Veränderte Rolle des CIO

CIOs brauchen keine Nachhilfe in Sachen Innovation

08.12.2016
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.

Und wenn er transformiert, steht bei ihm der Begriff Process Mining im Vordergrund. Das heißt in der Praxis, dass die IT-Mannschaft die Prozesse verstehen und beherrschen muss. Sie ist angehalten, die Fachbereiche gezielt zu unterstützen. Fleischmann betont: "Bei Process Mining geht es nicht um IT, sondern darum, dass jeder Mitarbeiter verstehen muss, wie die Prozesse in gegenseitiger Abhängigkeit stehen." Dafür benötige er auf IT-Seite einen Transformator, der "die Verschwendung in den Systemen rechtzeitig erkennt und als Unterstützer für künftige Projekte zum Zuge kommt".

Projektbudgets müssen in der IT verortet sein

IT dürfe also nicht zu einer reinen Serviceorganisation verkommen, fordert Bernhard Winkler, Vice President ICT der Automotive Lighting Group, die sich als einer der Weltmarktführer auf dem Gebiet der Fahrzeugaußenbeleuchtung sieht. "Wer zahlt, entscheidet darüber, welche Musik gespielt wird", gibt er zu bedenken. Im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen sind in Winklers Unternehmen die Projektbudgets in der IT verortet. Seine Theorie geht so: "Wir versuchen den Bedarf in den Fachabteilungen zu wecken. Wenn es ein spannendes Thema für diese Kollegen ist, dann wird das Budget entsprechend priorisiert."

Dadurch entstehe im Fachbereich der Wunsch, stärker am Thema zu arbeiten, es auch umzusetzen, um es danach bezahlt zu bekommen, denn er habe ja kein Budget. Die Schnittstellen zu den Fachbereichen bilden Prozessverantwortliche, die in der IT sitzen. Diese haben das nötige Business-Verständnis und steuern mit dem Fachbereich das Budget.

Winkler will auf jeden Fall vermeiden - wie er es aus Erzählungen von Kollegen aus anderen Unternehmen kennt -, dass das Budget in den Fachabteilungen landet und diese dann vorgeben, welche Lösung zum Zug kommen soll. Wenn es schlecht läuft, bleibt der IT dann nur noch die Aufgabe, die Insellösung zu integrieren. Winkler plädiert für einen starken CIO, der die Unternehmensstrategie kennt, versteht und bei ihrer Umsetzung in die Arbeit aller Fachbereiche eingebunden ist. IT könne Innovationen anstoßen und aufzeigen, wo Prozesse effizienter umzusetzen sind.

Schuld ist die IT - die Ausrede gilt nicht mehr

Eine andere Projektbudgetstrategie verfolgt Harald Weickert, CIO von Bechtle. Er sagt ganz klar: "Die Fachbereiche sind mitverantwortlich für die Projekte und Demands, die in der IT budgetiert sind." Selbstverständlich bearbeite man gemeinsam die Vorhaben - auch indem agile Methoden zum Zuge kämen.

Weickert weiter: "Im Fachbereich gibt es immer einen Business-Application-Owner, verantwortlich für die Anwendungen inklusive der Koordination des Demand-Budgets, und parallel dazu auf der IT-Seite den Application Manager. Beide Personen aus Business und IT sind verantwortlich für die komplette Funk­tionsfähigkeit der Applika­tion." Das heißt, die Fachbereichskollegen können sich nicht mehr damit herausreden: Schuld ist die IT. Damit lasse sich auch das Thema Kosten elegant lösen, ist Weickert überzeugt.

Spätestens wenn der IT-Chef seine Fachkollegen mit kritischen Fragen konfrontiert, werde ihnen klar, dass sie noch einige Hausaufgaben zu erledigen haben, bevor die IT loslegt. Sehr wohl aber versteht sich der Bechtle-CIO als Innovator, als einer, der die digitale Transformation anstößt und motivierend auf die Fachbereiche einwirkt, neue Wege zu gehen.

Ganz beiläufig erwähnt er ein Projekt, das im Unternehmen großen Zuspruch fand: Er hat in einer Arbeitsgruppe Auszubildende und "old school guys", wie er sie nennt, zusammengebracht. Sie sollten ihm nach zwei Monaten Ideen und Verbesserungsvorschläge - auch in Richtung Digitalisierung und Prozessoptimierung - liefern. Der Vorteil liegt laut Weickert darin, dass es gelungen ist, die Erfahrung der älteren Kollegen mit dem Netz-Know-how des IT-Nachwuchses zuammenzuführen.

Two-Speed-IT demotiviert Mitarbeiter

Auf das vieldiskutierte Thema einer Two-Speed-IT kam Peter Ehrl zu sprechen, Managing Director Corporate Information Systems bei der Panasonic Information Systems Company Europe in Hamburg. Für ihn ist es der falsche Weg, die einen Mitarbeiter finanziell gut auszustatten und mit Spaßthemen zu betrauen, während die anderen undankbare Jobs wie Wartung und Service übernehmen müssten.

Die Trennung zwischen denen, die inno­vativ sein dürften, und denen, die die IT am Laufen halten, müsse aufgehoben werden. Spätestens dann, wenn eine innovative Lösung in den Regelbetrieb übergehe und die Servicekollegen übernehmen müssten, sei sonst Ärger programmiert. Eine ähnliche Gefahr berge die Schatten-IT: Schnell ist laut Ehrl in der Fach­abteilung eine coole Anwendung angeschafft. Aber wenn es dann um Dinge wie Support, Security und Gesamtintegration gehe, stellten die Kollegen fest, dass es ohne IT-Abteilung nicht funktioniert.

In einem Punkt waren sich die Diskutanten einig: Der Stellenwert der IT ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Dienstleister war gestern, Innovator ist heute - und die Digitalisierungsstrategie wird durch die IT-Strategie getrieben.