Berliner Charité

CIO Martin Peuker hebt den Datenschatz

21.08.2020
Von 
Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
Mit der Health Data Platform verbessert Charité-CIO Martin Peuker die Patientenversorgung und unterstützt die medizinische Forschung. Die Corona-Pandemie sieht er als Beschleuniger für den digitalen Wandel im Gesundheitswesen.
Martin Peuker, CIO der Berliner Charité: "Von Gaia-X könnte der gesamte Health-Sektor profitieren."
Martin Peuker, CIO der Berliner Charité: "Von Gaia-X könnte der gesamte Health-Sektor profitieren."
Foto: Charité

Die Digitalisierung, insbesondere im Gesundheitswesen, ist jetzt wirklich auch in Deutschland angekommen, sagt Martin Peuker, CIO der Berliner Charité. Das betreffe nicht nur den Durchdringungsgrad, sondern auch die Art und Weise, wie Projekte umgesetzt würden: "Man kann daher schon sagen, dass die Corona-Krise aus IT-Sicht eine extrem spannende Zeit mit einer nie dagewesenen Agilität war. Sie hat den kulturellen Wandel in der Charité positiv beeinflusst und beschleunigt."

Dabei war die Charité, die zu 100 Prozent dem Land Berlin gehört, wie kaum ein anderes Großunternehmen von der Krise betroffen. Mit mehr als 3.000 Betten ist sie nicht nur eine der größten europäischen Universitätskliniken, sondern auch eine bedeutende Lehr- und Forschungsstätte mit gut 8.000 Studierenden und 290 Professoren. Zu ihnen gehört auch der inzwischen bundesweit bekannte Virologe Christian Drosten, auf dessen Rat sich auch die Politik verlässt. Mit rund 15.500 Beschäftigten erwirtschaftete das Unternehmen 2019 Einnahmen von zwei Milliarden Euro.

Wie viele andere Kliniken mussten auch die Berliner schnell auf den Ausbruch des Coronavirus reagieren. Binnen zwei Wochen wurden beispielsweise fünf Covid-19-Stationen eingerichtet; rund 8.000 Medizin-Studenten nahmen nur noch an virtuellen Lehrveranstaltungen teil. Auch das Thema Home Office blieb dem CIO nicht erspart. In der Hochphase der Krise arbeiteten mehr als 4.500 Beschäftigte von zuhause, blickt Peuker zurück, "und zwar sieben Tage die Woche." Die Hilfs­bereitschaft, auch von Seiten der IT-Anbieter, sei enorm gewesen. So hätten sich verschiedene Technologie­unternehmer persönlich dafür eingesetzt, dass die Charité Produkte, die während der Pandemie dringend benötigt wurden, schneller als üblich geliefert bekam.

Digitale Krankenhausversorgung

Jenseits der coronabedingten Maßnahmen beschäftigen den CIO vor allem zwei große Vorhaben: die Digitalisierung der Krankenhausversorgung und das Projekt "Health Data Platform". Zwar sei die Charité in Sachen Qualität und Prozesseffizienz gut aufgestellt und könne als eine von wenigen Kliniken in Deutschland eine Zertifizierung nach der Qualitätsmanagement-Norm ISO 9001 vorweisen. Doch auch in den Berliner Kliniken laufen Prozesse noch längst nicht durchgängig papierlos, erläutert der studierte Wirtschaftsingenieur. Um den Fortschritt zu messen, greift er auf Reifegradmodelle für den Medizinbereich aus dem angelsächsischen Raum zurück.

Die Skala reicht von 0 (Prozesse laufen ohne IT-Unterstützung) bis 7. Den höchsten Reifegrad erreichen Organisationen, wenn sie nicht nur Prozesse im Krankenhausbetrieb vollständig digitalisiert haben, sondern auch neue Technologien wie Machine Learning oder Text Mining einsetzen, um etwa Erkenntnisse aus erhobenen Daten zu gewinnen und diese mit Informationen aus externen Datenbanken anzureichern. Peuker: "Am Ende geht es darum, Ärzten und Pflegekräften während des Dokumentationsprozesses eine bessere Entscheidungsunterstützung zu geben."