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CeBIT: T-Mobile setzt auf Billigtarife

10.03.2005

HANNOVER (COMPUTERWOCHE) - René Obermann, Chef von T-Mobile International, konnte sich auf der CeBIT einen Seitenhieb auf den Konkurrenten Vodafone nicht verkneifen: "Es wird kein T-Mobile-Zuhause geben", sagte Obermann in Anspielung auf das heute vom Wettbewerber vorgestellte Angebot "Vodafone Zuhause", mit dem die Düsseldorfer dem Festnetz weitere Minutenkontingente abjagen wollen. Der T-Mobile-Vorstand betonte dabei, dass es sich bei seiner Aussage keineswegs um Konzernraison, sprich Rücksichtnahme gegenüber der Festnetzschwester T-Com, handle.

Doch nicht nur bei diesem Angebot unterscheiden sich die Bonner von Vodafone. T-Mobile stellt in Hannover keineswegs UMTS in den Mittelpunkt, sondern neue Tarife für seine gesamte Infrastruktur. "Das Teuerimage des Mobilfunks muss weg", rief Obermann eine neue Zeitrechnung in der Branche aus. Im Zentrum dieses Ansatzes steht für die Bonner vor allem der bereits seit Sommer 2004 eingeschlagene Weg, Endgeräte nicht mehr in dem Umfang zu subventionieren wie bisher. Mit anderen Worten: T-Mobile will die Einsparungen bei den Zuschüssen in Form von günstigeren Tarifen an die Endkunden weitergeben.

"Es geht nicht mehr um das reine Zählen von SIM-Karten, sondern um eine werthaltige, auf die jeweiligen Zielgruppen zugeschnittene Wachstumsstrategie", präzisierte Philipp Humm, Sprecher der Geschäftsführung von T-Mobile Deutschland, die Strategie des Unternehmens. Ziel sei es, konsequent auf das Wachstum bei ertragsreichen Geschäftskunden zu setzen. Deshalb, so Humm, sei man aus der unvernünftigen Subventionspraxis im Prepaid-Bereich ausgestiegen. Diese Entscheidung hatte laut T-Mobile zur Folge, dass man im Heimatmarkt Kundenanteile abgeben musste. "Ich wundere mich schon darüber, dass es immer noch Stimmen gibt, die den Rückgang unserer Kundenzahlen als Schwäche deuten. Aber die bloße Kundenzahl ist eben nicht die entscheidende Messgröße", verteidigte Humm die Strategie von T-Mobile. Außerdem, so der Manager, sei die Senkung der Subventionen keineswegs mit einer Verteuerung der Mobiltelefone gleichzusetzen. Weil das Unternehmen seine europäischen Einkaufsaktivitäten bündle, könne es sehr viel attraktivere Konditionen erzielen.

Von diesen Einsparungen sollen laut T-Mobile auch die Verbraucher profitieren. So haben die Bonner in Hannover zum Beispiel den Tarif "Local" angekündigt und wollen Deutschland damit eigenen Worten zufolge zur größten Homezone machen. Teilnehmer erhalten dabei für einen monatlichen Paketpreis von zehn Euro 1000 Inklusivminuten für zwei bevorzugte Ortsnetzvorwahlbereiche im Festnetz, die von Handy aus angerufen werden können. Obermann sieht in diesem Dienst ein interessanteres Angebot als das Produkt "Vodafone Zuhause", weil in 70 Prozent der Fälle familiäre oder partnerschaftliche Bezugspunkte in einem oder zwei Ortsnetzen sind.

Neu ist auch der Dienst "Relax eco", mit dem T-Mobile Kunden anspricht, die ein ungenutztes Handy in der Schublade liegen haben. Bei eco verzichtet der Käufer auf ein neues Gerät und bekommt stattdessen 50 Prozent Rabatt auf den Grundpreis. So kostet das Relax-50-Minutenpaket statt 15 Euro nur 7,50 Euro. Für Einsteiger ist hingegen der Tarif "Relax Start" konzipiert, der 7,50 Euro Monatsgebühr kostet und 20 Inklusivminuten enthält, die abends oder am Wochenende abtelefoniert werden können.

