Chemie

Chemie-, Pharma- und Food-Unternehmen suchen Mehrfachqualifizierte

18.06.2002
Von Helga Ballauf

Nach Ansicht des Unternehmensberaters verfügen Wirtschaftsinformatiker, die sich mit Produktionslogistik und Industriebetriebslehre beschäftigt haben, über ein solches Profil. Bei der Boehringer Ingelheim Pharma KG hängt es vom Einsatzgebiet ab, wie viel ein Informatiker von Pharmaproduktion und Betriebwirtschaft verstehen muss, berichtet Personaler Wolfgang Heymann: "Wer in der Automatisierung arbeitet, kommt ohne Branchenwissen nicht aus. Da müssen alle - von der Forschung bis zur Fertigung - die gleiche Sprache sprechen." Für Forschungs- und Entwicklungsaufgaben stellt Boehringer häufiger Naturwissenschaftler mit vertieften IT-Kenntnissen als reine Informatiker ein.

Am Aufbau des Sektor E-Business arbeiten bei dem Pharmakonzern auch erfahrene Betriebswirte und Diplomkaufleute mit informationstechnischer Zusatzausbildung. Heymann: "Interessante junge Kandidaten mit Doppelqualifikation und/oder Praktikumserfahrung sind immer willkommen." Berufsanfänger erhalten individuelle Betreuung und Schulung.

Die Nestlé AG gilt als Vorreiter unter den Nahrungsmittelherstellern, was den Aufbau der elektronischen Geschäftsprozesskette betrifft. So werden Rohstoffe, Dienstleistungen und Verpackungen bei Internet-Auktionen gekauft und Absatzdaten der Kunden direkt in den eigenen Produktionsprozess eingespeist. Fachübergreifendes Wissen SAP liefert die technologische Basis, dazu lässt Nestlé Spezialsoftware hausintern oder von Drittanbietern entwickeln: "Klare Vorgabe für alle ist, die Standardschnittstellen zu nutzen", sagt E-Business-Management-Leiter Markus Irmscher.

 Der Arbeitsbereich stelle fachübergreifende Anforderungen an Mitarbeiter. Sie müssen viel von Unternehmensprozessen verstehen und dazu über IT-Know-how verfügen. Und: "Lernbereitschaft, Offenheit und Teamfähigkeit sind entscheidender als ein bestimmter Studienabschluss." Das Traineeprogramm Nestlés für Aufgaben im Supply-Chain-Management richtet sich sowohl an Wirtschaftswissenschaftler als auch an Ingenieure und Lebensmitteltechniker. I

m Groben lassen sich drei Studienrichtungen unterscheiden, die für eine Beschäftigung in der Prozessindustrie qualifizieren: Es gibt den fachspezifischen Zugang, etwa über ein Studium der Lebensmitteltechnik oder Chemie, den Einstieg über die branchenneutrale Verfahrens- und Prozesstechnik oder über betriebswirtschaftlich orientierte Studiengänge wie Produktions-Management. Viele Hochschulen experimentieren mit der Integration informationstechnischer Komponenten. Selten dagegen wird der direkte Bezug zum Anwendungsbereich Prozessindustrie gesucht. Beispiele dafür bieten der Lehrstuhl für Brauereianlagen an der TU München-Weihenstephan, das Institut für Wirtschaftstheorie und Operations Research an der Universität Karlsruhe oder die geplante Verzahnung von Verfahrenstechnik und Prozessinformatik an der Fachhochschule Nürnberg.