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Cisco steigert überraschend Gewinn und Marge

07.08.2002
Trotz geringerer Einnahmen als erwartet konnte Netzausrüster Cisco Gewinn und Bruttomarge deutlich steigern. CEO John Chambers (54) will noch mehrere Jahre im Amt bleiben.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der amerikanische Netzausrüster Cisco Systems hat gestern nach US-Börsenschluss seine mit Spannung erwartete Bilanz für das Ende Juli abgeschlossene vierte Quartal seines Geschäftsjahres vorgelegt. Obwohl der Umsatz niedriger ausfiel als erwartet, konnte das Unternehmen seine Kosten senken und Gewinn sowie Marge steigern. Die Prognose für das laufende Quartal fiel durchwachsen aus; Cisco erwartet stagnierende oder nur geringfügig wachsende Einnahmen.

CEO Jon Chambers: "Ich denke überhaupt nicht an Rücktritt. Ich werde hier noch eine ganze Weile arbeiten."
CEO Jon Chambers: "Ich denke überhaupt nicht an Rücktritt. Ich werde hier noch eine ganze Weile arbeiten."

Cisco weist aktuell einen Nettogewinn von 772 Millionen Dollar oder zehn Cent pro Aktie aus, eine deutliche Steigerung gegenüber den sieben Millionen Dollar und null Cent je Anteilschein aus dem Vergleichsquartal des Vorjahres. Die Quartalseinnahmen stiegen im Jahresvergleich von 4,3 Milliarden Dollar um zwölf Prozent auf 4,83 Milliarden Dollar.

Abzüglich verschiedener außergewöhnlicher Belastungen meldet das Unternehmen einen Proforma-Gewinn von einer Milliarde Dollar oder 14 Cent pro Aktie nach 163 Millionen Dollar oder zwei Cent je Anteilschein im Berichtzeitraum des Vorjahres. Die Analysten hatten laut First Call/Thomson Financial aktuell zwölf Cent Gewinn pro Aktie und Einnahmen von 4,88 Milliarden Dollar erwartet.

Für das gesamte Fiskaljahr ergeibt sich auf Basis von 18,9 Milliarden Dollar Umsatz ein Proforma-Gewinn von 2,9 Milliarden Dollar oder 39 Cent pro Aktie. Im vorhergehenden Geschäftsjahr betrugen Einnahmen und Proforma-Gewinn 22,3 Milliarden Dollar und 3,1 Milliarden Dollar oder 41 Cent je Anteilschein.

"In Bereichen, die wir kontrollieren oder beeinflussen können, wächst meine Zuversicht", erklärte CEO (Chief Executive Officer) John Chambers in einer Telefonkonferenz. "Aus externer Sicht bin ich allerdings etwas vorsichtiger als im letzten Quartal." Chambers betonte vor allem die weitere Steigerung der Bruttogewinnmarge auf aktuell 67,7 Prozent vom Umsatz nach 63,1 Prozent im vorhergehenden Quartal und 52,3 Prozent im Vorjahreszeitraum. "Wenn wir einen Abschluss nicht mit Gewinn machen können, dann lassen wir ihn sausen", sagte Chambers in einem Interview.

Auch wenn Ciscos Zahlen und Chambers' Kommentare wenig Hoffnung auf eine baldige Erholung des Marktes machen, beweisen sie doch, dass die Dominanz des Herstellers in der Branche dem Unternehmen die Bewältigung der gegenwärtigen Krise deutlich leichter als der Konkurrenz macht. Viele Wettbewerber hängen deutlich stärker als Cisco selbst vom gebeutelten TK-Sektor ab. "Sie machen im Netzbereich das, was Dell bei Computern macht", meint etwa Barry Jaruzelski von Booz Allen Hamilton. "Sie holen die Hölle aus einem unerfreulichen Markt heraus."

Den Anlegern jedenfalls gefielen Ciscos Zahlen und Aussagen - die Aktie des Unternehmen legte im nachbörslichen Handel um acht Prozent auf 13,03 Dollar zu. Bereits zum Nasdaq-Fixing notierte das Papier um 6,3 Prozent fester bei 12,07 Dollar. An den Vortagen hatte der Kurs allerdings unter anderem aufgrund von Gerüchte um mögliche Rücktritte von CEO und CFO erheblich nachgegeben. Das 52-Wochen-Hoch der Cisco-Aktie beträgt 21,92 Dollar.

Chambers bestätigte, dass Finanzchef Larry Carter das Unternehmen verlassen wird - allerdings erst im kommenden Mai. Dann wird der CFO (Chief Financial Officer) 60 Jahre alt, ein klassischer Termin für einen Rücktritt. Als Nachfolger ist Vice President of Corporate Finance Dennis Powell vorgesehen. Chambers erklärte, er wolle Carter aber zu überreden versuchen, seine Amtszeit noch zu verlängern. Er selbst (54) wolle noch mehrere Jahre an der Spitze des Unternehmens stehen, kündigte Chambers an. Gemeinsam mit Carter will der CEO übrigens Ende September den von der Börsenaufsicht SEC neuerdings geforderten Eid auf die Bilanz abliefern.

Am Rande kündigte Cisco außerdem an, es werde seine üppigen Barreserven von gegenwärtig 21,5 Milliarden Dollar zum Teil für den Rückkauf eigener Aktien verwenden. Das entsprechende Rückkaufprogramm wurde von zuvor drei auf nun acht Milliarden Dollar aufgestockt. Im abgeschlossenen Quartal kaufte das Unternehmen eigene Anteile im Wert von 900 Millionen auf; seit Beginn des Rückkaufprogramms wurden bereits mehr als zwei Milliarden Dollar dafür ausgegeben. Last, but not least will Cisco wieder verstärkt andere Firmen aufkaufen, sobald sich der Markt wieder erholt. (tc)