge zur umfangreichen Knowledge Database. Das Cisco-Intranet-Portal-Site erschließt auch sämtliche aktuellen News zum Unternehmen bis hin zu den ständig aktualisierten Börsenkursen.

Die wichtigsten individuellen Kommunikationsinstrumente sind allerdings die E-Mail und das Voice-Mail-System. "Wer seine Voice-Mail nicht kontrolliert und beantwortet, bekommt rasch Probleme. Kollegen auf Antwort warten zu lassen gehört nicht zur Cisco-Kultur", so Queißer, "nicht anders als bei der textuellen elektronischen Post." Besonders kritisch werden Kommunikationsverzögerungen mit Kunden gesehen. Queißer: "Das könnte die Kundenzufriedenheit beeinträchtigen und damit den Grundsatz unserer Unternehmensphilosophie verletzen."

Es ist deshalb nicht verwunderlich, wenn sowohl intern als auch extern die Dynamik und der Erfolg der Netzwerk-Company eng mit ihren Kommunikationsstrukturen in Verbindung gebracht werden. Nur so ließen sich Wachstum und Integration von rund zwei Dutzend Unternehmen unter der Cisco-Flagge erklären, meinen Analysten.

Das Geschäftsjahr 1997/98 schloß mit 66 Prozent Umsatzplus zum 31.Juli 1998. 4,1 Milliarden Dollar von 8,5 Milliarden Dollar Gesamtumsatz wurden allein über das Internet umgesetzt. Verkaufen heißt demzufolge bei Cisco vor allem kommunizieren, und zwar auch innerhalb des Unternehmens. Sonst wären wohl kaum die ehrgeizigen Ziele zu erreichen, schon im Jahr 2000 mehr als zehn Milliarden Dollar via Internet umzusetzen. Flache Hierarchien, kurze Kommunikationswege zwischen Entwicklung und Marketing, schnelle Reaktionen auf Kundenwünsche und eine ausgefeilte Logistik gehören offensichtlich zu den Erfolgsfaktoren. Kein Wunder, daß die Akzeptanz der Mail- beziehungsweise Cast-Systeme als hoch eingeschätzt wird. Schließlich werden die Mitarbeiter im wesentlichen elektronisch auf dem laufenden gehalten.

Dies reicht von allgemeinen Infos für alle Unternehmensbereiche bis hin zum täglichen Kurs der Cisco-Aktie, die Mitarbeiter als Bonus erhalten. Zum anderen enthalten die Cast-Inhalte auch unternehmenskritische Meldungen, die gezielt aus der US-amerikanischen Zentrale an speziell definierte Empfängerkreise "gepusht" werden: Beispielsweise Technikneuerungen an verantwortliche Stellen in der Produktentwicklung, Produkt- und Preis-Updates für den Vertrieb oder Verfügbarkeitsdaten an die Marketing-Abteilungen auf der ganzen Welt.

Welche Channels sich Mitarbeiter einstellen und wie sie das Web zur Informationsbeschaffung nutzen, bleibt, so Queißer, jedem selbst überlassen. "Je professioneller ich die Kommunikationskanäle nutze, um so besser erreiche ich meine Ziele."

Die Geschäftsführung und das Management der drei Geschäftsbereiche können davon ausgehen, daß eine Cast-Message innerhalb weniger Minuten auf mehr als 13000 Bildschirmen auftaucht und auch wahrgenommen wird. Gesteuert wird das System von einer zentralen Redaktion im Mutterhaus in San Jose. Dort wird festgelegt, über welchen der rund 60 frei wählbaren Channels die Nachricht übertragen wird, damit sie die richtigen Adressaten erreicht. Die Empfänger wiederum können sich aus diesen Channels ein eigenes Informationsprofil bilden. Standort, Aufgabengebiet und Funktion gehören zu den Grundeinstellungen. Sie garantieren, daß sie die wichtigsten Nachrichten zuverlässig bekommen.

Will ein Unternehmensbereich eine bestimmte Mitarbeitergruppe erreichen oder die Geschäftsführung sämtliche Mitarbeiter direkt informieren, ist es möglich, die Filter zu überspringen.

Noch nutzt Cisco nicht den gesamten Funktionsumfang von Back Web, sondern legt das Hauptgewicht auf die Unterstützung der E-Mail-Kultur des Hauses und auf die Stärkung der Informationsdynamik. Angedacht ist, die Back-Web-Technik für das Mitarbeitertraining, den technischen Kundensupport und für Customer-Channels einzusetzen. Schwellenängste oder Technikbarrieren kennt man nicht, schließlich ist das Haus Teil der globalen Internet-Kultur. Dazu gehören auch Videoinformations- und Konferenzsysteme, die in das Training mit einbezogen werden.

Angeklickt

Das Cisco-interne Broadcast-System basiert auf der Back-Web-Foundation-Technologie, Version 5.0. Die Push-Elemente sind kurze News, zeit- und unternehmenskritische Informationen, Dokumente, Multimedia-Files, Datenbanken, Screensaver etc. Das System bezweckt Akzeptanzkontrolle und liefert automatische File-Updates, Software-Aktualisierungen und vieles mehr.

Roland Keller ist freier Autor in München.