Informationsverarbeitung ist ein Produktionsfaktor wie Material, Maschinen und Moneten

CIM: Kein Problem von Hard- und Software

22.05.1987

BAD SODEN (CW) - Keine neuen Fabriken, sondern eine veränderte Organisation forderten die Referenten auf dem Kongreß CIM 87. den der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater e.V. (BDU) Anfang Mai abhielt. Das vieldiskutierte Thema "Computer Integrated Manufacturing" (CIM) beschäftigt im BDU seit einiger Zeit eine ganze Fachgruppe.

Die bloße Addition von Hard- und Software sei noch lange nicht gleichzusetzen mit CIM - in dieser Einschätzung waren sich die rund fünfzig Teilnehmer aus Fertigung, Management und Unternehmensberatung auf der von der BDU-Fachgruppe Technik und Logistik initiierten Fachtagung ziemlich einig. In den meisten Unternehmen habe der Organisationsgrad in den administrativen Bereichen nicht mit dem Stand der Technik in der Fertigung Schritt gehalten, stellte Ulrich Degenhardt, Vorsitzender der BDU-Fachgruppe und Geschäftsführer der Düsseldorfer Filiale der Kienbaum Unternehmensberatung, in seinem Eingangsreferat fest. Investiert werde häufig nur dort, wo Wirtschaftlichkeit kurzfristig zu erwarten sei. Infolge dieses "Bereichsdenkens" entstünden Insellösungen, die das Gesamtpotential eines Unternehmens bei weitem nicht ausschöpften.

Von "CIM-Salabim", wie es die Werbung verheißt, hält der Wuppertaler Unternehmensberater Gero Panskus überhaupt nichts. Integration scheint ihm ein Zauberwort zu sein, mit dem Hersteller von Hard- und Software vorgeben, alle Probleme lösen zu können. Für Panskus ist CIM - wie inzwischen für viele seiner Kollegen - eine Organisations-Philosophie und kein Produkt, das man kaufen kann. In der DM-Welt sei die Informationsverarbeitung ein Produktionsfaktor wie "Material, Maschinen und Moneten". Davon ausgehend müsse jedes Unternehmen für sich sein eigenes maßgeschneidertes Handlungskonzept entwickeln.

Der Anstoß, CIM einzuführen kommt nach Meinung mehrerer Referenten in der Regel von Mitarbeitern aus der Fertigung. Neben den technischen Problemen bei Schnittstellen zwischen Insellosungen bereite die Integration der Mitarbeiter in das veränderte Unternehmenskonzept auch große Schwierigkeiten.

Karl Weißer, ehemals Mitglied im Hauptvorstand des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA), wies darauf hin, daß bereits im Jahre 1975 in den Leitsätzen für den Unternehmer" die Forderung festgeschrieben wurde, das "Management zu veranlassen, sich stärker bei der Gestaltung der betrieblichen Informationssysteme zu engagieren". Das Management ist für Weißer "eindeutiger Hemm- oder Engpaßfaktor". Erfolgreicher Computereinsatz setzt seiner Ansicht nach beim Management hinreichende Kenntnis moderner Organisations- und Datentechnik und das Wissen um ihre Einsatzmöglichkeiten voraus.

In der Beteiligung der zukünftigen Benutzer sieht Manfred Buchholz von der Aachener Iko Software GmbH eine "absolute Notwendigkeit". Bevor ein Unternehmen daran gehe, CIM zu verwirklichen, müßten Ziele und Potentiale für das Unternehmen in einer Studie genau ermittelt werden. Die praktische Durchführung einer solchen Studie erfordere unternehmensweite Unterstützung durch Mitarbeiter mit den bestmöglichen Kenntnissen aus den CIM-relevanten Bereichen. Ein externer Berater könne zwar die Methode beisteuern, doch die Informationen müßten aus dem Betrieb kommen. Die Aufgabe des Managements sei es, aus konkurrierenden Abteilungen kooperierende zu formen. Integration sei unter diesem Aspekt mehr als gruppendynamischer Prozeß zu verstehen. Erst damit, so Buchholz, wecke man die Akzeptanz der Beteiligten.

CIM braucht Zeit. Mehrere Referenten wiesen darauf hin, daß für eine vollständige Realisation mehrere Jahre anzusetzen seien. Ob ein Betrieb CIM einzuführen müsse, sei von den Anforderungen des Marktes abhängig.

Helmut Merkel, Vorstandsmitglied der ADV/Orga F. A. Meyer AG, schilderte Veränderungen im Markt, denen sich die Unternehmen anzupassen hätten. Neben flexibler Gestaltung der Preise erfordere der Markt den "Einsatz zusätzlicher Wettbewerbsinstrumente". Dazu zählt Merkel unter anderem eine "servicegerechte Gestaltung der Distributionskette", ferner die "Fähigkeit, innerhalb bestimmter Fristen zu liefern" als auch die "Fähigkeit, sich an individuelle Kundenwünsche anzupassen". Diese kaufmännischen Anforderungen führen freilich zu einem hohen Bedarf an komplexen und gleichzeitig kostengünstigen Fertigungssteuerungssystemen.