Chinesen mögen keine Voice-Mails

01.12.2005
Wer seinen chinesischen Geschäftspartner nicht auf dem Handy erreicht, schickt ihm besser eine Textnachricht.

"Sie haben keine neuen Nachrichten." Diese Ansage auf dem Anrufbeantworter ist in der chinesischen Geschäftswelt gang und gäbe. Einem Bericht des Börsenblattes "Wall Street Journal" zufolge mögen Manager aus dem Reich der Mitte weder selbst eine Nachricht hinterlassen noch erwarten sie, dass jemand auf ihre Voice-Box spricht. Lieber lassen sie ihr Handy Tag und Nacht angeschaltet - auch während geschäftlicher Besprechungen. Haben sie mal kein Netz oder ist die Leitung besetzt, so muss der Anrufer es wieder und wieder versuchen.

Die tiefe Abneigung der Chinesen gegen den Anrufbeantworter an sich hat sowohl technische wie kulturelle Gründe, so der Bericht weiter. Zum einen seien in China die Funknetze weit schneller gewachsen als die zugehörige Infrastruktur. Zum anderen lasse es sich in den Augen Vieler wohl kaum mit der Würde eines hochrangigen Geschäftsmannes verbinden, Botschaften auf der Voice-Box eines Untergebenen zu hinterlassen. Zudem müssten Menschen, die Jahrzehnte lang für ineffektive Staatsbetriebe gearbeitet hätten, erst einmal die Idee verinnerlichen, dass sie oder jemand anderer zum Beantworten eines Anrufs gezwungen sein könnte.

Für Anbieter, die Messaging-Systeme nach China verkaufen wollen, ist diese Situation eine Herausforderung. Viele von ihnen setzen deshalb verstärkt auf Internet-basierende Techniken, die Voice-Mails in Textnachrichten umwandeln können. (qua)