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Chaos im Gesundheitswesen hilft der IT-Branche

25.04.2007
Das Gesundheitswesen bietet der IT-Industrie in den nächsten Jahren beste Geschäftschancen, meinen die Marktforscher von Pierre Audoin Consultants (PAC).

Um das deutsche Gesundheitswesen ist es - wirtschaftlich betrachtet - schlecht bestellt. Die finanzielle Fitness von Krankenhäusern ist meist miserabel. Rund die Hälfte der 2200 Krankenhäuser arbeitet nicht profitabel beziehungsweise schreibt Verluste. Deshalb suchen die Kliniken nach neuen Geschäftsmodellen, um langfristig überleben zu können. "Patienten werden in Zukunft entsprechend mehr aus ökonomischer Perspektive betrachtet werden", heißt es bei PAC.

Den Analysten zufolge verschärfen sich das Profitdenken und der Wettbewerbsdruck. Schon heute gibt es laut PAC gut 20 Prozent weniger Krankenkassen als noch vor vier Jahren. Die Zahl der Krankenhäuser nimmt - anders als die der Patienten - ebenso stetig ab wie die ihrer Beschäftigten. Von 2004 auf 2005 soll sich das Krankenhauspersonal um acht Prozent reduziert haben. Ein Ende dieser Tendenz sei nicht in Sicht, ganz im Gegenteil.

Wenn diese Entwicklung überhaupt eine positive Seite hat, dann wohl für die IT-Anbieter (siehe auch: "Bitkom: IT im Gesundheitswesen boomt"). Allein die Konsolidierung im Markt und die Zusammenlegung von Kliniken und Versicherungen sorgt für einen großen Bedarf an IT-Unterstützung. Die unterschiedlichen IT-Systeme müssen harmonisiert und integriert werden.

Der verstärkte Wettbewerb zwingt auch innerhalb der Häuser zu höherer Effizienz bei gleichzeitigem Personalschwund. Prozesse in Krankenhäusern und -versicherungen müssen effizienter gestaltet und miteinander verknüpft werden. "Kostensenkung ist auch hier ein Schlagwort, das die Bereitschaft zur Vergabe von IT-Projekten an externe IT-Dienstleister oder gar zu Outsourcing mittlerweile beträchtlich steigert", meint Martin Barnreiter von PAC.

Bei Krankenversicherungen geht der Trend dahin, sich Rechenzentren zu teilen beziehungsweise Shared Services Center einzurichten. Diese können aufgrund von Synergie-Effekten IT-Dienstleistungen kostengünstiger anbieten. Zugleich arbeiten sie aber auch - gerade bei komplexeren Themen - immer mehr mit IT-Dienstleistern zusammen.

Laut Barnreiter ist die Gesundheitskarte im öffentlichen Sektor derzeit das "Projekt schlechthin". Voraussichtlich ab nächstem Jahr sollen digitale Patientenkarteien einen schnelleren Zugriff auf Daten ermöglichen. Dafür werden neue Scanner-Software sowie Dokumenten- und Content-Management-Systeme benötigt. Für den Umgang mit der Gesundheitskarte werden zudem Unterschriften und Rezepterstellung digitalisiert sowie entsprechende Lesegeräte angeschafft.

Und schließlich geht PAC davon aus, dass sich auch die allgemein aktuellen IT-Trends verstärkt im Gesundheitswesen niederschlagen. Service-orientierte Architekturen (SOA) dürften eine immer bedeutendere Rolle spielen. Auch müssen Patientendaten ortsunabhängig für mobile Lösungen und Geräte zur Verfügung stehen, da so die Betreuung der Patienten in Krankenhäusern und zu Hause durch den Hausarzt verbessert werden kann. Die Krankenhaus-Ausstattungen dürften sich laut PAC mit RFID-Technologie besser verwalten lassen. Versicherungen könnten Portale einrichten, um Informationen an Kunden weiterzugeben und ihnen vor allem Online-Transaktionen zu ermöglichen.

PAC erwartet, dass Krankenhäuser und Ärzte ihre Budgets für Software und IT-Services um jährlich zehn Prozent steigern werden. Die Versicherungen sollen Jahr für Jahr rund acht Prozent mehr für ihre IT-Ausstattung ausgeben. (hv)