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CeBIT ´99: Interview mit Scott McNealy

19.03.1999
"Linux ist der richtige Weg, eine falsche Antwort zu geben"

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Wenig Verständnis äußerte Scott McNealy, CEO und President von Sun Microsystems, im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE für die mangelnde Akzeptanz des Thin-Client-Konzepts in Deutschland. Dem Senkrechtstarter Linux billigte er zu, dieses Betriebssystem sei der richtige Weg, sich kostenlos eine DV-Infrastruktur zusammenzustellen. Trotzdem gebe man mit Linux die falschen Antworten.

Die Frage, warum das Thin-Client-Konzept hierzulande nicht so recht Fahrt aufnehme, quittierte der Sun-Boß mit Unverständnis: "Ich weiß auch nicht, was mit euch hier los ist. Aber bloß weil ihr keine Thin Clients kauft, heißt das noch lange nicht, daß der Rest der Welt keine schlanken Rechner will." Sun habe vor zwei Jahren NCs in 1000er Stückzahlen ausgeliefert. 1998 seien es bereits Zehntausende gewesen. Für dieses Jahr erwarte sein Unternehmen Hunderttausender-Mengen. Und kommendes Jahr sei mit millionenfachem Verkauf zu rechnen.

McNealy verwies auf die US-amerikanische Fast-food-Kette Taco Bells, die mehrere tausend Javastations von Sun Microsystems als Endgeräte installiert habe: "Warum, glauben Sie, benutzen die solche Geräte? Weil dort keine Astrophysiker arbeiten, sondern Leute, die mit der Bedienung ihrer Computer keinen Streß haben wollen."

McNealy sagte allerdings, daß bei der Einführung des Thin-Client-Konzepts in Deutschland Fehler gemacht worden seien. Gert Haas, Marketing-Direktor Europa, konzedierte, daß Sun vor zwei Jahren zunächst nicht in der Lage war, Javastations in genügender Stückzahl zu liefern. Hinderlich sei außerdem gewesen, daß es sich bei den ersten Modellen nicht um Varianten in der letztendlich geplanten Ausprägung gehandelt habe. Insofern seien Suns Thin Clients der ersten Generation von den Vertriebsleuten nur mit sehr gebremster Euphorie vermarktet worden. Auch mangelnde Verfügbarkeit von Software für Network Computer habe zu dem schwachen Start beigetragen.

McNealy sparte auch Linux nicht von Seitenhieben aus. Der Medienliebling der vergangenen Monate "ist der richtige Weg, um eine falsche Antwort zu geben". Es sei eine Fat-Client- und Thin-Server-Architektur, zudem nicht skalierbar. Wegweisend sei allerdings, daß es mit und unter Linux möglich sei, sich mit dem Betriebssystem-Kernel, einer Benutzeroberfläche und einer Windows-Umgebung, den aktuellen Versionen des Browsers "Netscape Communicator" und der Java-Virtual-Machine sowie dem Office-Paket "Star Office" völlig legal und kostenlos alle Software aus dem Internet herunterzuladen, die man heute am Computer zum Arbeiten brauche. "Warum", fragte McNealy, "sollte jemand heute noch eine einzige Mark ausgeben, um sich in das Microsoft-Desktop-Modell einzukaufen?"