Firmenchefs lieben Heldengeschichten

CIOs, baut euren CEO zum Helden der Digitalisierung auf!

07.09.2015
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Wer sagt denn, dass die Unternehmenslenker nicht investieren wollen? - Nur wissen sie häufig nicht, wo und wie. Hier sind die CIOs gefordert. Sie müssen ihren Geschäftsführern und Vorständen sagen, wie sich das Geschäft durch Technik vorantreiben lässt. Am besten, indem sie von positiven Beispielen berichten.

Kennen Sie die betriebswirtschaftliche Definition für den Begriff Rezession? - Nach allgemeiner Auffassung reichen dazu zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativem Wachstum. Und was ist dann ein Boom? - "Eine länger als erwartet andauernde Lücke zwischen zwei Rezessionen", so der Gartner-Vice-President Mark Raskino. Sein Fazit: Wir wissen nicht, wie lange die wirtschaftliche Erholung anhält. Deshalb ist genau jetzt eine gute Zeit, um in die IT Ihres Unternehmens zu investieren: "Reparieren Sie das Dach, solange die Sonne scheint."

Raskino beschäftigt sich vor allem mit der Sicht der CEOs auf die Informationstechnik. Unter anderem leitet er die regelmäßige Befragung von Geschäftsführern und Vorständen, die Gartner zuletzt im vierten Quartal des vergangenen Jahres vorgenommen hat. Demnach zählt mittlerweile mindestens jeder vierte Firmenlenker technikbezogene Themen zu seinen drei wichtigsten Prioritäten.

Kein neues Business auf IT-Ruinen

Innerhalb der kommenden fünf Jahre wollen die CEOs das Geschäft, das mit Hilfe der "Digitalisierung" gemacht wird, verdoppeln. Und dabei reden sie keineswegs nur der Unterstützung vorhandener Prozesse das Wort, sondern der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, die mit den alten oft nur noch am Rande zu tun haben. Ein gutes Beispiel dafür ist die Automobilindustrie, die zunehmend "Mobilität" verkauft.

Aber ein neues digitales Business lässt sich nicht aufbauen, wenn die vorhandene Technik statt einer soliden Basis nur eine Ruine darstellt, warnt Raskino. In den vergangenen Jahren habe sich die IT vielerorts kaputtgespart. Die Folge davon sei zum Beispiel häufig schlechter Code. Hier müssten die CIOs ansetzen, wenn sie die Digitalisierung des Business vernünftig betreiben wollen. Aber selbstverständlich dürften sie dabei nicht stehen bleiben.

Mark Raskino, Gartner: "Lange konnten CIOs die CEOs nicht bewegen, sich mit großen, politischen Tech-Management-Fragen zu befassen. Das hat sich geändert. Also fragen Sie nochmal."
Mark Raskino, Gartner: "Lange konnten CIOs die CEOs nicht bewegen, sich mit großen, politischen Tech-Management-Fragen zu befassen. Das hat sich geändert. Also fragen Sie nochmal."
Foto: Karin Quack

Bei der Langfristplanung außen vor

Wie Raskino versichert, braucht das digitale Business trotz aller Spontanität und Flexibilität durchaus eine Langzeitplanung. Und die obersten Etagen der Unternehmen seien daran auch interessiert: 95 Prozent der Befragten planen eigenen Angaben zufolge in Zeiträumen von fünf bis 50 (!) Jahren. Aber davon bekämen die meisten CIOs nichts mit, weil sie bei diesen Planungen außen vor gelassen würden. Das machten der CEO, der Finanzvorstand und - so vorhanden - der Strategiedirektor unter sich aus, sagt Raskino. Um das zu ändern, gibt der Analyst den CIOs folgende Tipps:

1. Hören Sie auf, an der Oberfläche zu kratzen

Auf jeden Fall sollten die CIOs ihre Planung ebenfalls langfristig anlegen: "Wir brauchen einen Zehnjahres-, keinen Dreimonatshorizont für die digitalen Veränderungen und deren Skalierung", so Raskino. Und die IT-Verantwortlichen sollten nicht mehr nur an der Oberfläche kratzen: "Die Marketing-Abteilung mit Apps für Kampagnen auszustatten wird uns nicht helfen, so etwas wie selbst fahrende Autos zur Marktreife zu bringen." Die Veränderung sei tiefgreifend und strukturell, und die Entwicklung der Assets, Kapazitäten und Geschäftsmodelle dauere nun mal ihre Zeit.

2. Werden Sie zum Märchenonkel

Ideen werden durch gute Geschichten verbreitet - Geschichten mit Helden, die als Vorbilder taugen. Dafür sind auch CEOs empfänglich. Ob Amazon, General Electric, Google, Walmart oder Burberry - fast alle Firmenchefs kennen Unternehmen, die sie wegen ihrer IT-bezogenen Erfolgsgeschichte bewundern. "Haben Sie mindestens drei solche Geschichten parat", rät Raskino den CIOs, "oder noch besser: Machen Sie Ihren CEO selbst zum Helden einer solchen Geschichte!"

Auf diese Weise können CIOs ihre Vorstände in technischer Hinsicht "erziehen". Und diese Aufgabe sollten sie als missionsentscheidend ansehen. "Solange sich die Führenden nicht darüber im Klaren sind, was sie unter digital verstehen, werden die Geführten nicht wissen, was genau zu tun ist", erläutert Raskino.

3. Verbringen Sie Zeit mit der Konkurrenz

CIOs sollten nicht im eigenen Saft schmoren, warnt Raskino die IT-Chefs: "Diskutieren Sie die Zukunft Ihrer Industrie mit Wettbewerbern, machen Sie sich gegenseitig paranoid, bevor jemand von außen kommt und Ihr Mittagessen verputzt, sprich: Ihr Business-Modell über den Haufen wirft." Eine gute Möglichkeit, das zu verhindern, sei beispielsweise, gemeinsam eine Industrieplattform zu gründen.

4. Nerven Sie die Topetage mit Horror-Stories

Datenlecks kosten auch Management-Jobs. Davon abgesehen, sind unzureichende Sicherheitsvorkehrungen sowieso untragbar. Das wissen die CEOs. Aber es ist die Aufgabe des CIO, sie immer wieder daran zu erinnern. Das geht am besten, wenn sie ihnen ständig mit Horrorgeschichten über das Versagen interner Sicherheitssysteme in den Ohren liegen.

Foto: Sergey Nivens - Fotolia.com

Die Botschaft ist verstanden

  • Im Rahmen der jüngsten CEO-Befragung wollte Gartner wissen, wo die Firmenchefs ihre Prioritäten setzen.

  • Die 400 Teilnehmer sollten in ihren eigenen Worten sagen, welche fünf Punkte am wichtigsten seien; die Gartner-Analysten kategorisierten die Antworten.

  • Eindeutig vorn lag dabei das Thema Wachstum. 54 Prozent der Befragten sehen es als eine der drei obersten Prioritäten.- Immerhin jeder Vierte listete (auch) mindestens ein technikbezogenes Thema auf.

  • Damit verweist die Technik mittlerweile Personal (24 Prozent) und Kunden (21 Prozent) auf die Plätze.