Gartner-Umfrage 2013

CIOs müssen "Jagdleidenschaft" entwickeln

17.01.2013
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Mit einem lauten Weckruf versucht Gartner, CIOs zu mehr Mut und Innovationsfreude zu bewegen. Die technischen Voraussetzungen, um ins digitale Zeitalter einzusteigen, seien bestens. Jetzt brauche es die richtigen Manager.

Alle Jahre wieder fragen die Marktforscher CIOs weltweit nach ihren Technikschwerpunkten und Unternehmenszielen. Demnach hat sich an den Prioritäten in diesem Jahr nicht viel geändert. Auf der Technikseite stehen Analytics und BI an der Spitze, gefolgt von mobilen Technologien auf Rang zwei. Business-seitig geht es den CIOs um beschleunigtes Unternehmenswachstum und - neu an zweiter Stelle - um bessere betriebliche Ergebnisse.

"CIOs brauchen eine neue Agenda, auf der die Jagd nach technischen Innovationen und Chancen weit oben steht", meint Gartner.
"CIOs brauchen eine neue Agenda, auf der die Jagd nach technischen Innovationen und Chancen weit oben steht", meint Gartner.
Foto: risteski goce, Shutterstock.com

Gartner entnimmt der Umfrage, an der 2053 CIOs aus 43 Ländern mit einem Gesamtbudget von 230 Milliarden Dollar teilnahmen, das Unternehmen die durch IT-Einsatz entstehenden Geschäftspotenziale nur zu durchschnittlich 43 Prozent wirklich nutzen. In einer zunehmend digitalisierten Unternehmenswelt gebe es noch jede Menge Schätze zu heben. In den letzten 18 Monaten sei unter Business-Executives das Verständnis gewachsen, dass neue Technologien rund um Mobile Computing, Big Data, Analytics und Cloud Computing das Potenzial haben, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erheblich zu steigern. Sie erwarteten nun von ihren IT-Vordenkern Strategien und Pläne, die weit über das seit mittlerweile fünf Jahren priorisierte Kosten-Management hinausgingen.

"Digitale Technologien bieten die Chance, bessere Geschäftsergebnisse zu erzielen - aber nur, wenn CIOs neue Rollen und Verhaltensweisen annehmen, um die digitale Wertschöpfung umzusetzen", mahnt Mark McDonald, Group Vice President und Gartner Fellow. "CIOs brauchen eine neue Agenda, auf der die Jagd nach technischen Innovationen und Chancen weit oben steht. Es geht darum, aus Produkten und Services Werte für das Unternehmen zu generieren."

Dem Analysten zufolge ist es besorgniserregend, dass in "einer Welt des Wandels" die Hälfte der an der Umfrage teilnehmenden CIOs für die nächsten drei Jahre keine veränderte Rolle der IT im Unternehmen erkennen könne. "Dabei brauchen Unternehmen ganz andere Tools, wenn sie wirklich technikintensive Innovationen vorantreiben und transformierte IT-Infrastrukturen mit verbesserten Abläufen und Anwendungen erhalten wollen", mahnt McDonald. Verändere sich nichts, ziehe die IT einen immer höheren Zaun um ihren "Garten mit Legacy-Assets und -Zuständigkeiten".

Zwitterrolle: Verwalter und Innovator

Gartner nennt seinen Bericht "Hunting and Harvesting in a Digital World: The 2013 CIO Agenda". Der Titel soll deutlich machen, dass auf CIOs im Wesentlichen zwei Herausforderungen zukommen: Zum einen müssten sie ihren Unternehmen mit modernen Technologien zu mehr Wettbewerbsfähigkeit verhelfen, zum anderen gelte es wie bisher die IT-Organisationsstruktur, das Management und die Governance zu perfektionieren.

Business- und IT-Ziele der CIOs weltweit.
Business- und IT-Ziele der CIOs weltweit.

Die Analysten erwarten daher, dass sich die Rolle der IT-Manager aufspalten wird. Schon jetzt hätten 67 Prozent der CIOs wichtige Führungsverantwortlichkeiten jenseits ihres klassischen Jobs des "Kümmerers". Um die "Hunting"-Funktion stärker zu betonen, hätten bereits 20 Prozent der Befragten zusätzlich die Aufgabe eines Chief Digital Officers (CDO) angenommen, der sich intensiv um Themen wie beispielsweise digitale Verkaufskanäle und E-Commerce kümmern müsse. In solchen Fällen habe der CIO/CDO eine "digitale Vision" für das Gesamtunternehmen.

Kein Budget ohne neue Aufgaben

Nimmt kein Blatt vor den Mund: Gartner-fellow Mark McDonald.
Nimmt kein Blatt vor den Mund: Gartner-fellow Mark McDonald.
Foto: Gartner

"Die IT kann nicht erwarten, zusätzliche Budgets zu bekommen, wenn sie nicht neue Verantwortungsbereiche annimmt und entsprechende Resultate produziert", warnt Gartners Vice President und Fellow Dave Aron. Zwischen 2002 und 2011 sei es richtig gewesen, den Fokus auf Restrukturierung, Outsourcing und "Doing more with less" zu legen. Es habe auch nicht so viele bahnbrechende Produkte und Technologien gegeben in dieser Zeit. Doch jetzt müssten CIOs in ihren Unternehmen klar machen, dass das digitale Zeitalter angebrochen sei und viele Dinge anders und einfacher erledigt werden könnten. Das bisherige Investitionsverhalten sei angesichts der Möglichkeiten, die Mobile und Cloud Computing, Big Data, Analytics und das Social Web brächten, nicht mehr angemessen.

In der Vergangenheit hätten die IT-Chefs ihren Fokus darauf gelegt, kosteneffizient Qualitätsservices zu erbringen, sagt auch McDonald. "Sie haben Kosten, Komplexität und Risiken gemanagt, um den Unternehmensprozessen die nötige Verlässlichkeit und Stabilität zu verleihen. Doch die Welt außerhalb der IT hat sich massiv geändert und die IT-Organisationen damit in eine echte Krise gestürzt." Je intensiver sich CIOs ihren Alltagsproblemen gewidmet hätten, desto geringer sei ihre Relevanz im Unternehmen geworden, behauptet der Gartner-Mann.

Die CIO-Budgets schrumpfen

Die Umfrage zeigt in der Tat, dass die CIO-Budgets seit dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2002 nicht gewachsen, teilweise sogar geschrumpft sind. Auch 2013 werde es leicht bergab gehen, prophezeit Gartner, weltweit würden die Budgets um etwa 0,5 Prozent sinken.

Befragt, welche Technologien den am stärksten "disruptiven Charakter" hätten, sagten 70 Prozent der CIOs, mobile Techniken stünden hier an der Spitze. Es folgen Big Data und Analytics mit 55 Prozent, Social Media (54 Prozent) und die Public Cloud (51 Prozent). Disruptive Kräfte entwickelten sich aber vor allem dann, wenn es gelinge diese verschiedenen Technologien optimal zu kombinieren. (hv).