Chief Compliance Officer sorgt bei BASF für Rechtssicherheit

Chief Compliance Officer sorgt bei BASF für Rechtssicherheit

30.05.2007
Alle Experten wissen: Die Einhaltung der vielen Gesetze, Regeln, Bestimmungen und Auflagen, die Unternehmen beachten müssen, bedarf zum einen einer umfassenden, unternehmensweiten Compliance-Strategie. Zum anderen muss es aber auch jemanden geben, der sich für das Thema verantwortlich fühlt. Bei BASF ist es der Chief Compliance Officer (CCO).

Eine relativ neue Einrichtung zwischen den ganzen CEOs, CFOs und CIOs in großen Unternehmen ist der „CCO“. Bereits 2003 hat der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF die Stelle eines „Chief Compliance Officer“ geschaffen. Damit habe BASF „ihren konsequenten Weg auf dem Gebiet der Compliance fortgesetzt“, sagt Unternehmenssprecherin Karen Hesse. Denn schon früh hat sich BASF um die Einführung von einheitlichen Regeln für das unternehmerische Handeln gekümmert. Um die unterschiedlichen Standards von Wirtschafts- und Unternehmenskulturen in den Griff zu bekommen, baut der Konzern neben gruppenweit gültigen Grundwerten und Leitlinien auf regional spezifische Verhaltensregeln.

Der derzeitige Chief Compliance Officer bei BASF heißt Eckart Sünner und ist von Hause aus Jurist. Schon seit 1972 arbeitet der Marburger in der Rechtabteilung des Konzerns, 1992 avancierte er vom Stellvertreter zum Leiter des Zentralbereichs Recht, Steuern und Versicherung. Seit 2006 ist er zusätzlich als oberster Regelwächter verantwortlich für die Umsetzung und die Weiterentwicklung des weltweiten Compliance-Programms. Sünner steuert den Aufbau von Compliance-Beauftragten in der Gruppe und die Entwicklung eines Compliance Audit-Systems; zusammen mit der Konzernrevision führt er auch Audits durch.

„Der Chief Compliance Officer koordiniert das Netzwerk der regionalen Compliance-Beauftragten und berichtet direkt an den Vorstand“, heißt es bei BASF. Das soll bedeuten, und das ist natürlich wichtig für seine Arbeit, das er über ein hohes Maß an Autonomie gegenüber den vorhandenen Unternehmenshierarchien und -strukturen verfügt.

Chief Compliance Officers müssen sowohl ein großes Wissen von Recht und Gesetz, als auch von den unternehmerischen Abläufen und wenn möglich den IT-technischen Möglichkeiten mitbringen, um die Einhaltung der Regularien wie die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen, das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich oder Basel II effektiv kontrollieren zu können. BASF-CCO Sünner beschäftigt sich mit der IT-Umsetzung jedoch nicht selbst. „Die IT-technische Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben fällt in die Hauptverantwortung unserer IT-Fachbereiche“, sagt er.

Immer mehr amerikanische und international tätige Firmen setzten CCOs ein. Nach den spektakulären Wirtschaftsskandalen in den USA um Worldcom und Enron wollen sich die Firmen absichern und alle Aufgaben im Zusammenhang mit der Einhaltung von Gesetzen, Bestimmungen und Verhaltensregeln an einer zentralen Stelle konzentrieren. Viele haben erkannt, was auch BASF sagt: Nämlich, dass die Globalisierung und das Zusammenwachsen der Kapitalmärkte von international tätigen Unternehmen verlangen, sich mit weltweit unterschiedlichen rechtlichen Standards auseinander zu setzen.

Denn die Firmen wissen, dass das, was früher vielleicht einmal als vermeintlich geringe Rechtsverstöße von Mitarbeitern betrachtet wurde, heute – bei den strengen Regelungen der amerikanischen, europäischen und nationalen Aufsichtsbehörden – jedem sich darin verfangenen Unternehmen schnell einen erheblichen Vermögens- oder Imageschaden zufügen könnte. Insofern ist die Institution einer zentralen Compliance-Stelle eine lohnende Investition, die sich schnell auszahlen kann. „Wir sind der Überzeugung, dass Gesetzesverstöße in vielen Fällen durch vorbeugende Beratung und Schulung vermieden werden können“, erklärt Sünner.

Auch für andere Konzerne wird das Thema Compliance mittlerweile zu einer so wichtigen Aufgabe, dass eine neue Position, die die Einhaltung der Regeln koordiniert, geschaffen wird. Aktuelles und prominentes Beispiel ist der Siemens-Konzern, der derzeit von einem Schmiergeldskandal regelrecht durchgeschüttelt wird. Eine Konsequenz unter anderen: Seit Beginn dieses Jahres arbeitet Daniel Noa als Chief Compliance Officer bei Siemens. Seine Abteilung, das Compliance Office, wurde, wie bei BASF, in die Rechtsabteilung eingebettet. Denn Compliance-Fragestellungen sind eng mit juristischen Fragestellungen verknüpft.

Durch die Einführung eines CCOs kann ein Unternehmen für die Zukunft nicht nur Imageschäden abwenden, es kann damit auch in der Öffentlichkeit punkten. „Uns ist wichtig, Mitarbeitern und Führungskräften, aber auch unseren Geschäftspartnern zu zeigen, dass das Thema Compliance bei uns einen sehr hohen Stellenwert hat“, heißt es bei BASF. Mit den bisherigen Erfahrungen ist der Chemiekonzern sehr zufrieden: „Unsere Compliance-Arbeit war und ist erfolgreich. Alle unsere Mitarbeiter werden zum Beispiel in speziellen Seminaren geschult und lernen so das Compliance-Programm kennen.“

Viele Unternehmen gehen dabei auch dazu über, ihre Mitarbeiter aktiv zur Mithilfe gegen bislang unerkannte korrupte oder betrügerische Machenschaften aufzufordern - auch gerne anonym. Die so genannten „Whistleblower“ oder, wie sie von den Firmen lieber genannt werden: „Mitarbeiter, die verantwortungsbewusst nach unternehmensweit geltenden Verhaltensrichtlinien handeln“, sollen die Geschäftsleitung bei Rechtsverstößen oder bedenklichen Aktivitäten alarmieren. Bei BASF können sich alle, denen im Konzern Unregelmäßigkeiten auffallen, an eine Compliance-Hotline wenden. „Ihre Einrichtung hat dazu beigetragen, dass rechtliche Zweifel ausgeräumt werden konnten und dabei geholfen, fragwürdige Vorgänge im Arbeitsumfeld aufzuklären.“

Sollten nicht noch viel mehr Unternehmen in Deutschland die Position eines CCO einsetzen? Sünner gibt sich diplomatisch: „Diese Entscheidung muss jedes Unternehmen letztlich für sich selbst treffen“, findet er. „Wir halten eine solche Position für unser Unternehmen allerdings für sehr wichtig.“ An das neue „C“ im Top-Managemen der Unternehmen werden sich wohl viele Führungskräfte noch gewöhnen müssen.