Ein neues Serviceangebot für Geschäfts- und Firmenkunden stellt die Option "Intern" dar. Dabei lassen sich firmeninterne Gespräche bereit ab einem Cent pro Minute führen. Außerdem führt T-Mobile für WLANs neue zeitbasierende Tarife ein.

Auch wenn Obermann und Humm auf der CeBIT das Wort UMTS kaum in den Mund nahmen, ist die dritte Mobilfunkgeneration für sie äußerst wichtig. "Wir wollen keine Abkürzungen, sondern Anwendungen verkaufen", begründete Obermann den sparsamen Umgang mit dem Kürzel UMTS, brachte aber das Ziel der T-Mobile auf den Punkt, mehr Datenvolumen auf dem Netz zu erzeugen.

Unter dem Motto "Office und Internet in your Pocket" will das Unternehmen die Nutzung von mobilen Applikationen befördern. Die Anzeichen dafür stehen laut Obermann gut, weil das Interesse der Kunden steige. Vergangenes Jahr wurden in Europa 210 000 Multimedia-Geräte sowie 400 000 Blackberry-Einheiten in den USA verkauft. Heuer rechnet der T-Mobile-Boss mit mindestens 500 000 bis 600 000 Geräten allein in Europa. Ebenso ist die WLAN-Nutzung von knapp 18 000 Sessions im ersten Quartal 2004 auf 250 000 im vierten Quartal 2005 gestiegen.

Neben dem UMTS-Telefon "6680" von Nokia präsentierte T-Mobile auf der CeBIT den "MDA IV", der ebenso UMTS unterstützt und außerdem den vollen Blackberry-E-Mail-Push-Client enthält. Von diesen Produkten erwartet sich der Anbieter eine weitere Zunahme des Internet- und Datenverkehrs.

Große Hoffnungen ruhen bei den Bonnern auch auf dem kommenden Standard High Speed Downlink Packet Access (HSDPA), der den Datentransfer in UMZS-Netzen von derzeit maximal 380 Kbit/s auf maximal 2 Mbit/s beschleunigen soll. Die Technik werde derzeit erfolgreich getestet, teilte Obermann mit. Allerdings warnte er auch davor, an den mobilen Internet-Access dieselben Erwartungen zu stellen wie an den Breitbandzugang DSL. "Kein Mobilfunkunternehmen wird in absehbarer Zeit einen echten Ersatz für einen festnetzbasierenden DSL-Anschluss anbieten können, auch wenn man auf der Messe vollmundige Ankündigungen dazu hört. Den Vorsprung in Sachen Bandbreite, Kapazität und Kosten wird der Mobilfunk gegenüber dem Festnetz nicht aufholen können", sagte der T-Mobile-Vorstand.

Obwohl T-Mobile wie auch die Konkurrenten das Datengeschäft forcieren will, steckt nach Ansicht von Obermann im Sprach-Business noch ein großes Potenzial. In den USA würden die Kunden pro Monat 700 Minuten telefonieren, in Italien 120 Minuten und in Deutschland nur 80 Minuten. Hier birgt der Markt dem T-Mobile-Management zufolge noch Spielraum für zusätzliche Umsätze.

Angesprochen auf das Roaming-Angebot von Vodafone, das UMTS-Telefonate im Ausland zu Inlandspreisen plus einer einmaligen Gebühr von 75 Cent pro Gespräch ermöglicht, sagte Obermann: "T-Mobile hat die Preise für Roaming in Urlaubsländern schon vor einem halben Jahr gesenkt. Wir begrüßen, dass Vodafone beim Roaming jetzt auch Akzente setzen will."

Gerüchten um die Gründung einer Billigmarke im Konzern gab der T-Mobile-Vorstand keine neue Nahrung. "Innerhalb von T-Mobile gibt es keine Bestrebung, separat eine Billigmarke zu betreiben", ließ er die Journalisten wissen. Man wolle diese Tendenzen am Markt eher mit maßgeschneiderten Tarifen abdecken. "Wir können uns aber vorstellen, mit Diensteanbietern zusammenzuarbeiten, die bei uns Netzkapazitäten einkaufen", fügt Obermann hinzu. In Großbritannien geschehe dies bereits mit dem Mobile Virtual Network Operator Easy Vergin und in Deutschland mit Debitel, das aber kein Billiganbieter sei. (pg)