Veränderte Rolle des CIO

CIOs brauchen keine Nachhilfe in Sachen Innovation

08.12.2016
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.

Heutige Kinder sind künftige Kunden

"Als Mittelständler kann ich nicht 20 Leute abstellen, die sich den ganzen Tag mit Innovationen beschäftigen", sagte Martin Zsohar, stellvertretendes Vorstandsmitglied des Versicherungsunternehmens Münchener Verein und dort verantwortlich für die IT. Er beobachte den Markt, vor allem was die Großen der Branche so anstellten. Aber auch die Startups - die gefürchteten Insurtechs - die besonders den Vertrieb bedrohten und sich zwischen die Versicherer und deren Kunden schieben wollten.

Zsohar weiß, dass die Zeiten, in denen die IT als reiner Dienstleister der Fachbereiche fungierte, vorbei sind und dass sie "eine Vorreiterrolle auch im Business" spielen muss. "Die Rolle des CIO hat sich in den letzten fünf Jahren komplett verändert", so der COO, der sich auch als Chief Digital Officer (CDO) sieht. Fakt sei allerdings auch, dass die Versicherungsbranche noch viele Altsysteme betreiben müsse. Diese in die "neue Welt zu transferieren ist nicht trivial". Der Vater von vier Töchtern beobachtet selbstkritisch, dass "wir viel moderner werden müssen, wenn wir unsere Kinder als Kunden erreichen wollen".

Gemeinschaftswerk Digitalisierung

Die Notwendigkeit, einen CDO zu installieren, sieht Jens Hittmeyer nicht. Er ist Senior Vice President Corporate IT der Aenova Group, eines Auftragsherstellers der Pharmaindustrie. Auch diese stark regulierte Branche ist eher konservativ. Die Digitalstrategie des Unternehmens sei ein Gemeinschaftswerk der drei Geschäftsführer. Dem Vertriebschef gehe es etwa darum, wie sich die CRM-Daten transparenter darstellen ließen und welche Informationen notwendig seien, um zu erfahren, wohin man sich im Markt bewegen müsse.

Den größten Hebel, um via Digitalisierung wettbewerbsfähiger zu werden, habe der Produktionschef in Händen, der für 21 Werke verantwortlich zeichnet. Jede Prozessoptimierung mache sich "in den Kosten bemerkbar". Hittmeyer erinnert daran, dass CIOs nicht nur gut mit den Fachbereichen zusammenarbeiten und Innovationen vorantreiben müssen. Es gehe auch darum, "die Lampen am Brennen zu halten".

Themen wie Governance, Security und Schnittstellen seien Dauerbrenner, die auch mit der Digitalisierung nicht verschwänden. Ihn treibe deshalb auch die Frage um, hier effizienter zu werden und die im Unternehmen beschäftigten IT-Talente auch in Zukunft mit "spannenden Themen" zu be­schäftigen. Warum also nicht in die Cloud gehen, um Kapazitäten freizubekommen? Schließlich gebe es interessantere Aufgaben, als Server zu überwachen.

Marketing-Sprüche der Hersteller hinterfragen

"Wie eine Spinne im Netz", fühlt sich Hubert Schech, Head of Corporate IT des Brillenherstellers Rodenstock in München. Als IT-Ver­antwortlicher sei er getrieben von den Ange­boten der Hersteller, wenn es etwa um die Themen Cloud und Digitalisierung geht: "Wir werden bombardiert mit Marketing-Sprüchen."

Er müsse diese bewerten und in Einklang mit den firmeninternen Prozessen bringen - "so sehe ich meine Rolle als Innovationsmacher". Man müsse bedenken, dass die IT-Branche die innovativste der letzten 50 Jahre sei und dass man sich als CIO fast täglich mit Neuigkeiten auseinandersetzen muss. Umgekehrt müssten CIOs aber auch den Mut haben zu fragen, ob überhaupt alles digitalisiert werden müsse.

Es sei "schön, wenn die Gehaltsabrechnung elek­tronisch kommt", dann benötige er aber Softwarelizenzen, und die Wartung müsse auch bezahlt werden, rechnet Schech vor.

Nicht kopieren, sondern kapieren

Pragmatisch interpretiert Stefan Fleischmann seine Rolle. Der Leiter Organisation und In­formatik des Münchner Fahrzeug- und Maschinenbauers F.X. Meiller versteht sich als "Innovator und Enabler für Innovationspro­zesse". Er begleite und optimiere Prozesse gemeinsam mit den Fachabteilungen.

Auch als familiengeführter Mittelständler, der große Konzerne wie Daimler oder MAN als Kunde hat, müsse man pragmatisch denken, wenn es zum Beispiel darum gehe, auf den Plattformen dieser Firmen präsent zu sein und sich deren Digitalisierungsstrategien zu öffnen. Richtig sei aber auch, dass sich Konzernentscheidungen nicht eins zu eins auf Mittelständler übertragen ließen. Ihm gehe es darum, "nicht zu kopieren, sondern zu kapieren und zu transformieren".