CIOs bangen um ihre Existenz

16.11.2005
Von 
Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

Als strategisch stufen die Berater auch die Frage ein, wann unternehmensfremde Client-Systeme auf das eigene Netz zugreifen dürfen. Eine strikte Blockadepolitik, wie sie das Management in den vergangenen Jahren verfolgte, ist heute nicht mehr sinnvoll, argumentierte Kyte. Effizienz und Motivation der Nutzer könnten darunter leiden. Die mit einer Öffnung einhergehenden Sicherheitsrisiken sollten Unternehmen in Kauf nehmen und entsprechende Schutzmaßnahmen entwickeln. Neue Möglichkeiten der Virtualisierung erleichterten die Einbindung externer Rechner. So ließen sich beispielsweise private und geschäftliche Partitionen auf einem Mitarbeiter-PC einrichten und sicher voneinander abschotten.

Gartner-CEO Gene Hall: „67 Prozent der CIOs sehen ihren Job als gefährdet an.“
Gartner-CEO Gene Hall: „67 Prozent der CIOs sehen ihren Job als gefährdet an.“

Eine effizientere IT setzt flexiblere Enterprise-Anwendungen voraus. Einmal mehr propagierten die Gartner-Experten in diesem Kontext eine komponenten-basierende Business Process Platform. Langfristig soll sie existierende ERP- und sonstige Anwendungspakete ersetzen.

Hoffen auf SOA

Unternehmen würden damit in die Lage versetzt, rascher auf veränderte Geschäftsanforderungen zu reagieren. Service-orientierte Architekturen (SOA) und Web-Services bilden die technische Basis für diesen Ansatz. CIOs müssten sich entscheiden, ob sie diesen Weg aggressiv, selektiv oder konservativ beschreiten wollen, empfahl Kyte. Die Unterstützung von SOA hat sich zu der am meisten nachgefragten Anforderung an Softwareplattformen entwickelt, ergänzte Gartner-Analyst Massimo Pezzini. Bis zum Jahr 2008 würden Plattformanbieter 60 Prozent ihrer Forschungs- und Entwicklungsetats darauf verwenden.

Immer mehr Geschäftsprozessdefinitionen und -regeln finden sich künftig nicht im eigentlichen Programmcode sondern in Metadaten, prognostizierte Kyte. Letztere ließen sich außerhalb der klassischen Programmierumgebungen verwalten und anpassen. Was an hartem Code übrig bleibe, bezögen Unternehmen zunehmend als Service oder in Form von fertigen Softwarepaketen. Diese Faktoren führten dazu, dass die Zahl der beschäftigten Anwendungsentwickler in Unternehmen außerhalb der Softwareindustrie bis zum Jahr 2009 um 30 Prozent abnehmen werde.

Kommunikation via IP

In puncto Infrastruktur sollten IT-Verantwortliche prüfen, wie Mitarbeiter künftig miteinander kommunizieren, lautet eine weitere Empfehlung. Gartner rät dazu, Sprach-, Messaging- und andere Kommunikationsdienste in einer gemeinsamen Architektur zusammenzuführen. Die Möglichkeiten der IP-Telefonie böten einen guten Einstiegspunkt.

Erfolgsentscheidend werde schließlich auch sein, inwieweit CIOs IT als einen Mix aus Services begreifen, die auch extern bezogen werden könnten. Dabei gelte es insbesondere, das IT-Personal in Sachen Sourcing-Management zu qualifizieren. Kyte: "Diese Fähigkeiten gehören zum Herzstück jeder IT-Organisation." Mit einer plakativen Aussage dämpfte Linda Cohen, Sourcing-Expertin bei Gartner, die Euphorie der vergangenen Jahre: "Stop Outsourcing now!", lautete ihr Credo. In den vergangenen Jahren habe es eine "Überdosis an Outsourcing" gegeben, die heute zu Problemen führe. Allzu oft hätten Unternehmen ohne hinreichende Vorbereitung ausgelagert, nicht selten nur deshalb, weil Konkurrenten es auch taten. Statt strategisch zu planen, sei es zu Ad-hoc-Entscheidungen gekommen.

Sourcing-Kenntnisse gefragt

Die vielfältigen Zuliefererbeziehungen ließen sich kaum noch beherrschen. Kaum überraschend empfahl die Analystin denn auch eine Gartner-eigene Methode, um die Probleme wieder in den Griff zu bekommen. Sie trägt den Namen "Disciplined Multisourcing" und ist in einem Buch beschrieben, dass Cohen gemeinsam mit ihrer Kollegin Allie Young verfasst hat.