Komplexitätsfalle ERP

CIOs müssen die IT aufräumen

12.01.2012
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Hohe Anforderungen, wenig Geld

Die Zeit drängt, mahnen die Analysten: Um vom wirtschaftlichen Aufschwung profitieren zu können, müssen Unternehmen ihre Geschäftsprozesse agil auf die sich rasch verändernden Bedingungen umstellen können. Das ist jedoch alles andere als trivial. Denn nach wie vor herrscht in den Unternehmen ein hoher Kostendruck. Das bekommen auch die IT-Abteilungen zu spüren. Der CIO muss seinen Beitrag zu einer verbesserten Kosteneffizienz leisten, sagt Hans-Christian Schwieger, Partner Advisory bei KPMG. Er fordert eine effektive, aber auch günstige Prozessunterstützung. Die Tatsache, dass die beteiligten Systeme mittlerweile stark integriert sind, macht die Sache jedoch komplex. Hohe Business-Anforderungen mit weniger Geld und bei hohen Integrationsanforderungen zu erfüllen ist dem Experten zufolge ein Dilemma, in dem heute viele CIOs stecken. Um dem zu entkommen, gilt es, die Softwarelandschaften zu standardisieren und zu harmonisieren. "Konsolidierungsprojekte schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden", berichtet der KPMG-Experte.

Es braucht allerdings viel Zeit und eine Menge Ressourcen - beides ist in den meisten IT-Abteilungen Mangelware-, um die Komplexität aufzulösen. Unternehmen, die sich dazu entschlossen haben, ihre Applikations- und Prozesslandschaft zu harmonisieren, sollten deshalb die Vorhaben sorgfältig planen. Was sich erst einmal als Binsenweisheit anhört, ist deshalb aber nicht zu unterschätzen. Der Grund: Harmonisierungsprojekte lassen sich nicht neben dem Tagesgeschäft quasi im Vorbeigehen über die Bühne bringen, sondern dauern in aller Regel länger. Außerdem müssen viele Beteiligte aus den IT- und Fachabteilungen unter einen Hut gebracht werden, und damit kann die ganze Sache komplex werden. Experten empfehlen einen Stufenplan:

  1. Als Erstes sollten die Anwender im Rahmen eines Assessments oder Workshops eine Bestandsaufnahme ihrer System- und Prozesslandschaft machen. Diese Analyse lässt sich zumindest teilweise Tool-gestützt abwickeln, beispielsweise um festzustellen, wie viele Modifikationen sich in einem SAP-System verbergen.

  2. Auf dieser Basis lässt sich dann das Harmonisierungspotenzial ermitteln, das in den Applikationen und Prozessen steckt. Es sollte Punkt für Punkt möglichst detailliert beschrieben und dokumentiert werden.

  3. Im nächsten Schritt gilt es, dieses Potenzial zu bewerten. Die Anwender müssen herausarbeiten, welche konkreten Vorteile für Business und IT herausspringen. Damit erhalten die Verantwortlichen eine Aufstellung darüber, an welchen Stellen eine Harmonisierung von Prozessen und Systemen sinnvoll ist.

  4. Steht fest, an welchen Harmonisierungsschrauben gedreht werden soll, muss eine Roadmap erarbeitet werden. Hierin legen die Verantwortlichen fest, welche Ziele in welchen Schritten mit welcher Priorität in welcher Zeit erreicht werden sollen.

  5. Steht die Roadmap, geht es daran, sie umzusetzen. Da Harmonisierungsvorhaben meist länger als ein Jahr dauern und viele Beteiligte aus den IT- und Fachabteilungen an einem Strang ziehen müssen, empfehlen Experten den Anwenderunternehmen, auf ein gutes Projekt- und Change-Management zu achten.

  6. Sind Prozesse und Systeme harmonisiert, müssen die Verantwortlichen dafür Sorge tragen, dass die Landschaft in Zukunft nicht mehr in Unordnung gerät. Dazu muss eine IT-Governance aufgestellt werden, die Verantwortlichkeiten festlegt und regelt, wie sich Prozesse und IT-Systeme weiterentwickeln sollen. Ein Application-Management hilft, den Überblick über die Business-Anwendungen zu behalten.