CICS und DB2 kuenftig im Portfolio von Siemens-Nixdorf SNI vermarktet IBMs strategische Produkte

12.05.1995

MUENCHEN (hv) - Um den Absatz ihrer Server-Systeme der RM-Reihe zu erhoehen, bricht die Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG (SNI), Muenchen, ein Tabu und unterstuetzt den direkten Konkurrenten IBM. In Zukunft sind IBMs Anwendungs-Server "Customer Information Control System" (CICS) sowie das Datenbanksystem DB2 ueber den SNI- Vertrieb erhaeltlich. Den eigenen "Universalen Transaktionsmonitor" (UTM) will SNI jedoch keineswegs abschreiben.

Die Verhandlungen zogen sich ueber mehr als ein Jahr hin, und noch immer ist nach Angaben eines IBM-Sprechers kein Vertrag unterzeichnet, wenngleich sich die Anbieter "zu 99 Prozent" einig seien: SNI wird seinen Unix-Kunden CICS und die Datenbankfamilie DB2 unter dem IBM-Logo anbieten und den Kundensupport dieser Produkte fuer die eigenen Server-Systeme der RM-Reihe gewaehrleisten. Die Muenchner wollen sich so Marktanteile im umkaempften Server-Segment sichern, wo neben IBM auch Hewlett- Packard (HP) und Digital Equipment das blaue OLTP-System anbieten.

Anbieter, die CICS unterstuetzen, haben dort bessere Chancen, wo IBM-Mainframes eingesetzt werden. Viele der blauen Grosskunden, die in Koexistenz zu ihrer Mainframe-Welt Unix- beziehungsweise Windows-NT-Systeme betreiben oder eine Downsizing-Strategie verfolgen, moechten an ihrer gewohnten Datenbank- und OLTP-Umgebung festhalten. "Wir handeln auf extrem hohen Kundendruck", gibt SNI- Manager Holger Conradi, Leiter der Abteilung OLTP-Systeme in der SNI-Geschaeftseinheit Midrange-Systeme, unumwunden zu.

An der "CICS-Kultur" komme man als Anbieter nicht vorbei. So sei SNI von einigen Grossanwendern aus dem Banken- und Versicherungswesen heftig gedraengt worden, CICS zu unterstuetzen.

Das SNI-eigene OLTP-System UTM spielt laut Conradi nur in Europa eine wichtige Rolle. Wer jenseits der Alten Welt Geschaefte machen wolle, muesse ein weltweit anerkanntes System wie das auch unter Windows NT verfuegbare CICS unterstuetzen koennen.

Eine aggressive Marketing-Kampagne fuer das IBM-Produkt hat SNI dennoch nicht geplant. Man wolle das Konkurrenzprodukt nicht unmittelbar gegen das eigene UTM positionieren, sondern lediglich reagieren koennen, falls CICS bei Ausschreibungen ein K.o.- Kriterium sein sollte. Wie das IBM-System laeuft auch UTM auf diversen anderen Plattformen, darunter die Unix-Derivate von IBM und Hewlett-Packard. Dennoch denkt Big Blue nicht daran, seinen Kunden im Gegenzug das SNI-System UTM anzubieten.

Gemeinsam portieren die Vertragspartner derzeit das OLTP-System von Big Blue auf die SNI-Server-Systeme. Ausserdem planen die Muenchner, nach Vertragsabschluss ein Competence Center zu gruenden, wo der Pre-sales-Support von den IBM-Produkten CICS und DB2 sowie laut Conradi "moeglicherweise auch noch anderen Produkten" gewaehrleistet werden soll.

"Wir haben ueber den strategischen Aspekt sehr lange diskutiert", beschreibt Conradi die urspruenglichen Vorbehalte bei SNI. Schliesslich habe das Argument, neue Marktanteile im Server- Geschaeft gewinnen zu koennen, gegenueber der Skepsis obsiegt, strategische Produkte des schaerfsten Konkurrenten ins eigene Angebotsspektrum aufzunehmen.