CeBIT-Schwank: Dinner for Goehrmann Kolumne Dieter Eckbauer

04.03.1994

Bisher scheiterte alles Jammern und Zetern ueber den Moloch Hannover-Messe CeBIT am Lemminge-Effekt und den Gesetzen der Mengenlehre. Der Veranstalter konnte Absagen einzelner Aussteller leicht verschmerzen - Newcomer ergaenzten die Warteliste. Das war zuletzt nicht anders. Die CeBIT '94 ist ausgebucht, die Vermieter sowie die Stadtvaeter von Hannover kommen auf ihre Kosten. Zwar wurde im Vorfeld Kritik der IT-Branchenverbaende am CeBIT-Konzept laut, aber das braucht die Verantwortlichen der Deutschen Messe AG, Klaus Goehrmann und Hubert Lange, nicht zu stoeren - entschieden ist in den Messegremien der Aussteller noch gar nichts. Die cleveren Hannoveraner Messechefs wissen das auch. Mit Andeutungen kann man sie nicht schrecken.

Doch wissen sie wirklich alles? Als CeBIT-Eigner muessten sie sich diese Frage nicht gefallen lassen. Doch es ist ein Merkmal dieser Messe, dass die Hausherren in Hannover nur Ausrichter sind - das Produkt CeBIT wird durch die Aussteller definiert. Deren Vertreter reden mit vielen Zungen, die Hannoveraner koennen sich die Ohren aussuchen, auf denen sie sich taub stellen - der Kreis schliesst sich.

Also wird man reihum von ruehrigen Unternehmenssprechern wieder hoeren, dass die Messe von Mittwoch bis Mittwoch ein Schlauch sei, vom Aufwand her eigentlich nicht zu rechtfertigen - und doch ein Muss fuer jeden IT-Anbieter. Die Messe AG wird Besucherstatistiken praesentieren, mit von ihr selbst erhobenen Zahlen, die alles belegen und nichts beweisen. In dieser Aussage liegt keine Kritik, die die CeBIT-Veranstalter traefe - die Aussteller machen bei dem Feilschen um vermeintliche Fakten mit.

Das vorgezogene Resuemee faellt nicht schwer: Als Branchenbarometer will die CeBIT nicht mehr gelten, eine Ordermesse war sie nie, den Informationscharakter kann man ihr nicht absprechen. Wie koennte sie da scheitern? Es gibt keine Streitfrage, wer die Entwicklung zur Mammutmesse gewollt hat. Es wird auch keinen Ausstelleraufstand geben.

Ein Dauerbrenner wie der TV-Silvesterschwank "Dinner for one" - darin liegt die Gefahr: Man merkt irgendwann nicht einmal mehr, dass das Stueck abgesetzt ist. Eine endlose Geschichte ("Same procedure as every year") ist bei der CeBIT nicht vorstellbar. Mit Prognosen ueber den Zeitpunkt einer einschneidenden Konzeptaenderung, was den Turnus, die Dauer und das Ausstellungsprogramm betrifft, sollte man vorsichtig sein. Sicher ist nur, dass sie kommt.

Bestimmte Aussteller plaedieren fuer eine Freizeit- und Massenmesse CeBIT mit dem Argument, dass sich die Grenzen zwischen reinem Fachpublikum und allgemeinem Publikum immer mehr verwischen, der Computer laengst zu einem Consumer-Produkt geworden ist. Treffender kann nicht ausgedrueckt werden, woran das heutige CeBIT-Konzept krankt. Consumer-Messen wie gehabt gibt es genug. Eine IT- Weltmesse muss anderen Anspruechen genuegen. Die Industrie definiert die CeBIT - vielleicht ueberraschen die Anbieter ja einmal angenehm. Ein weiteres Zaudern koennen sie sich nicht leisten.