Nischenanbieter wie Concurrent kalkulieren, ob sich eine Beteiligung lohnt:

CeBIT wird sparsamen DV-Herstellern zu teuer

13.02.1987

MÜNCHEN - Was freier als peinlich empfunden und daher diskret verschwiegen wurde, bringt man heute lautstark unter die Presseleute: Wir gelten nicht mehr zur CeBIT-Hannover-Messe. Auch renommierte Anbieter ergreifen, um Unterstellungen zuvorzukommen, die Flucht nach vorn.

Daß diese Unternehmen ausbleiben, "weil sie es sich nicht mehr leisten können", so würde es Jörg Schomburg, CeBIT-Chef bei der Messe-AG, gerne sehen; damit wäre er den Schwarzen Peter los. Kaufmännische Tugenden wie Sparsamkeit hält Stefan Klusmeier von der Münchner Concurrent Computer GmbH dagegen. Der zur Perkin-Elmer-Gruppe gehörende Minicomputer-Hersteller macht es wie Control Data oder Prime und ist ab sofort im CeBIT nicht mehr dabei.

Für die Unternehmen der DV-Industrie ist es eine Binsenweisheit. Große Gewinnmargen sind heute nicht mehr drin. So ist man, auch was die Werbeausgaben betrifft, bescheidener geworden. Das CeBIT frißt bei manchen Firmen alle Jahre wieder bis zu einem Drittel des gesamten Werbebudgets. "Der Aufwand ist entschieden zu hoch", meint Concurrent-Marketingleiter Klusmeier. Imagepflege im CeBIT sei sehr teuer, ein vernünftiges Kosten/Nutzen-Verhältnis für ihn nicht mehr gegeben.

Der Besucherkreis der Nicht-DV-Fachleute, der Entscheider aus der Industrie, der Geschäftsführer und Leiter von Fachabteilungen, fehlte laut Klusmeier im vergangenen Jahr, weil die für diese Gruppe wichtigeren Investitionsgüter auf der Hannover-Messe Industrie gezeigt würden. Behauptet der Mini-Marketier: Computerfachleute haben zwar das Know-how. Sie entscheiden letztendlich aber nicht, unter welchen Kaufvertrag die Unterschrift gesetzt wird." Die Verantwortlichen, so Klusmeier, besuchten nun auf der Messe gezielt bestimmte Aussteller, um bereits vorbereitete Entscheidungen abzusegnen. Was Klusmeier kritisiert, monierten schon viele DV-Profis nach der Messeteilung. Die Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch mit großen Anwendern aus der Industrie, die selbst Produkte ausstellten, wurde rar.

Die Concurrent Computer GmbH ließ sich andere Strategien einfallen: "Seminare in luxuriöser Umgebung sowie die direkte Ansprache von Kunden schaffen ein besseres Verhältnis, und der Wirkungsgrad ist höher", findet Klusmeier. Ich kann davon ausgehen, daß von fünfzig Leuten, die ein Seminar besuchen, hinterher fünf übrigbleiben, mit denen ich ernsthaft weiterreden kann. Im Vergleich dazu hatten wir im CeBIT 500 Besucher, und von denen ist letztlich kein einziger übriggeblieben, dessen Projekt wir nicht schon vorher kannten. ins CeBIT kommen alle möglichen Leute, aber keiner, der einen Computer kaufen will.

Abstinent gegenüber dem vorgeblichen Computer-"Weltcentrum" verhält sich auch die Control Data GmbH, die aber mit ihrem Fertigungskonzept auf der Industriemesse im April vertreten sein wird. Dies reicht dem nicht im Geld schwimmenden US-Konzern fürs Frühjahr, zumal schon im Herbst die Münchner Systems ansteht. Dafür hat sich das Unternehmen die traditionelle Firmenpräsentation vorgenommen. Hier soll nicht nur das CAD/CAM-Sortiment, sondern die gesamte CDC-Produktpalette gezeigt werden.